- Ukrainischer EU-Beitritt
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Die Ukraine ist ein Nachbarland der Europäischen Union (EU) und gehört zu deren möglichen Beitrittskandidaten. Bereits 2004 hat der ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko bekundet, dass sein Land eine baldige EU-Mitgliedschaft anstrebt. Am 9. September 2008 haben die Ukraine und die EU in Paris die Vereinbarung für ein Assoziierungsabkommen getroffen.[1] Im Gegensatz zum Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) gilt das Abkommen allerdings nicht zwingend als erster Schritt zu einem EU-Beitritt.
Die offizielle Position von Seiten der Europäischen Kommission lautet: „Die EU strebt eine zunehmend enge Partnerschaft mit der Ukraine an, die die allmähliche wirtschaftliche Integration und eine Vertiefung der politischen Zusammenarbeit zum Ziel hat.“[2]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vorgeschichte
Bei der Überwindung der Unruhen, die sich nach massiven Wahlfälschungen bei den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine 2004 erhoben, spielte die EU eine wichtige Vermittlerrolle. Der Westen der Ukraine tendiert schon lange zur Europäischen Union und hat intensive Kontakte zum Nachbarland Polen, während der bis dahin politisch vorherrschende Osten des Staates die bisherige Verbindung zu Russland beibehalten oder stärken möchte.
Ein Grund dafür liegt darin, dass ein Großteil der westlichen Ukraine (die Region um Lemberg) zu Polen, ab dem 19. Jahrhundert zu Österreich-Ungarn und nach dem polnisch-sowjetischen Krieg erneut zu Polen gehörte. Er fiel im September 1939 in Folge des Hitler-Stalin-Pakts an die Sowjetunion und ist seit dem 24. August 1991 Teil der Ukraine. Der Westen der Ukraine hatte daher Präsident Juschtschenko unterstützt, der sich mehr hin zur EU öffnen wollte.
„Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit“ (1994)
Die EU vereinbarte 1994 mit der Ukraine ein „Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit“, dies soll die Ukraine näher an die EU heranführen. Die grünen Europaabgeordneten Angelika Beer und Milan Horáček unterstützen den von der Ukraine angestrebten EU-Beitritt. Europa habe die Menschen in der Ukraine „immer ermuntert, sich Richtung Westen zu orientieren und demokratische Standards zu entwerfen“, sagte Beer der Netzeitung im März 2005.[3] Ivan Kuleba, der ukrainische Botschafter in Tschechien, ist zuversichtlich, dass die Ukraine weitere Reformen umsetzen wird, die für einen langfristigen EU-Beitritt nötig sind.
Aktionsplan (2005)
Anfang 2005 haben die Ukraine und die EU einen Aktionsplan unterschrieben, der bis 2008 Gültigkeit besitzt. Dieser Aktionsplan beinhaltet die Konvergenz des ukrainischen Rechtssystems mit dem EU-Recht, die Einhaltung der Menschenrechte, die Schaffung einer Marktwirtschaft und eine stabile politische Entwicklung. Er sieht zusätzlich den Beginn eines Dialogs über die Schaffung einer Freihandelszone zwischen der EU und der Ukraine vor, allerdings ist die Voraussetzung dafür die Aufnahme der Ukraine in die WTO.[4] Der Beitritt der Ukraine zur WTO wurde mittlerweile am 5. Februar 2008 beschlossen und vom ukrainischen Parlament am 10. April 2008 ratifiziert.
Aktuelle Situation
Im März 2007 haben die Ukraine und die EU Gespräche über ein neues „erweitertes Abkommen“ begonnen, das eine Freihandelszone und eine erhöhte Zusammenarbeit im Energiebereich beinhalten würde. Dennoch bleibt die EU zurückhaltend bezüglich einer EU-Mitgliedschaftsperspektive für die Ukraine. Die für auswärtige Angelegenheiten und Nachbarschaftspolitik zuständige Kommissarin Benita Ferrero-Waldner betonte, dass dies ein sehr umfassendes Abkommen sein werde, das auf dem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) basieren, jedoch weitere Bereiche betreffen werde.[5] Am 28. Februar 2008 sagte Präsident Juschtschenko, dass er in baldiger Zeit mit dem Status eines assoziierten Mitglieds der Europäischen Union für die Ukraine rechnet.[6]
Vor dem Hintergrund der Kaukasus-Krise beschlossen die Ukraine und die EU am 9. September 2008 in Paris das Assoziierungsabkommen, das bis Ende 2009 unterzeichnet sein soll.[7]
Mögliche Vorteile eines ukrainischen Beitritts für die EU
- Die EU gewinnt an Größe und somit Einfluss, gerade in östlicher Richtung.
- Eine durch einen EU-Beitritt stabilisierte Ukraine liegt im Interesse der EU.
- Die Ukraine stellt einen großen Markt mit (noch) geringer Kaufkraft aber großem Nachholbedarf dar.
- Mit ihren engen Verbindungen zu Russland könnte eine durch die EU westlich-demokratisch geprägte Ukraine positiv auf Russland einwirken.
- Die Energieversorgung Europas würde an Stabilität gewinnen. Mit rund 80% ist die Ukraine der mit Abstand wichtigste Transitstaat für Erdöl und Erdgas aus Russland und den zentralasiatischen Ländern.
- Die Ukraine ist im Vergleich zu den meisten EU-Ländern ein relativ rohstoffreiches Land und die EU könnte so ihre Abhängigkeit von Rohstoffimporten verringern. (Die Ukraine verfügt unter anderem über eine der größten Eisenreserven der Welt.)[8]
Mögliche Nachteile eines ukrainischen Beitritts
- Die Spannungen innerhalb der Ukraine könnten sich verstärken, da sich der Osten des Landes, der sich eine engere Beziehung zu Russland wünscht, durch einen Beitritt zur EU isoliert sähe.
- Der Nationalismus in einem sich immer mehr an den Rand gedrängt fühlenden Russland könnte weiteren Auftrieb erhalten.
- Der Beitritt wäre mit enormen Kosten für die EU verbunden.
Literatur
- Kalman Dezseri (Hrsg.): Economic and political relations after the EU enlargement. the Visegrad countries and Russia, Ukraine, Belarus and Moldov. Budapest 2004
- Anatolij Ponomarenko: Die europäische Orientierung der Ukraine. Dekret des Präsidenten der Ukraine über die Strategie der Integration der Ukraine in die Europäische Union; Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und der Ukraine. Zentrum für Europäische Integrationsforschung. Bonn 1999. ISBN 3-933307-39-2
- Taras Kuzio, Hryhoriy Perepylytsya und Walter Zaryckyj: Ukraine’s Integration Into Europe: Strategic and Tactical Directions. (Center for US Ukrainian Relations, Dezember 2007)
Siehe auch
Weblinks
- Juschtschenko: Ukraine strebt Einleitung von EU-Beitrittsverhandlungen im Jahr 2007 an (euractiv.com, 24. Februar 2005)
- Ralf Wachsmuth: Außenpolitischer Kurswechsel in der Ukraine? (18. August 2004)
- The EU’s relations with Ukraine (europa.eu; engl.)
- The EU’s Relations with Ukraine – Present State and Future Prospects
- Integration without Europeanisation: Ukraine and its policy towards the European Union
- Ukraine and the EU after the Orange Revolution
- Will the Orange Revolution bear fruit: EU relations in 2005 and the beginning of 2006
- Yalta European Strategy. Eine Webseite, die für den EU-Beitritt der Ukraine wirbt
Einzelnachweise
- ↑ Tagesschau: EU und Ukraine nähern sich an 9.September 2008
- ↑ http://ec.europa.eu/external_relations/ukraine/index_en.htm
- ↑ N24: [1]
- ↑ Cafebabel.com: „Die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Ukraine könnten 2010 beginnen“ 17.10.2005
- ↑ EurAktiv: EU und Ukraine beginnen Kooperationsgespräche 6. März 2007
- ↑ RIA-Novosti: Ukraine rechnet mit Status eines assoziierten EU-Mitglieds 28. Februar 2008
- ↑ Tagesschau: EU und Ukraine nähern sich an 9.September 2008
- ↑ U.S. Geological Survey: Reserven und Förderung von Eisenerz 21.04.2005
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