Umbau-Wagen

Umbau-Wagen

Als Umbau-Wagen wurde bei der Deutschen Bundesbahn eine Reisezug-Wagenserie bezeichnet, die ab Mitte der 1950er Jahre durch dem Umbau von Länderbahn-Abteilwagen entstanden sind.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Wie die Deutsche Reichsbahn (DR) hatte auch die DB nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1960er Jahre hinein neben einem deutlichen Wagenmangel auch mit einer erheblichen Überalterung des Wagenparks zu kämpfen. Noch immer bildeten in den 1950er Jahren 22.345 zwei-, drei- und vierachsige Abteil- und Großraumwagen früherer preußischer und bayerischer Bauarten aus der Zeit vor und nach dem ersten Weltkrieg das Gros des Wagenparks für Personen- und Eilzüge. Die wenigen für den Eilzugverkehr beschafften Städtewagen vom Anfang der 1950er Jahre reichten bei weitem nicht aus, die wenig zeitgemäßen Betriebsmittel für den Personenverkehr zu erneuern und zu verjüngen, zumal auch der Unterhalt einen erhöhten Aufwand bedeutet hatte. Das Aufkommen an Stahl und anderen Rohstoffen der noch jungen Bundesrepublik ließ eine umfassende Erneuerung zur damaligen Zeit noch nicht zu. Wie die DR in den 1960er Jahren ging auch die DB notgedrungen bereits ab 1953 dazu über, die Vorkriegswagen einer Modernisierung zu unterziehen – schlicht und einfach Umbau genannt.

Dreiachswagen, Bauart 3yg(e)

Die Bundesbahn-Hauptverwaltung beauftragte im Sommer 1953 das BZA in Minden gemeinsam mit Waggonbaufirmen einen Entwurf zum Umbau der Vorkriegswagen vorzulegen, von denen nur die Räder und das Untergestell übernommen werden sollte. Der Wagenkastenaufbau hingegen sollte durch einen Neubau ersetzt werden.

Einen ersten Probewagen baute das Ausbesserungswerk (AW) Ludwigshafen im Jahr 1953 aus einem alten Länderbahnwagen um. Im Januar 1954 begann dort die Serienfertigung, der sich die AWe in Hannover, Karlsruhe und Limburg an der Lahn anschlossen. Von den mit einem hölzernen Wagenkastenaufbau versehenen Abteilwagen wurden nur die Bodengruppe (die auf ein einheitliches Maß von 13 Metern Länge gebracht wurde), das Fahrwerk und die Bremsanlage übernommen. Zweiachsfahrgestelle erhielten eine mittlere dritte Achse, der Achstand schwankte bei den einzelnen Wagen je nach Herkunftsbauart zwischen 7.500 und 7.900 Millimetern. Die Mittelachse war seitenverschiebbar um gute Fahreigenschaften in Kurven zu erreichen. Als Spenderwagen wurden zwei- und dreiachsige Länderbahnwagen wie auch Fahrzeuge der Vorkriegs-Reichsbahn verwendet.

Auf dem alten Fahrwerk wurde schließlich ein Wellblechboden aufgeschweißt. Ansonsten wurde ein neuer stählerner Wagenkasten hergestellt, der bis an die Pufferbohle herangezogen wurde. Die Breite betrug 3,2 Meter. Die Endtüren, als Drehaußentüren ausgeführt, waren zur Wagenmittellängsachse hin eingezogen. Die Fenster wurden in einer Übersetzbauart ausgeführt, die aber nicht der UIC-Einheitsbauart entsprach. Eine Fenstersektion war für das WC reserviert.

Die Inneneinrichtung bestand bei den Wagen der dritten Klasse aus Kunststoffpolstersitzen, die der zweiten Klasse in 2+2-Anordnung waren mit Stoffpolster überzogen. Zwischen den Sitzabteilen befand sich ein kleiner Windfang. Alle Wagen besaßen Einrichtungen für Dampfheizung, die meisten auch zusätzlich für elektrische Heizung (diese erkennbar am zusätzlichen „e“ in ihrer Gattungsbezeichnung).

Insgesamt wurden drei Wagenbauarten verwirklicht. Wagen der dritten Klasse (C3yg(e)) mit sieben Fenstern je Wagenseite und 66 Sitzplätzen in 2+3-Anordnung. Die gemischtklassigen BC3yg(e) boten 20 Plätze der dritten und 18 der zweiten Klasse. Hinzu kam ein Halbgepäckwagen CPw3yg(e) mit 26 Plätzen und einem Gepäckraum.

Mit der Klassenreform zum Sommerfahrplanwechsel 1956 wurden die Wagen aufgewertet. Somit gab es B3yg(e), AB3yg(e) und BD3yg(e)-Wagen. Bereits 1954 konnten mehr als tausend Wagen dem Betrieb übergeben werden. Bis 1958 wuchs die Zahl auf 6.500 Exemplare an, 25 Prozent des Gesamtwagenbestandes der Bundesbahn. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug anfangs 90 km/h, welche damals für Personenzüge die Regel war, diese wurde bei einigen Wagen in den 1970er Jahren auf 100 km/h erhöht.

Die über Kreuz geschaltete elektrische Ausstattung der 3yg(e)-Wagen erlaubte es nur, jeweils ein untereinander kurzgekuppeltes Pärchen zu bilden, wobei man hier in der Wagenwahl frei war, so dass alle möglichen Kombinationen außer BD3yg + BD3yg möglich waren: AB + AB, AB + B, B + B, AB + BD, B + BD. Es musste nur darauf geachtet werden, dass die Kurzkuppelenden jeweils zueinander standen, folglich traten die dreiachsigen Umbauwagen auch immer paarweise auf. Zahlreiche Wagen wurden für den Einsatz in Wendezügen noch mit einer Steuerleitung versehen, was zum Hinzufügen des Nebengattungszeichens „b“ führte (AB3ygeb usw.). Der Einsatz in Wendezügen erfolgte dann − da es nie zur Beschaffung von Umbau-Steuerwagen gekommen war – meist in Kombination mit Steuerwagen aus der Gattung der Silberlinge (z.B. BDnf) oder der Mitteleinstiegswagen (BDymf).

Der Einsatz erfolgte in Nahverkehrszügen auf Haupt- und Nebenstrecken. Erst Mitte der 1980er Jahre wurden die letzten Wagen, die dem Berufsverkehr der BASF-Werke in Ludwigshafen am Rhein dienten, aus dem Verkehr gezogen. Einige überlebten bis heute als Fahrzeuge für den Bauzugeinsatz. Weitere Fahrzeuge befinden sich im Eigentum von Museumseisenbahnen.

Vierachswagen, Bauart 4yg

Nach dem Erfolg der dreiachsigen Umbauwagen sollten bei der DB auch die noch zahlreich vorhandenen vierachsigen Abteilwagen aus Länderbahnbeständen nach gleichen Grundsätzen umgebaut werden. Dafür wurden die Untergestelle der alten Wagen ebenfalls auf gleiche Länge gebracht. Es wurden 1956 wiederum ein Probewagen angefertigt, ein gemischtklassiger BC4yg, der eine Länge von 19,5 Metern besaß. Zwei weitere Prototypen von 1957 der späteren Bauart AByg 402 besaßen schon Minden-Deutz-Drehgestelle. Die Endtüren und die sonstige Ausführung blieb mit den Dreiachsern gleich. Es wurden ebenfalls drei Bauarten, B4yg, AB4yg und BD4yg verwirklicht.

Zwischen den eingezogenen Endtüren folgten fünf (im Erste-Klasse-Bereich vier) Fenster und dann eine doppelte Drehaußentür als Mitteleinstieg, die ebenfalls etwas eingezogen war.

Die Serienlieferung erfolgte ab 1957 als B4yg-56 (Byg 515). Die ab 1959 folgende Serie wurde als B4yg 58 und Byg 58a eingereiht (später Byg 515 und 516). Die Wagen boten 72 Reisenden auf Kunststoff überzogenen Polstersitzen Platz. Die AB-Wagen mit 24 Sitzen erster Klasse und 36 der zweiten Klasse ausgestattet, wurden ab 1958 hergestellt. Sie hatten einen etwas geänderten Grundriss mit verschiedenen Standorten des WCs. Diese Wagen hießen AByg-58 und AByg-58a (später AByg 503 und 504). Die Halbgepäckwagen wurden zuerst als BPw4yg-56 ausgeliefert (später BDyg 531). Weitere Serien kamen als BPw4yg-56a (BDyg 532) und BPw4yg-56b (BDyg 533) in den Verkehr.

Bei den ersten Wagen kamen von den Spenderwagen auch die preußischen Regeldrehgestelle, die aber von Gleit- auf Rollenlager umgerüstet wurden, zum Einsatz. Die nächsten 300 Wagen erhielten das ursprünglich amerikanische Schwanenhals-Drehgestell, eine erstaunliche Parallele zu den Vierachs-Reko-Wagen der Reichsbahn von 1964. Allen weiteren Wagen des yg-Typs wurden dann Drehgestelle des Typs Minden-Deutz MD 36 untermontiert. Alle Wagen waren für 120 km/h zugelassen.

Die 4yg-Wagen kamen bevorzugt im Eilzugverkehr zum Einsatz. Erst in späteren Jahren wanderten sie in Nahverkehrszüge ab. Die letzten Wagen wurden Anfang der 1990er Jahre ausgemustert, weil sich ein Umrüsten der Türen auf automatische Türblockierung nicht mehr lohnte. Die letzten Einsatzreviere dieser Wagen waren die Lahntalbahn, der Raum Köln und die Eifel. Einen letzten Höhepunkt erlebten die Vierachser zur Wende 1989/90 in der DDR, wo sie in vielen Verstärkungs-D-Zügen eingestellt waren.

Bemerkenswert war, dass diese Wagen bis zu ihrem Ende nur im flaschen- bzw. chromoxidgrünen Farbkleid der DB der 1950er und 60er Jahre unterwegs waren und weder in ozeanblau-beige noch in anderen Farben eingesetzt wurden (abgesehen z.B. vom Einsatz in den Triebzügen der Baureihe ET 65 im Stuttgarter Vorortverkehr – s.u.).

Beiwageneinsatz

Einige Umbauwagen kamen bei der Tegernsee-Bahn zum Einsatz für Eilzüge München – Tegernsee. Ein Teil der 3yge-Wagen wurden im roten Triebwagenanstrich der DB als Beiwagen für ET 85 als EB 85 bzw. 885 eingesetzt. Die 4yg-Wagen waren als Baureihe EB 65 bzw. 865 als Beiwagen im Stuttgarter Vorortverkehr mit Triebwagen des Typs ET 65 bzw. 465 gekuppelt in Betrieb.

Eine besondere Bauart der Umbauwagen stellten die Gefangenentransportwagen des Typs Z 56 dar, die auf der Basis des 3yg entwickelt wurden, aber nur mit zwei Achsen. Es wurden sechs Wagen dieses Typs gebaut (Nummern 10 061 bis 10 066). Die Wagen besaßen 15 Zellen mit 36 Plätzen sowie einen Dienstraum für die Aufseher. Die Wagen wurden 1963 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Häftlingstransport zwischen den Gefängnissen per Bahn für verfassungswidrig erklärt hat, ausgemustert. Mindestens einer der Wagen wurde in einen Bahndienstwagen umgebaut.

Literatur

  • Weigert/Gress: Umbau- und Rekowagen von DB und DR. Eisenbahnkurier Special 82, EK Freiburg.

Weblinks


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