Umspuren

Umspuren
Umspuranlage in Brest (Weißrussland) zur polnischen Grenze: Der Wagenkasten eines Reisezugwagens ist durch die seitlich zu sehenden Hebeböcke angehoben worden, die Drehgestelle werden ausgewechselt

Umspurung ist der Übergang von Eisenbahnfahrzeugen, zumeist Wagen auf ein Eisenbahnnetz anderer Spurweite durch Anpassung des Laufwerkes an die Spurweite des anschließenden Netzes.

Inhaltsverzeichnis

Umspuranlage

Grundsätzliches

Eine Umspuranlage ist eine ortsfeste Anlage, mit der die Spurweite von Schienenfahrzeugen geändert werden kann.

In herkömmlichen Umspuranlagen werden die Drehgestelle der Fahrzeuge ausgetauscht. Neuer ist das Verfahren, den Abstand der Radscheiben im Fahrwerk an das zu befahrende Netz anzupassen. Dafür müssen besondere Radsätze vorhanden sein. Früher war das nur bei Fahrzeugen mit nicht angetriebenen Achsen möglich. Inzwischen können jedoch auch angetriebene Achsen umgespurt werden, eine wichtige Entwicklung, besonders für Triebwagen.

Im Güterverkehr werden heute oft auch Container und Wechselpritschen eingesetzt, die an den Grenzbahnhöfen umgeladen werden, so dass die Umspurung entfällt.

Lokomotiven können grundsätzlich ebenfalls umgespurt werden, jedoch geschieht das wegen des unverhältnismäßig großen Aufwandes nicht planmäßig während einer Zugfahrt. Relativ häufig werden an der polnischen Ostgrenze je nach Güteraufkommen dafür ausgelegte Rangierloks umgespurt, wofür die PKP sowohl regel- als auch breitspurige Drehgestelle vorhält. Die RENFE hat mehrere ihrer Maschinen der Baureihe 252 schon mehrfach umgespurt.

Herkömmliche Umspuranlagen

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Spillanlage und Führungsschiene in der Umspuranlage Brest (Weißrussland)

Nach dem herkömmlichen Verfahren werden die Drehgestelle von den Wagenkasten gelöst und letztere mit Hebeböcken auf ca. 1,5 m angehoben. Mit einer Spillanlage werden die Drehgestelle herausgezogen und die für die neue Spurweite gleichzeitig unter die Wagen gezogen. Nachdem die neuen Drehgestelle unter den Wagen positioniert sind, werden die Wagenkasten wieder abgesenkt und die Drehgestelle mit dem Wagenkasten verbunden. An der westlichen Grenze des russischen Breitspurnetzes werden zusätzlich bei Reisezugwagen auch die Kupplungen ausgetauscht.

Die Umspuranlage ist meist in einer Halle untergebracht. Das Mischspurgleis, auf dem der Drehgestellwechsel vorgenommen wird, verfügt beim Übergang auf die russische Breitspur über zusätzliche Schienen auf der Innenseite, die die Regelspurradsätze an den Rückflächen führen. Wegen des größeren Unterschiedes zur spanischen und portugiesischen Breitspur ist an den spanisch-französischen Übergängen ein einfaches Vierschienengleis möglich.

Automatische Umspuranlagen

Spurwechselradsatz DR III für 1435 und 1524mm Spurweite (entwickelt 1957), die erste im Regelbetrieb eingesetzte Bauart

Die automatischen Umspuranlagen können nur von Fahrzeugen benutzt werden, die speziell an die Anlage angepassten Fahrwerke haben. Der Spurwechsel wird während der langsamen Fahrt durch die Anlage vollzogen. Beim Befahren der Anlage mit ca. 15 km/h wird von Betätigungsschienen der Entriegelungsmechanismus des Fahrwerks geöffnet, so dass die Radscheiben von Führungsschienen auf die neue Spurweite eingestellt werden können.

Bei den am weitesten verbreiteten Systemen werden während des Umspurvorgangs die Fahrzeuge von seitlich angebrachten Gleitschienen getragen, so dass die Räder des Fahrwerks während des Umspurvorgangs entlastet sind.

Andere Systeme, die meist beim Umspuren schwerer Güterzüge verwendet werden, können die Räder auch unter Belastung verschieben. Damit die Räder während des Verstellens der Spurweite nicht auf die Schienen aufklettern, darf bei diesen Systemen die Spurweite nur langsam geändert werden, so dass die Umspuranlage wesentlich länger ist als bei den erstgenannten Systemen. Folgende Systeme werden verwendet:

Deutschland und Polen

Mukran

In dem Ostseehafen Mukran in Sassnitz im Nordosten Rügens befindet sich eine Umspuranlage – ausschließlich für den Güterverkehr –, in der Waggons umgespurt werden, bevor sie per Trajekt nach Klaipeda zur Weiterfahrt auf den Breitspurstrecken der ehemaligen GUS befördert werden. Dies geschieht durch Austauschen der Drehgestelle. Es handelt sich um die einzige derartige Anlage in Deutschland.

SUW-2000 (PKP) / DB AG/Rafil V

Die PKP und die DB AG haben eine einheitliche Umspurtechnik entwickelt, auf der sowohl Radsätze der Bauart SUW-2000 (PKP) als auch der Bauart DB AG/Rafil V automatisch umgespurt werden können. Hierbei werden die Radscheiben auf der starren Achse entriegelt, in die jeweilige Endstellung verschoben und anschließend wieder verriegelt. Dieser Vorgang kann je nach Bauart der Umspuranlage bei beiden Radscheiben eines Radsatzes gleichzeitig erfolgen (symmetrische Anlage) oder zunächst bei den Radscheiben der einen und dann der anderen Seite vorgenommen werden (asymmetrische Anlage). Asymmetrische Anlagen benötigen eine längere Strecke für die Umspurung als symmetrische Anlagen. Die Anlagen für die Systeme SUW-2000 und DB AG/Rafil V sind länger als Umspuranlagen für des Talgo-Systems, da die Radscheiben unter Last verschoben werden und daher das Verhältnis von Spurveränderung zu Umspurstrecke kleiner sein muss.

GUS

Umspuranlage in Brest (Weißrussland): Die Drehgestelle werden unter den Wagenkästen ausgetauscht.
Umspuranlage in Ussurijsk (Russland) an der chinesischen Grenze
Fahrgestellwechsel in Eren Hot an der chinesisch/mongolischen Grenze
Umspuranlage in Brest (Weißrussland): Austausch der Kupplung


Der für Fahrten aus Europa in das Breitspurnetz der GUS wichtigste Umspurbahnhof ist Brest (Weißrussland), wo die Umspurung der Personenwagen in entsprechend ausgerüsteten Hallen vorgenommen wird. Außer den Radsätzen werden auch die Kupplungen ausgetauscht, bei ganzen Zügen nur an den Endwagen. Weitere Umspuranlagen für den Personenverkehr für den Verkehr von und zur Ukraine befinden sich in Jagodin, Przemyśl und Tschop.

Spanien / Frankreich

Talgo

Bei den Talgo-Gliederzügen gibt es keine durchgehenden Achswellen. Jede Radscheibe sitzt auf einer Halbachse mit je zwei Achslagern, die ihrerseits jeweils im Laufwerksportal gelagert sind. Bei den umspurbaren Fahrzeugen sind die Achslager in den Portalen seitlich verschieb- und in den Endstellungen arretierbar. Die Fahrwerksportale werden beim Spurwechsel von außenliegenden Gleitschienen getragen, damit werden die Radscheiben für die Verschiebung entlastet. Seitliche Führungen drücken die Radscheiben beim Durchfahren der Spurwechselanlage in die neue Position. Zur Verbesserung des Bogenlaufs werden bei manchen Bauarten die gegenüberliegenden Achsstummel durch eine Teleskopkupplung miteinander verbunden.

Inzwischen ist das Talgo-Spurwechselsystem nicht mehr nur Talgo-Einachsfahrwerken vorbehalten. Es wurden auch Standard-Drehgestellbauarten damit ausgerüstet. Daraus wurden Güterwagendrehgestelle entwickelt. Seit Ende der 1990er Jahre ist es außerdem möglich, angetriebene Talgo-Fahrzeuge umzuspuren (Talgo XXI, RENFE S-130).

Anlagen dieser Bauart wurden 1969 in Portbou und Irún an der spanisch-französischen Grenze für den Talgo RD (rodadura desplazable) errichtet und werden aktuell von den Talgo Catalán zwischen Barcelona und Montpellier sowie von den Hotelzügen nach Paris, Zürich und Mailand genutzt. Seit 1969 sind über 3 Mio. Umspurvorgänge durchgeführt worden, ohne dass dabei Ausfälle oder auch nur nennenswerte Störungen aufgetreten wären. Täglich werden heute über 500 Züge umgespurt. Mit dem Bau der regelspurigen AVE-Strecken kamen seit 1992 Anlagen für den Übergang vom spanischen Breitspurnetz auf die Neubaustrecken in Madrid, Córdoba, Zaragoza, Lleida, Sevilla, Antequera-Santa Ana und bei Tarragona hinzu.

Umspurung bei Vollachsen

Bei dem von CAF entwickelten System werden die entlasteten Räder auf einer Achse verschoben. Dabei muss jeder Radsatzrahmen mit einer Gleitvorrichtung ausgerüstet sein, die das Fahrzeug beim Umspurvorgang auf Hilfsschienen führt. Auf den Hilfsschienen befindet sich ein Wasserfilm, der die Reibung zwischen Gleitvorrichtung und Hilfsschiene erheblich verringert. Der Wagen "schwimmt" sozusagen auf dem Wasserfilm. Der Vorteil dieses Verfahrens ist vor allem eine relativ kurze Umspurstrecke. Das System wird bei Triebwagen in Spanien eingesetzt.

Güterverkehr

Für den Güterverkehr zwischen Frankreich und Spanien gibt es in Hendaye/Irún und Cerbère/Portbou Umspuranlagen. Dort werden die Wagen angehoben und – auch bei Drehgestellwagen – die Radsätze gewechselt und die Bremssohlen entsprechend umgestellt. Für den Wechselverkehr mit Spanien und Portugal zugelassene Wagen haben dafür verstellbare Bremsdreiecke und einen deutlich größeren Abstand zwischen den Rahmenwangen.

Reisezüge aus Regelfahrzeugen

Bis zum Fahrplanwechsel 1994 verkehrten auch Reisezüge, die aus gewöhnlichen Drehgestellwagen gebildet wurden, von Frankreich nach Spanien und Portugal. Die letzten Züge waren der 310/313 »Sud-Expres« von Paris Austerlitz nach Lisboa S.A. mit Kurswagen nach Porto, der 300/301 »Puerta del Sol« nach Madrid Chamartín (von 1991 - 1993 mit einem Kurswagen von und nach Moskau, der dabei sogar zweimal umgespurt werden musste) und die Kurswagenverbindung Paris – Algeciras. Das Spurwechselverfahren ähnelte dem an den Übergängen zum russischen Breitspurnetz, nur waren die Hebeböcke verfahrbar, um sie an den Anhebepunkten der Wagen positionieren zu können. So waren unterschiedliche Wagenbauarten behandelbar und die Wagenzüge konnten im gekuppelten Zustand angehoben werden. Zumindest beim 300/301 wurden nur Schlaf-, Liege- und Autotransportwagen umgespurt, während die Fahrgäste in den Sitzwagen umsteigen mussten.

Die Spurwechselanlage in Hendaye ist noch vorhanden, wird fahrplanmäßig aber nicht mehr genutzt.

Finnland

Wagen, die vom westeuropäischen Netz auf das Finnische Netz übergehen, werden in Turku angehoben und die Drehgestelle oder Einzelachsen ausgewechselt.

Litauen

Eine asymmetrische Anlage für Radsätze der Bauarten SUW-2000 und DB AG/Rafil V wird auf dem litauischen Bahnhof Mockava eingesetzt. Ein Personenzug mit SUW-2000-Achsen zwischen Warschau und Vilnius wurde darauf bis zur Einstellung der Verbindung umgespurt.

Japan

In Japan sind umspurbare Triebzüge in der Entwicklung. Der Versuchszug hat angetriebene Achsen, die mit Hilfe automatischer Spurwechselanlagen umgespurt werden können. Zu Versuchszwecken werden zwei unterschiedliche Bauarten von Drehgestellen verwendet.

Siehe auch

Weblinks


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