- Unter Hamburg
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Etwa 700 Bunker – die meisten unterirdisch – befinden sich auf Hamburger Stadtgebiet. In der Zeit des Nationalsozialismus sind in Hamburg mehr Bunker errichtet worden als in jeder anderen Stadt in Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
Bunkerbau im Zweiten Weltkrieg
Bis Kriegsbeginn entstanden nur sehr wenige öffentliche Luftschutzräume mit insgesamt 10.000 Plätzen bei einer Einwohnerzahl von etwa 1,7 Millionen. Für den Schutz der Zivilbevölkerung wurden ausgebaute Keller als ausreichend angesehen.
Die unterirdischen Großanlagen wie am Spielbudenplatz oder am Hauptbahnhof (Westseite: Steintorwall, 2.486 Plätze in zwei unabhängigen, aber verbundenen Teilanlagen mit je drei Stockwerken) entstanden erst im Zuge des sogenannten „Führer-Sofortprogramms“, das im Oktober 1940 erlassen wurde. Auslöser waren britische Vergeltungsangriffe der Royal Air Force (RAF) auf Berlin bzw. andere deutsche Städte nach den deutschen Bombardierungen Londons bzw. Coventrys.
U-Boot-Bunker
- siehe Fink II
Wiederaufrüstung im Kalten Krieg
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 kam es zunächst zu einer Phase der so genannten „Entfestigung“, in der auf Veranlassung der Alliierten Kontrollbehörden alle Bunkeranlagen mit einem Fassungsvermögen von über 100 Personen gesprengt werden sollten. Viele Anlagen wurden jedoch als Wohnraum genutzt, bedingt durch die Kriegszerstörungen. Daher wurden solche Bunker von der Zerstörung ausgenommen, „die für die deutsche Zivilbevölkerung notwendig waren“.
Mit der Eskalation des Kalten Krieges durch den Ausbruch des Korea-Krieges 1950, der Einbindung der BRD in das westliche Bündnis und der damit verbundenen Wiederbewaffnung, erfolgte der Aufbau eines neuen Zivilschutzes und damit eine erneute Nutzung der Bunkeranlagen. Dabei entsprachen die „Richtlinien für Schutzraumbauten“ vom 27. Juli 1955 weitgehend denen des „Führer-Sofortprogramms“ von 1940. Ab Oktober 1957 mussten für abgerissene Bunker Ersatzbauten geschaffen werden. Das so genannte „Schutzbaugesetz“ vom November 1962 forderte schließlich die Wiederherstellung bestehender Luftschutzanlagen und Umstellung auf die Erfordernisse eines etwaigen Atomkrieges.
Mehrzweckanlagen (MZA)
Bereits zu Zeiten des zweiten Weltkrieges hat man Schutzräume gebaut, die auch in Friedenszeiten ein Aufgabe haben, wie zum Beispiel die Tiefgarage am Spielbudenplatz im Stadtteil St. Pauli.
Bis zum Ende des Kalten Krieges wurden einige neue Schnellbahnstationen als so genannte Mehrzweckanlagen errichtet. Im Kriegsfall wären diese Anlagen innerhalb kurzer Zeit zu Schutzräumen für bis zu 5.000 Menschen umfunktioniert worden. Hierbei dienen die Anlagen selbst als Schutzraum. In den Schnellbahnstationen sollten Züge als Aufenthaltsräume dienen und auf den Bahnsteigen wären Betten aufgebaut worden.
- U-Bahn: Steinfurther Allee, Mümmelmannsberg, Niendorf-Markt, Schippelsweg, Joachim-Mähl-Straße und Niendorf-Nord.
- S-Bahn: Reeperbahn, Stadthausbrücke und Harburg-Rathaus – dieser zugleich Hamburgs größter Schutzraum für 5.000 Menschen. Die Station Landungsbrücken ist keine Mehrzweckanlage. Dort befinden sich lediglich zwei Schutzräume für insgesamt 180 Personen.
Auch die Ladenpassage (Zwischenebene) über der Station Jungfernstieg hätte im Kriegsfall als Schutzraum gedient.
Als Tiefgaragen genutzte Mehrzweckanlagen befinden sich in den Stadtteilen Neustadt, Barmbek, Bergedorf und Rahlstedt. Aufgrund fehlender Finanzmittel werden dort etwa seit dem Jahr 2000 nur noch dringend notwendige, bauliche Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt.
- siehe auch: Hilfskrankenhaus Wedel
- siehe auch: Schutzraum
Rundbunker
In Hamburg sind in den Jahren 1939 bis 1941 insgesamt elf Luftschutztürme der Bauart „Zombeck“ erbaut worden. Der Dortmunder Paul Zombeck ließ diese Bauart im Jahre 1937 patentieren. Von diesen Zivilschutzbauten stehen heute noch neun Stück im Hamburger Stadtgebiet. Ausgelegt war jeder einzelne Luftschutzturm für 600 Personen, bei den Bombenangriffen auf Hamburg fanden in jedem Zombeck-Turm weit über 1000 Menschen Platz. Diese Türme stehen oftmals in der Nähe der Verkehrsknotenpunkte, wie beispielsweise Schnellbahnhaltestellen oder Straßenbrücken.
In den Türmen befinden sich keine Stufen. Die innere Struktur gleicht einem Schneckenhaus und ist von unten nach oben mit einer ansteigenden Rampe ausgebaut. In der Mitte der Zombeck-Türme befanden sich die sanitären Anlagen. Das pyramidenförmige Dach ist bombenabweisend. Die Türme waren splitter- und explosionsgeschützt und besaßen zudem eine Gasschleuse.
Die Rundbunker wurden von außen durch Verklinkerung dem Stadtbild von Hamburg angepasst. Beabsichtigt war für alle Luftschutzhäuser Hamburgs die Verkleidung mit Klinkern als ortstypischem Material. Dies konnte jedoch nicht realisiert werden: Transportprobleme, Baustoff- und Arbeitskräftemangel zwangen zur Reduktion der Ansprüche an die äußere Gestaltung.
Von den Rundbunkern steht der auf der Moorweide (am Dammtor) unter Denkmalschutz: Er ist besonders reich verziert und beherbergt eine Bar.
Flaktürme
siehe Hamburger Flaktürme
Röhrenbunker
Ein Röhrenbunker wurde zwischen 1940 und 1941 in dem nicht bebauten Gelände hinter der Wichernkirche in Hamburg-Hamm erbaut. Der Eingang liegt versteckt hinter der 1954 nach Kriegszerstörung neu aufgebauten Kirche am Wichernsweg 16. Dieser Bunker besteht aus einem Eingangsbauwerk mit Treppe und Gasschleuse, einem Notausgangsbauwerk sowie vier Betonröhren. Die Sohle liegt etwa 5m unter der Erde, die Röhren sind jeweils 17m lang, 2m breit und weisen eine lichte Höhe von 2,25 m auf. Jede der Röhren war für etwa 50 Personen vorgesehen, sie boten demzufolge Raum für insgesamt 200 Menschen. Trockentoiletten, Beheizung und Beleuchtung sowie eine handbetriebene Lüftungsmaschine waren vorgesehen. Es sind Wandbeschriftungen im Innern erhalten. Oberirdisch sind nur Eingangs- und Notausgangsbauwerk erkennbar. Im Jahr 1997 wurde in diesem Bauwerk das Bunkermuseum eingerichtet, in dem neben Ausstattungsgegenständen auch Dokumente zum Thema Luftschutz und den verschiedenen Luftschutzbauten des Zweiten Weltkriegs ausgestellt werden. Gezeigt werden außerdem Berichte von Zeitzeugen, die die Luftangriffe auf Hamburg-Hamm 1943 miterlebt haben. Der Röhrenbunker wird vom Stadtteilarchiv Hamm betreut und ist seit Oktober 2002 in die Hamburger Denkmalliste eingetragen.
Verein „Hamburger Unterwelten e. V.“
Der gemeinnützige Verein „Hamburger Unterwelten e. V.“ besteht seit Januar 2006 und hat sich die Erforschung, Erhaltung und Dokumentation unterirdischer Bauwerke in Hamburg zum Ziel gesetzt. Der Verein bietet in regelmäßigen Abständen Führungen durch unterschiedliche Bauwerke an, darunter der Tiefbunker Steintorwall direkt am Hauptbahnhof und das Hilfskrankenhaus Wedel unter dem Johann-Rist-Gymnasium.
Verein „unter hamburg e. V.“
Der Verein wurde 2006 gegründet und hat sich die Erforschung unterirdischer Bauwerke in Hamburg zum Ziel gesetzt. Wichtig ist dabei die Dokumentation und kritische Aufarbeitung der Geschichte dieser Bauwerke. Bunkerbauwerke, meist eine bauliche Hinterlassenschaft des Nationalsozialismus, erfordern eine sorgfältige und verantwortungsvolle Betrachtung, denn es geht dabei nicht um die kritiklose Präsentation massiver Bauwerke mit meterdicken Wänden, sondern es soll der Wahnsinn von Krieg und Vernichtung den interessierten Besuchern aufgezeigt werden. Ein Tiefbunker am Berliner Tor und ein Hochbunker an der Wendenstraße wurden angemietet, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Außerdem befinden sich unterirdische Bauwerke im Fokus, welche sonst der Öffentlichkeit entrückt sind - Tunnel, Kanäle und ähnliche unterirdische Zeugnisse menschlicher Schaffenskraft.
Um möglichst vielen Menschen kostenlos Zugang zu den Forschungsergebnissen zu ermöglichen, finden sich diese größtenteils auf der Homepage des ehrenamtlich arbeitenden Vereins wieder. Der Verein erforscht auch "hartnäckige Legenden" und versucht Auskunft über bekannte und unbekannte Bauwerke zu geben.
Literatur
- Michael Foedrowitz: Bunkerwelten. Luftschutzanlagen in Norddeutschland., ISBN 3-89555-062-0
- Titsch, M. (2005): Bunker in Wilhelmshaven, Brune Mettcker Druck- und Verlagsgesellschaft mbH, Wilhelmshaven, pp. 223, ISBN 3930510294
- Jogschies, Rainer B.: Wo, bitte, geht‘s zu meinem Bunker?: Von einem, der auszog, sich vor dem Atomtod zu schützen. ISBN 3548344437
- Ulrich Alexis Christiansen: Hamburgs dunkle Welten. Der geheimnisvolle Untergrund der Hansestadt. Ch. Links Verlag, Berlin 2008, ISBN 3-8615-3473-8
- Schmal, Helga; Selke, Tobias unter Mitarbeit von Henning Angerer: Bunker - Luftschutz und Luftschutzbau in Hamburg. Hrsg.: Freie und Hansestadt Hamburg / Denkmalschutzamt. Christians 2001, Themen-Reihe Kulturbehörde, Denkmalschutzamt, ISBN 3-7672-1385-0
Weblinks
- Zum ersten Mal: Ein Hamburger Bunker unter Denkmalschutz
- Der Verein "unter hamburg" bietet fundierte Informationen zur Geschichte unterirdischer Bauwerke in der Hansestadt
- Hamburger Unterwelten e. V. - Bunker-Führungen und Forschung in Hamburg
- virtueller Rundgang durch einen Röhrenbunker
- Bunkermuseum in Hamburg-Hamm
- Luftschutztürme und ihre Bauarten bei lostplaces.de, mit vielen Hamburger Beispielen
- bildarchiv
- Luftschutzbunker der Kriegsmarine am Rethedamm
- Splitterschutzgraben an der Moorweide
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