Uri Avneri

Uri Avneri
Uri Avnery, 2006

Uri Avnery (hebräisch ‏אורי אבנרי‎; * 10. September 1923 in Beckum, Deutschland als Helmut Ostermann) ist ein israelischer Journalist, Schriftsteller und Friedensaktivist. Er war in drei Legislaturperioden für insgesamt zehn Jahre Parlamentsabgeordneter in der Knesset (1965−1969, 1969−1973 und von 1977−1981).

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Zu Beginn des „Dritten Reiches“ besuchte Avnery die Kaiserin-Auguste-Viktoria-Schule (heute Helene-Lange-Schule) in Hannover. Noch 1933 wanderte seine Familie mit ihm nach Palästina aus. Von 1938 bis 1942 war Uri Avnery Mitglied der Irgun.[1] Im Palästinakrieg 1948 war er israelischer Soldat und wurde schwer verwundet. 1949 veröffentlichte er sein Kriegstagebuch In den Feldern der Philister über die Geschehnisse während des Krieges.

Von 1950 bis 1990 war er Herausgeber und Chefredakteur des Nachrichtenmagazins Haolam Haseh. 1965 und 1969 wurde Avnery auf der Liste der gleichnamigen Partei Haolam Hazeh in die Knesset gewählt. 1973 konnte die neue Kleinpartei Meri, auf dessen Liste auch Avnery antrat, nicht genügend Stimmen für die Knesset gewinnen. 1975 wurde er durch ein Attentat mit einem Messer schwer verletzt[2]. 1977 wurde Avnery für die Liste der Left Camp of Israel wieder zum Knessetmitglied gewählt. Danach trat Uri Avnery nicht wieder zur Parlamentswahl an.

1993 begründete Avnery mit Freunden die israelische Friedensinitiative Gush Shalom (Israelischer Friedensblock).

Avnery setzt sich für die Trennung von Staat und Religion und gegen den orthodoxen Einfluss auf das religiöse und politische Leben in Israel ein. Er propagiert ein „Israel ohne Zionismus“, um den Staat von den angeblich falschen Voraussetzungen der Vergangenheit zu befreien, die sich aus seiner Sicht erschwerend auf den Friedensprozess auswirken.

Am 13. September 2003 begab er sich als „Menschlicher Schutzschild“ zum belagerten palästinensischen Präsidentensitz in Ramallah. Mit ihm wollten 30 Friedensaktivisten, zu denen auch die Knesset-Mitglieder Issam Mahoul und Ahamad Tibi sowie der Meretz-Aktivist Latif Dori und der Historiker Teddy Katz gehörten, nach eigener Aussage die „Absichten von Premierminister Sharon durchkreuzen“. Sie versuchten, eine von ihnen befürchtete Ermordung Arafats zu verhindern.

Morddrohung 2006

Nach Berichten von Haaretz und einer Mitteilung des Vorsitzenden des Vereins Aachener Friedenspreis, Otmar Steinbicker, rief der Vorsitzende der rechtsextremen Jüdisch-Nationalen Front, Baruch Marzel, im März 2006 die israelische Armee dazu auf, sie solle Avnery „gezielt töten“. Avnery teilte daraufhin mit, dass Marzel zudem im israelischen Fernsehsender Kanal 10 vor einem großen Foto von ihm im Hintergrund interviewt wurde. Nach Marzels Aussage würden sich „die israelischen Linksaktivisten selbst zerstören“ und manchmal Israels Interessen nicht weniger schädigen als „auswärtige Feinde des Landes“.

Das deutsche Auswärtige Amt erklärte daraufhin: „Die Bundesregierung verurteilt den Aufruf des israelischen Politikers Baruch Marsel zur gezielten Tötung Uri Avnerys auf das Schärfste. Aufrufe zur Gewaltanwendung gegen politische Gegner sind unter keinen Umständen akzeptabel.“ [3] Auch der Friedensaktivist Rupert Neudeck rief zur Solidarität mit Avnery auf.

Kritik

Kritiker warfen Avnery vor, mit der Aktion am 13. September und mit vielen Äußerungen in Interviews und Presseerklärungen die Politik Arafats zu rechtfertigen[4].

In einem Gespräch mit konkret antwortete Avnery auf eine Frage nach dem Mord an so genannten Kollaborateuren in den Palästinensergebieten:

Natürlich gab es Morde an Kollaborateuren. Kollaborateure sind Verräter. [...] Wer seine Kameraden an eine feindliche Besatzung ausliefert, ist nach den Spielregeln militärischer Verbände, zumal im Untergrund, ein Verräter und wird umgebracht. [...] Ich war ein Terrorist, als ich ein junger Mann war. [...] Auch wir haben unsere Kollaborateure umgebracht, die unsere Kameraden an die englische Kolonialregierung ausgeliefert haben.

Der Krieg führe laut Avnery zu einer Verrohung bei allen Beteiligten. Unter anderem deshalb sei es wichtig, für den Frieden zu kämpfen:

Ich habe in den letzten 71 Jahren meines Lebens keinen einzigen Tag des Friedens erlebt. Ich hoffe und glaube, dass ich den Frieden noch erlebe.“ (Uri Avnery am 10. Juni 2005 in Salzburg)

Auszeichnungen

Veröffentlichungen

  • 1945: Der Terrorismus, die Kinderkrankheit der Hebräischen Revolution. Broschüre, hebräisch.
  • 1947: Krieg oder Frieden im Semitischen Raum. Broschüre, hebräisch.
  • 1949: In den Feldern der Philister. Kriegstagebuch, hebräisch, spanisch, jiddisch, Bestseller, 12 Auflagen.
  • 1950: Die Kehrseite der Medaille. Kriegserinnerungen, hebräisch (wurde wegen der Beschreibung von Greueltaten boykottiert).
  • 1961: Das Hakenkreuz. Analyse des Aufstiegs des Nationalsozialismus in Deutschland. Zum Anlass des Eichmannprozesses, hebräisch.
  • 1968: Israel ohne Zionisten. Geschichte des israelisch-arabischen Konfliktes. Plädoyer für eine arabisch-israelische Staatengemeinschaft. (englisch, hebräisch, deutsch, französisch, italienisch, dänisch, holländisch, spanisch) Deutsche Ausgabe: Bertelsmann, Spiegel-Serie, 239 Seiten.
  • 1969: 1 gegen 119. Uri Avnerys Reden in der Knesset, redigiert von Amnon Zichroni, hebräisch.
  • 1988: Mein Freund, der Feind. Persönliche Aussage über die Kontakte mit der PLO, englisch, hebräisch, französisch, deutsch, italienisch, deutsche Ausgabe: Dietz Verlag. Vorwort von Bruno Kreisky, 416 S., ISBN 3-8012-0130-9
  • 1991: Lenin wohnt hier nicht mehr, politischer Reisebericht über die ehemalige Sowjetunion, DDR, Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei, mit Fotos von Rachel Avnery, hebräisch.
  • 1991: Wir tragen das Nessosgewand, Israel nach dem Golfkrieg, deutsch, 126 Seiten, Dietz Verlag, Bonn, ISBN 3-8012-3040-6
  • 1995: Zwei Völker, Zwei Staaten, deutsch; Gespräche mit Uri Avnery; Vorwort von Rudolf Augstein, Palmyra Verlag, Heidelberg, 193 S., ISBN 3-930378-06-X
  • 1996: Die Jerusalem-Frage, 1996, deutsch; Uri Avnery und Azmi Bischara im Gespräch mit 11 israelischen und palästinensischen Persönlichkeiten, Palmyra Verlag, 311 S., ISBN 3-930378-07-8
  • 2003: Ein Leben für den Frieden. Klartexte über Israel und Palästina. Broschiert, Palmyra Verlag, 298 S., ISBN 3-930378-50-7
  • 2006: Von Gaza nach Beirut. Israelisches Tagebuch, Kitab Verlag, Klagenfurt, Wien 2006, ISBN 978-3-902005-95-3
  • Roland Kaufhold (2003): Uri Avnery: Ein Porträt. In: Uri Avnery (2003): Ein Leben für den Frieden. Heidelberg (Palmyra), S. 258-287, auch publiziert in: psychosozial, Nr. 93, Heft 3, 2003, S. 107–122

Film

  • Uri Avnery − Warrior For Peace. Dokumentation, Israel, 75 Min., Regie: Yair Lev

Weblinks

Auszeichnungen

Quellen

  1. Biografie auf uri-avnery.de
  2. Uri Avnery - Biographical Notes
  3. „Bundesregierung verurteilt Aufruf zur Tötung“, Aachener Friedenspreis, 1997
  4. „Thomas Schmidinger befragt Uri Avnery zu seiner Israel-Kritik“, konkret, Heft 6, Juni 2002, S. 3

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