Vertrauensleute

Vertrauensleute

Der Vertrauensmann bzw. die Vertrauensfrau (Plural: Vertrauensleute) ist eine ehrenamtlich tätige Person für Gewerkschaften. Im Kaiserreich und der Weimarer Republik war stattdessen „Obmann“ die übliche Bezeichnung.

Die männliche Form verdankt sich ihrem historischen Entstehungskontext: dem der männerdominierten Metall- und Schwerindustrie. Insbesondere die für diese Industrien zuständigen Gewerkschaften, denen die Unternehmer den Zugang zu den Betrieben verwehrten, wählten oder bestellten aus ihren Reihen zuverlässige und vertrauenswürdige Mitglieder als Repräsentanten ihrer Organisation im Betrieb. Sie sollten die Verbindung zu den einfachen Mitgliedern über Beitragskassierung und die Verteilung von Informationsmaterial herstellen.

Da der Betriebsrat eine gewerkschaftsunabhängige Betriebsvertretung darstellt, die die Interessen aller Belegschaftsmitglieder vertritt, haben eine Reihe von Gewerkschaften nach dem Zweiten Weltkrieg ein System von Vertrauensleuten (sogenannte „Vertrauensleutekörper“) aufgebaut, die insbesondere in den großen Werken der Stahl-, Automobil- und Chemieindustrie vertreten sind. Ihre gewerkschaftlichen Funktionen sind begrenzt; sie umfassen vor allem Dienstleistungen für die Organisation: Information und Aufklärung der Mitglieder, Mitgliederwerbung und Verteilung von gewerkschaftlichem Informationsmaterial.

In der chemischen Industrie existiert als eine Besonderheit die Institution der betrieblichen Vertrauensleute. Sie werden in den größeren Chemie-Betrieben von allen Beschäftigten, unabhängig von ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit, gewählt. Sie sollen in regelmäßigen Gesprächen die Verbindung zwischen Belegschaft und Betriebsrat einerseits und zwischen Belegschaft und Betriebsführung andererseits herstellen. Daneben existieren gewerkschaftliche Vertrauensleute, die nur von Gewerkschaftsmitgliedern gewählt werden. In der Vergangenheit hat das Nebeneinander dieser beiden Typen von Vertrauensleuten heftige Konflikte in der zuständigen Gewerkschaft, der IG Chemie, Papier, Keramik, ausgelöst.[1]

Die Beziehungen zwischen Betriebsrat und Vertrauensleuten waren in der Vergangenheit teilweise durch Konkurrenz bestimmt. Es gab in einigen Gewerkschaften Bestrebungen, die Vertrauensleute als Gegengewicht zu den Betriebsräten zu positionieren. Aber aufgrund seiner gesetzlich abgesicherten Position und Kompetenzen erwies sich der Betriebsrat doch als die stärkere Vertretungsinstanz. Für Großbetriebe ist die Kooperation zwischen beiden heute die Regel, wobei der Vertrauensmann/die Vertrauensfrau eher als verlängerter Arm des Betriebsrats fungiert.

Literatur

  • Klaus Koopmann: Vertrauensleute. Arbeitervertretung im Betrieb. VSA, Hamburg 1981. ISBN 3-87975-202-8.

Einzelnachweise

  1. Jürgen Kädtler / Hans-Hermann Hertle: „Sozialpartnerschaft und Industriepolitik. Strukturwandel im Organisationsbereich der IG Chemie-Papier-Keramik“. Opladen 1997, Kapitel 4.

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