Viadrina

Viadrina
Europa-Universität Viadrina
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Gründung 26. April 1506
Trägerschaft staatlich
Ort Frankfurt (Oder)
Bundesland Brandenburg
Staat Deutschland
Leitung Gunter Pleuger
Studenten 5.582 (WS 2008/09)[1]
Mitarbeiter 468 (2009)[2]
davon Professoren 62 (2009)[2]
Website www.europa-uni.de
Portal des Hauptgebäudes
Gräfin-Dönhoff-Gebäude: Hörsaal- und Mensakomplex der Universität
Vorlesungsverzeichnis von 1689

Die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) ist die östlichste Universität Deutschlands. Das Wort Viadrina kommt aus dem Lateinischen und lässt sich mit die an der Oder gelegene übersetzen. Im Wintersemester 2008/09 sind an der Universität 5.582 Studierende immatrikuliert: 73,79 % davon sind Deutsche, 17,20 % Polen und 9,01 % verteilten sich auf insgesamt 78 weitere Herkunftsländer.[1] Die Viadrina bietet zwar einen vergleichsweise schmalen Fächerkanon, der nicht dem Umfang der klassischen Volluniversität entspricht, hat aber das Promotions- und Habilitationsrecht. Im März 2008 wurde die Änderung der Rechtsform der Viadrina in eine Stiftungsuniversität beschlossen. Präsident der Viadrina ist der ehemalige Diplomat Gunter Pleuger.

Inhaltsverzeichnis

Leitbild und Schwerpunkte

Die Denkschrift über die Neugründung der Viadrina im Jahr 1991 betont, dass ihr vier spezifische Aufgaben aufgetragen worden sind:

  • Sie soll als Reformuniversität wirken. Das Neue sollte vornehmlich in ihrer Internationalität und ihrer Interdisziplinarität liegen.
  • Sie soll zur Entwicklung der Region diesseits und jenseits der Oder beitragen.
  • Sie soll die deutsch-polnische Zusammenarbeit insbesondere auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Kultur fördern.
  • Sie soll der gesamteuropäischen Integration Impulse geben.

Hinsichtlich der Internationalität legt die Viadrina ihren Schwerpunkt auf Europa, insbesondere Polen, Mittelosteuropa und die Europäische Union (einschließlich der Anrainerregionen bis nach Zentralasien). Allerdings schließt die Konzentration auf Europa den Bezug auf außereuropäische Länder nicht aus – so unterhält die Viadrina weltweit zu ca. 200 Universitäten Kontakte (beispielsweise nach Russland, Nord- und Südamerika, Südafrika oder Australien). Im Lehrangebot äußert sich dieser Schwerpunkt im Angebot von mehrsprachigen Studiengänge, dem Studierendenaustausch, internationalen Lehrveranstaltungen sowie der Sprachausbildung nach europäischen Standards (UNIcert).

Die Interdisziplinarität schlägt sich in fakultätsübergreifenden Studiengängen wie der Master of „European Studies“ oder der Master „Schutz Europäischer Kulturgüter“ sowie interdisziplinär konzipierte Lehrveranstaltungen und Studiengangsordnungen nieder. Im Bereich der Forschung findet sich die Interdisziplinarität in drei Forschungsinstituten der Viadrina verankert: im Interdisziplinären Zentrum für Ethik (IZE), das vornehmlich Fragen der Gerechtigkeit in der Transformation sowie bioethische und mit medizinethische Fragen bearbeitet; im Frankfurter Institut für Transformationsforschung (FIT), in dem Mitglieder aller drei Fakultäten zusammenarbeiten und das sich gerade auch mit Transformationsphänomenen im grenznahen Bereich befasst; und im Heinrich von Kleist Institut, das Literaturwissenschaft und Politik miteinander verbindet.

Hinsichtlich der deutsch-polnischen Zusammenarbeit ist zuerst die Kooperation mit der Partneruniversität in Poznan (der Adam-Mickiewicz-Universität), in der deutsch-polnischen Juristenausbildung (Bachelor sowie Masterof German and Polish Law“) und vor allem das mit Posener Universität gemeinsam betriebene Collegium Polonicum in Słubice zu nennen. Darüber hinaus unterhält die Viadrina zu einer großen Zahl anderer polnischer Universitäten Kontakte.

Fakultäten und Studienangebot

Fakultät der Kulturwissenschaften

Die Fakultät ist inzwischen mit rund 2000 Studierenden die größte Fakultät der Viadrina. Ihr Studienangebot umfasst:

  • Kulturwissenschaften (Bachelor)
  • Die konsekutiven Masterstudiengänge:
    • Intercultural Communication
    • Europäische Kulturgeschichte
    • Soziokulturelle Studien
    • Kultur und Geschichte Mittel- und Osteuropas
  • Nicht-konsekutiven Masterstudiengänge:
    • European Studies (gemeinsamer Studiengang aller drei Fakultäten)
    • Medien Kommunikation Kultur
  • Weiterbildende Masterstudiengänge:
    • Schutz europäischer Kulturgüter
    • Kulturmanagement

Fakultäten der Rechtswissenschaften

Die Fakultät für Rechtswissenschaft bietet den Studiengang Rechtswissenschaften (Erste Juristische Prüfung) sowie folgende Master-Studiengänge an:

  • Mediation (M.A.)
  • Master of International Human Rights and Humanitarian Law (LL.M.)
  • Magister-legum-Studiengang (LL.M.)

Eine Besonderheit stellt des Weiteren die deutsch-polnische Juristenausbildung, der Bachelor und Master of German and Polish Law, dar, den die Viadrina zusammen mit der Adam-Mickiewicz-Universität anbietet.

Fakultät der Wirtschaftswissenschaften

An der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften waren im Wintersemester 2006/2007 mehr als 1.400 Studierende immatrikuliert. Das Studienangebot der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät umfasst die Studiengänge:

  • Internationale Betriebswirtschaftslehre (Bachelor of Science, B.Sc.)
  • Betriebswirtschaftslehre (B.Sc.)
  • Volkswirtschaftslehre (B.Sc.)
  • International Business Administration (B.Sc./ Master of Science, M.Sc.)
  • Management for Central and Eastern Europe (Master of Business Administration, MBA)
  • International Business Informatics (Master of International Business Informatics, MBI).

Geschichte

Übersicht

Papst Julius II. genehmigte am 15. März 1506 die Errichtung der Universität. Von ihrer Gründung durch Kurfürst Joachim I. am 26. April 1506 bis zur Schließung 1811 war die Alma Mater Viadrina zu Frankfurt (Oder) die erste Brandenburgische Landesuniversität. Sie hatte vier Fakultäten: die juristische, theologische, medizinische und philosophische. Schon im ersten Jahr ihres Wirkens immatrikulierten sich dort über 900 Studenten aus den deutschen Gebieten und aus Polen, Schweden, Norwegen und Dänemark; die Stadt Frankfurt hatte damals 5000 Einwohner. Bis zu ihrer Verlegung nach Breslau studierten dort 55.000 Personen. Zu den berühmtesten von ihnen zählen Ulrich von Hutten, Thomas Müntzer, Wilhelm und Alexander von Humboldt, Carl Philipp Emanuel Bach und Heinrich von Kleist. Hauptgebäude der damaligen Universität war das Collegienhaus.

Die im Jahre 1810 in Berlin eröffnete Universität, die nach 1828 den Namen Friedrich-Wilhelms-Universität (heute Humboldt-Universität) erhielt, warf einen großen Schatten auf die Alma Mater Viadrina, so dass diese im Jahre 1811 ihre Pforten schloss. Das Inventar und ein großer Teil der Professoren siedelten nach Breslau über und dienten ab sofort der dortigen Leopoldina. Andere Professoren setzten ihre Lehre in Berlin fort.

180 Jahre später begann im Oktober 1992 die wiedergegründete Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) ihr erstes akademisches Jahr. Gründungsrektor der Universität war Knut Ipsen (1991 - 1993). Von 1993 bis 1999 folgte Rektor Hans Weiler, bis im Jahr 1999 Präsidentin Gesine Schwan das Amt übernahm.

Im Jahr 2004 erlangte die Europa-Universität zusätzliche Bekanntheit durch die Nominierung ihrer Präsidentin Gesine Schwan zur Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten durch die Sozialdemokraten und Bündnis 90/Die Grünen.

Im Sommersemester 2006 wurden an der Viadrina die Feierlichkeiten zur 500-Jahr-Feier der Universität begangen.

Geschichte der Juden an der Alma Mater Viadrina

Bei der Eröffnung der Universität war es, wie in den größten Teilen Europas, den Juden verboten sich zu immatrikulieren. Als der Kurfürst Johann Sigismund 1613 zur reformierten Kirche übertrat entwickelte sich die Frankfurter Universität mehr zu einer calvinistischen Universität. Professor Johann Christoph Beckmann besuchte unter anderem die für jüdische Studenten geöffnete Universität Leiden und ließ sich danach in Amsterdam vom Rabbiner Jacob Abendana „… im Talmudischen und in der arabischen Sprache unterrichten“[3]. Am 29. April 1678 erteilte der Kurfürst Friedrich Wilhelm Gabriel Moschowitz[4] und Tobias Moschowitz[5] als ersten jüdischen Studenten das Recht an der Universität zu studieren. Das Studieren war allerdings durch die Kränkungen und abfällige Bemerkungen über das Judentum durch die Professoren nicht einfach. Ihre Promotion erlangten beide später in Pdau, da es ihnen in Frankfurt verwehrt blieb. Tobias wurde später Leibarzt des Sultans in Konstantinopel. Salomon Liebmann war der nächste erfasste Jude welcher ebenfalls auf besonderen Geheiß des Kurfürsten ab 1695 an der Viadrina studierte. Die erste Promotion eines Juden erfolgte am 15. Oktober 1721. Den Doktorgrad erhielt Moses Salomon Gumpertz welcher zuvor an der Karls-Universität Prag studiert hatte. Bis 1794 promovierten 29 Juden in Medizin, unter ihnen Marcus Elieser Bloch. Der letzte immatrikulierte jüdische Student der alten Universität war Wilh. Salomon Hirschel welcher sich am 28. September 1810 einschrieb. Sein Studium konnte er aber durch die Schließung der Universität in Frankfurt nicht beenden. Insgesamt hatten bis dahin etwa 140 Juden in Frankfurt studiert, die meisten von ihnen aus Polen, aber auch aus Prag, Amsterdam und einer aus London.[6]

Standorte

Die meisten Gebäude und Wohnheime der Viadrina sind im Kern der Stadt, direkt am Fluss und in der Nähe der Grenzbrücke, gelegen. Zusätzlich ist den Studenten der Viadrina die Möglichkeiten gegeben, Wohnheime in der polnischen Nachbarstadt Słubice zu beziehen.

Hauptgebäude

Im über 100 Jahre alten, ehemaligen Regierungsgebäude im Stadtzentrum befinden sich die Universitätsbibliothek, Seminarräume sowie die Büros des Präsidenten, vieler Lehrstühle und große Teile der Universitätsverwaltung.

Bibliothek

Die Universitätsbibliothek wurde terrassenartig in den Innenhof des Hauptgebäudes gebaut. Der konventionelle Medienbestand der Bibliothek umfasst ca. 523.000 Bände und fast 1.200 laufende Zeitschriften. Weiterhin bietet sie 408 Benutzerarbeitsplätze. Die Bibliothek hat den Status eines Europäischen Dokumentationszentrums und ist Mitglied des Kooperativen Bibliotheksverbundes Berlin-Brandenburg (KOBV).

Gräfin-Dönhoff-Gebäude

Das Gräfin-Dönhoff-Gebäude, benannt nach Marion Gräfin Dönhoff, ist ein Neubau. Hier befinden sich die Mehrheit der Hörsäle und Seminarräume sowie die Haupt-Mensa.

Auditorium Maximum

Im Auditorium Maximum befinden sich u. a. das Studentensekretariat, mehrere Seminarräume, Lehrstühle und Verwaltungseinheiten sowie die zweite Mensa und der größte Hörsaal der Universität (Platz für 600 Studierende).

Seminargebäude August-Bebel-Straße

Im Westteil der Stadt befindet sich in der ehemaligen Kaserne in der August-Bebel-Straße ein nah gelegener Nebencampus (Sprachenzentrum). Hier finden die meisten Sprachkurse der Universität statt.

Auszeichnungen

Alljährlich vergibt die Europa-Universität den Viadrina-Preis an Personen, die sich um die deutsch-polnische Verständigung verdient gemacht haben. Bisherige Preisträger: Karl Dedecius, Adam Michnik, Günter Grass, Janusz Reiter, Markus Meckel, Włodzimierz Borodziej, Rudolf von Thadden, Adam Krzemiński und die Kopernikusgruppe.

Persönlichkeiten

Heinrich von Kleist (1777–1811)

Rektoren und Präsidenten

Professoren

Siehe Kategorie:Hochschullehrer (Frankfurt (Oder))

Studierende

Studentische Organisationen

Studentische Ruhepausen inmitten des Lehrbetriebes bietet die an der Universität gelegene Insel Ziegenwerder

Die studentischen Organisationen und Initiativen der Viadrina haben ihren Sitz seit 29. Juni 2006 in der Studentenloge, kurz auch nur Loge:

Studentische Initiativen

  • Absolventennetzwerk Viadrin@lumni
  • Active Portfolio Management
  • Akademische Chor
  • Amnesty International
  • Bundesverband deutscher Volks- und Betriebswirte
  • ELSA Frankfurt (Oder)
  • Frankfurter Frack Freunde
  • GFPS
  • Institut für angewandte Geschichte
  • Interstudis
  • Kunstgriff : Sieć kulturalna - Netzwerk für Kultur e.V
  • Lahoda – Studenteninitiative Belarus e.V.
  • Studentenclub :grotte e.V.
  • Students in Free Entreprises (SIFE)
  • Unicef
  • Viadrina Arbeitskreis Sicherheitspolitik (VIAS)
  • Viadrina Consulting Group e. V. (VCG)
  • Viamun - Viadrina Model United Nations
  • Viasion Medien&Kunst
  • Viaphoniker
  • Vivadrina

Parteinahe studentische Organisationen (zum Teil nicht sicher, inwieweit die genannten Organisationen sich an den Parteien nur orientieren oder doch offiziell dazugehören):

Studentenverbindungen:

Organe der verfassten Studierendenschaft

  • Allgemeiner Studentischer Ausschuss – AStA
  • Studierendenparlament
  • Fachschaftsrat Jura
  • Fachschaftsrat Wirtschaftswissenschaften
  • Fachschaftsrat Kulturwissenschaften
  • Sprachenbeirat

Verweise

Siehe auch

Literatur

  • Jahresberichte des Fördervereins zur Erforschung der Geschichte der Viadrina. Bisher erschienen: Band 1 (1998) - 5 (2005/06). Schöneiche bei Berlin: scrîpvaz-Verlag
  • Modrow, Irina: Wonach in Frankfurt "jeder, der nur wollte, gute Studien machen konnte…" Eine kleine Geschichte der Viadrina. Schöneiche bei Berlin: scrîpvaz-Verlag 2006
  • Höhle, Michael: Universität und Reformation. Die Universität Frankfurt (Oder) von 1506 bis 1550. Köln: Böhlau 2002
  • Knefelkamp, Ulrich (Hrsg.), 'Blütenträume' und 'Wolkenkuckucksheim' in 'Timbuktu' – 10 Jahre Europa-Universität Viadrina. Berlin: scrîpvaz-Verlag 2001
  • Hasse, Günther / Winkler, Joachim (Hrsg.): Die Oder-Universität Frankfurt. Beiträge zu ihrer Geschichte, Weimar: Böhlau 1983
  • Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder (Hg.):: Denkschrift der Europa Universität Viadrina Frankfurt/Oder, Frankfurt/Oder 1993

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Studierenden-Statistik der Europa-Universität Viadrina für das Wintersemester 2008/09
  2. a b euv-ffo.de: Zahlen und Fakten, Stand: April 2009
  3. B. Brilling, Gründung und Privilegien der hebräischen Buchdruckerei in Frankfurt a.O., Breslau 1936, S. 267. Hier nach Ralf-Rüdiger Targiel, Mitteilungen Frankfurt Oder, 1999, S. 10
  4. auch Gabriel ben Mose
  5. auch Tobias ben Mose aus Metz
  6. Ralf-Rüdiger Targiel, Mit kurfürstlicher Genehmigung, immatrikuliert in Frankfurt – Jüdische Studenten an der Viadrina, in Mitteilungen Frankfurt (Oder), Historischer Verein zu Frankfurt (Oder) e.V. (Hrsg.), 1999 Heft 1, S. 10-16

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