Villa Agnes

Villa Agnes
Villa Agnes, Gartenseite im Süden

Die Villa Agnes liegt im Stadtteil Oberlößnitz der sächsischen Stadt Radebeul, in der Lößnitzgrundstraße 2 (ehemals Nizzastraße 13). Das von den Gebrüdern Ziller 1879 erbaute Haus war von 1891 bis 1895 der dritte Radebeuler Wohnsitz des Schriftstellers Karl May.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Villa Agnes, Pavillon mit Blick zu den ähnlichen Nachbarhäusern
Villa Nizzastraße 11 und Villa Agnes, Bauzeichnung von 1879

Die heute unter Denkmalschutz stehende[1], landhausartige Villa ist ein zweigeschossiger Bau auf einem Syenitsockel mit Sandsteinfassung und mit einem sehr flachen Satteldach, das durch hölzerne Akroteren bekrönt wird. Das Gebäude ist aufgrund der Gliederung und Verputzung stilistisch dem Spätklassizismus zuzuordnen, wobei es durch sein hohes Erdgeschoss und das vergleichsweise niedrige Obergeschoss auf griechische Vorbilder verweist.

Die Hauptansicht des Gebäudes zeigt in Richtung Süden zur Nizzastraße, sie ist zugleich die Gartenansicht. Links des Hauptgebäudes steht ein flaches, eineinhalbgeschossiges Nebengebäude mit flachem Dach sowie dem ehemaligen Eingang, das mit dem spiegelbildlich an der Grundstücksgrenze danebenliegenden Nebengebäude der Nizzastraße 11 verbunden ist. Im Gegensatz zur Nizzastraße 11 schließt sich bei der Villa Agnes auf der Nordseite des Nebengebäudes ein weiteres zweigeschossiges Nebengebäude mit einem sehr flachen Satteldach an, dessen Giebel im Rechten Winkel zum Hauptgebäude steht.

Auf der rechten Seite des Hauptgebäudes steht ein polygonaler, eingeschossiger Anbau mit einem Mezzanin obenauf, der lediglich kleine Fensteröffnungen unter den vorkragenden, flachen Walmdach aufweist. Vor diesem Bau in Richtung Süden steht eine große Veranda mit einem Austritt obenauf. Hinter dem Anbau in Richtung Norden befindet sich ein schmaler, zweigeschossiger Vorbau. Auf der Rückseite des Hauptgebäudes befindet sich in der Mitte ein Söller mit dem heutigen Eingang, obenauf ein überdachter Austritt mit einem Holzgeländer.

Die glatt verputzte Gebäudegruppe wird durch Sandsteingewände gegliedert. Die Fensterbrüstungen des Erdgeschosses weisen Blendbalustraden mit Terrakottabalustern auf, über den Fenstern befinden sich Dreiecksgiebelverdachungen. Die niedrigeren Fenster im Obergeschoss liegen zwischen zwei Gesimsen, die um das gesamte Gebäude herumlaufen, und werden jeweils auf beiden Seiten durch Putzpilaster gefasst.

Die pavillonartige, achteckige Gartenlaube mit Holzstabgittern steht an der Stelle des Aussichtshügels oder auch Eckhügels[2] an der Grundstücksecke zur Straßenkreuzung. Sie hat eine Welsche Kupferhaube mit Spitze und Wetterfahne. Im Garten steht ein Schalenbrunnen. Die Einfassung des Anwesens besteht zu Teilen aus Syenitbruchsteinmauern, die gleich nördlich der Gartenlaube mehrere segmentbogige, vergitterte Öffnungen aufweisen.

Geschichte

Villa Agnes, Eingangsseite im Norden
Skulptur „Flora mit Putto“ von Burkhart Ebe auf dem Hörningplatz vor der Rückseite der Villa Agnes im winterlichen Gegenlicht

Der Serkowitzer Baumeister Moritz Ziller beantragte im Februar 1879 auf eigene Rechnung, das Eckgrundstück Nizzastraße 13 (heute Lößnitzgrundstraße 2) gemeinsam mit dem Nachbargrundstück Nizzastraße 11 zu bebauen. Nach der Genehmigung im März 1879 erfolgte im November eine Planänderung, aufgrund derer spiegelbildlich gemeinsam mit dem Nachbargrundstück jeweils ein zusätzliches eingeschossiges Nebengebäude als Leutestube, Waschküche sowie zur Aufbewahrung von Brennholz direkt auf der Grundstücksgrenze beantragt wurde. Die Baufertigstellung erfolgte 1880.

Vom 8. April 1891 bis zum Dezember 1895[3] mietete der Schriftsteller Karl May das Haus, noch unter der Adresse Nizzastraße 13, bei dem Dresdner Friedrich Wilhelm Sauerzapf[4], bevor er sich die ebenfalls von den Gebrüdern Ziller errichtete Villa Shatterhand gleich hinter der gerade fertiggestellten Lutherkirche kaufte. In der Villa Agnes entstanden zahlreiche seiner Bücher.[5] Im Mai 1891 wurde in die Villa eingebrochen und unter anderem das Notizbuch Mays gestohlen. Dieses konnte bei der wenig später erfolgten Verhaftung des vorbestraften Täters wieder sichergestellt werden.[4] May jedoch verbarrikadierte sich auf dem Grundstück. Friedrich Ernst Fehsenfeld, der May später im Jahr besuchte, um die Herausgabe der Gesammelten Reiseromane zu besprechen, erinnerte sich später: „Wir gingen in seine Wohnung. Gleich wurde ich, der ich aus dem gemütlichen Süddeutschland kam, in eine Stimmung von Gefahren und ihrer Begegnung hineinversetzt. War doch das ganze Grundstück von einem Bretterverschlag eingeschlossen, von dessen Kante eiserne Stacheln herabdräuten. Man konnte von außen nicht hineinsehen. Und Gartentür und Haus wurden nach unserem Eintritt wieder fest verschlossen und verriegelt.“[6]

Um 1900 wurde an der Grundstücksecke zur Straßenkreuzung eine achteckige Gartenlaube aufgestellt.

1902 und 1903 ließ der Besitzer Richard Barchewitz von Josephi auf der Rückseite im Norden Umbauten am Hauptgebäude sowie den Anbau an das Nebengebäude vornehmen.

1910 erfolgte durch den folgenden Besitzer, Direktor K. Nauels, die Erweiterung im Osten um einen polygonalen Vorbau nebst Veranda zum Garten.

Typgleiche Villen

Literatur

  • Frank Andert (Redaktion); Große Kreisstadt Radebeul. Stadtarchiv Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2. Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9. 
  • Markus Hänsel; Thilo Hänsel; Thomas Gerlach (Nachwort): Auf den Spuren der Gebrüder Ziller in Radebeul. 1 Auflage. Notschriften Verlag, Radebeul 2008, ISBN 978-3-940200-22-8. 
  • Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen: Stadt Radebeul. SAX-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3. 
  • Hans-Dieter Steinmetz: Karl Mays Wohnsitze in der Lößnitz. Architekturzeichnungen ersetzen fehlende historische Fotos. In: Karl May Haus Information. Nr. 20, Radebeul 2007.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Verzeichnis der Kulturdenkmale der Stadt Radebeul. Große Kreisstadt Radebeul, 17. April 2008, S. 20, abgerufen am 19. Juli 2009 (PDF).
  2. Kerstin Dietze: Villengärten in Radebeul. In: verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul (Hrsg.): Beiträge zur Stadtkultur der Stadt Radebeul. Radebeul 2001.
  3. laut Informationstafel am Eingang zum Grundstück
  4. a b 'Villa Agnes' im Karl-May-Wiki
  5. Biografische Notizen zu Karl Friedrich May (Die Jahre 1875–1912): Die Villa Agnes findet sich unter der Adresse Nizzastraße 13 aufgeführt.
  6. Hans-Dieter Steinmetz: Wanderungen in Radebeul
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