Vogelherd

Vogelherd

Ein Vogelherd ist ein Fangplatz, an dem verschiedene Vögel gefangen wurden. Der Vogelfang war bis ins 19. Jahrhundert eine beliebte Freizeitbeschäftigung auch oberer Gesellschaftsschichten. Je nach Saison und Vogelart kamen in der Regel unterschiedliche Vogelfallen zum Einsatz. Neben fest eingerichteten Vogelherden gab es auch andere Formen der Vogeljagd. Während als Vogelherd meist Fangplätze für Kleinvögel bezeichnet werden, schließen Vogelweiden auch Fangplätze für Jagdvögel ein.

Nachweise

Viele Flurnamen (Am Vogelherd, Vogelsperre, Vogelsberg, Zum Vogelfänger, Vogler...) erinnern an solche Areale. Einige dieser Fangplätze konnten bereits archäologisch oder archivalisch nachgewiesen werden oder sind auf zeitgenössischen Illustrationen überliefert.

In Bayern haben sich einige mutmaßliche oder gesicherte Vogelherde als rechteckige oder ovale Bodenerhebungen erhalten (Erdwerk im Taitinger Holz). Hier lassen sich auch einige sogenannte Roccoli (Rockerl) nachweisen. Es handelt sich hierbei um Erdhügel, die entweder speziell für diesen Zweck aufgeworfen wurden oder ursprünglich Turmhügel oder frühgeschichtliche Grabhügel gewesen sein könnten. Der Kupferstecher Michael Wening überlieferte auch diese ursprünglich aus Süditalien stammende Sonderform auf einem seiner Stiche (Turmhügel Kaysersberg). Im Tessin standen sogar steinerne Beobachtungstürme auf solchen Fanghügeln. Vogelherde befanden sich beispielsweise auf dem Schmausenbuck in Nürnberg. Dort wurden die Vögel bis zum Verbot 1806 durch sogenannte Vogelsulzen (Wasserstellen) angelockt und mit Leimruten und Netzen für den späteren Verzehr gefangen.

Die archäologische Wiederentdeckung dieses Bodendenkmaltyps gelang sozusagen als Nebenprodukt der topographischen Denkmälervermessung. Vorher wurden viele Vogelherde gelegentlich für kleine Wehranlagen oder Langhügelgräber gehalten oder waren sogar esoterischen Interpretationen ausgesetzt.

Literatur

Die Gasse Finkenherd in Quedlinburg. Die Inschrift unter dem Straßenschild lautet: Die sagenreiche Stelle, wo dem Sachsenherzoge Heinrich die deutsche Königkrone angeboten sein soll

Johann Nepomuk Vogl beschreibt in seiner Ballade Herr Heinrich sitzt am Vogelherd (1835), wie König Heinrich dem Vogler nahe bei einem Vogelherd die Kaiserkrone angetragen worden sei. Dies ist eine Geschichtslegende, deren Ausschmückungen (u.a. war Heinrich niemals Kaiser, stets nur deutscher König) im geschichtlichen Zusammenhang jedoch nicht bestätigt sind, auch wenn in Quedlinburg bis heute der legendäre Finkenherd als historischer Schauplatz gezeigt wird.

In Theodor Fontanes Ballade Archibald Douglas (1854) erinnert der gealterte Graf Douglas den schottischen König Jakob "an den See und den Vogelherd", wo sie einst zusammen gejagt hätten.


  • Hermann Kerscher: Il Roccolo – Das Rockerl: In: Das archäologische Jahr in Bayern 1990. Stuttgart, 1991, S. 183 ff.
  • Hermann Kerscher: Vogelherde in Nordostbayern. In: Das archäologische Jahr in Bayern 1991. Stuttgart, 1992, S. 201 ff.
  • K. Lindner: Die Jagd im frühen Mittelalter. Berlin, 1940

Weblinks


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