- Voigtsche Notation
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Unter der Voigtschen Notation versteht man eine praktische Schreibweise für symmetrische Tensoren in der Kontinuumsmechanik, benannt nach dem Göttinger Physiker Woldemar Voigt.
In der Kontinuumsmechanik werden Spannungen und Verzerrung als Tensoren zweiter Stufe aufgefasst. Ein Konstitutivgesetz verknüpft beide Größen miteinander. Im folgenden wird als Kostitutivgesetz das Hookesche Gesetz betrachtet, das eine lokale, linear-elastische Abhängigkeit der Spannungen von den Verzerrungen postuliert. Die Verknüpfung erfolgt dann durch einen Tensor vierter Stufe (3×3×3×3 Komponenten!). Ein solcher Tensor lässt sich nur schwer handhaben:
- Ein dreidimensionaler Tensor zweiter Stufe lässt sich in eine 3×3-Matrix auf Papier schreiben
- Ein dreidimensionaler Tensor dritter Stufe lässt sich schon nicht mehr so einfach notieren, denkbar wäre die Eintragung der Komponenten in 3×3×3 Teilwürfel, wie man sie sich bei einem Zauberwürfel vorstellen kann.
- Bei höherstufigen Tensoren versagt auch dieser Ansatz
Die in der angewandten Kontinuumsmechanik gebräuchliche Voigt-Notation nutzt zum Ersten die Symmetrie des Verzerrungs- und Spannungstensors aus, wodurch sich die Zahl der zu notierenden Komponenten von 9 auf 6 reduziert. Darüber hinaus werden die Komponenten nicht mehr als Matrix, sondern – einer fest vorgegebenen Konvention folgend – als Vektor notiert.
Die Komponenten des symmetrischen dreidimensionalen Verzerrungstensors
werden in der Voigt-Notation wie folgt angeordnet
Die Schubkomponenten des Verzerrungstensor gehen mit dem Faktor 2 und somit den im Ingenieurswesen häufiger anzutreffenden Gleichungen entsprechend ein. Für den Spannungstensor
gilt hingegen die etwas intuitivere Konvention
Mit dieser Notation, sowie einer angemessenen Darstellung des Elastizitätstensors als quadratische 6×6-Matrix lässt sich das Hookesche Gesetz als Matrix-Vektor-Produkt formulieren
Man beachte, dass die Anordnung der Komponenten in Voigt-Notation (im Gegensatz zu den Metriken der zu Grunde liegenden Tensoren) eigentlich willkürlich ist. Umso wichtiger ist es darum der einmal definierten Konvention strikt zu folgen. Wird die Voigtnotation innerhalb einer Anwendung unterschiedlich definiert, so führt dies zwangsläufig zu Rechenfehlern. Immer wieder verwirrend wirkt sich dabei die Behandlung der Schubkomponenten aus. Eine wünschenswerte Eigenschaft ist in diesem Zusammenhang, dass das Skalarprodukt von Verzerrungs- und Spannungstensor in Voigt-Notation deren innerem Tensorprodukt entspricht, d.h.
Dies ist unter Beachtung obiger Konventionen der Fall. Nicht jedoch, wenn Verzerrungs- und Spannungsschubkomponente beide nur mit dem Faktor 1 in die Voigtsche Schreibweise eingegangen wären. Dieses Beispiel zeigt deutlich die Unzulänglichkeit der Voigt-Notation, sobald man versucht sie auf mehr als das Konstitutivgesetz (hier: Hookesches Gesetz) anzuwenden. Im Allgemeinen lassen sich die Rechenregeln der Tensoranalysis nicht auf die Voigt-Notation übertragen (zum Beispiel Rotationen, Differentialoperatoren), was die Bedeutungslosigkeit der Voigt-Notation für die theoretische Kontinuumsmechanik begründet.
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