Walther Künneth

Walther Künneth

Walter Künneth (* 1. Januar 1901 in Etzelwang; † 26. Oktober 1997 in Erlangen) war ein deutscher evangelischer Theologe. Während der Zeit des Nationalsozialismus engagierte er sich in der Bekennenden Kirche, in den 1960er Jahren galt er in der Diskussion um die Forderung Bultmanns nach einer Entmythologisierung des Neuen Testaments als Befürworter einer wortlautorientierten Bibelauslegung. Nach ihm ist der Walter-Künneth-Preis benannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend und Ausbildung

Walter Künneth war das vierte Kind des Pfarrers Lorenz Künneth. Er wuchs im Ort der zweiten Pfarrstelle seines Vaters, in Hersbruck, auf. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums in Erlangen studierte Künneth von 1920 bis 1924 evangelische Theologie in Erlangen und Tübingen. 1924 promovierte er bei Friedrich Brunstäd in Philosophie über die Gottesidee Richard Rothes. Er gehörte der christlichen Studentenverbindung Wingolf an.

Berufliche Entwicklung

1926 wurde Künneth auf eine Dozentenstelle der Apologetischen Centrale im Evangelischen Johannesstift Berlin-Spandau, eine Abteilung des Centralausschusses für Innere Mission, berufen. Die apologetische Arbeit am Johannesstift befasste sich mit den Weltanschauungen und religiösen Vorstellungen der Weimarer Republik und des heraufziehenden Dritten Reiches. 1927 legte Künneth in Ansbach sein zweites theologisches Examen ab und promovierte mit einer Arbeit über Kierkegaards Sündenbegriff bei Bachmann zum Lizentiaten der evangelischen Theologie. Nach seiner Habilitation 1930 in Berlin hielt er als Privatdozent apologetische und theologische Vorlesungen. 1932 wurde er Leiter der Apologetischen Centrale. Nachdem diese 1937 geschlossen und ihre Arbeit verboten wurde, erhielt Künneth Schreib- und Redeverbot für das ganze Reichsgebiet. Im folgenden Jahr verschaffte ihm jedoch Hans Meiser eine Pfarrstelle in Starnberg. 1944 wurde er ins Dekanat Erlangen berufen.

1946 wurde Künneth Honorarprofessor der Theologischen Fakultät Erlangen, 1953 übernahm er den Lehrstuhl Werner Elerts. In umfangreichen Arbeiten analysierte er fortan staatsethische Fragen (Der große Abfall, 1947; Politik zwischen Dämon und Gott, 1954).

Kirchenpolitisches Engagement

Gemeinsam mit Martin Niemöller, Pfarrer in Berlin-Dahlem, und dem damaligen Generalsekretär der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung (DCSV) Hanns Lilje gründete Künneth im Mai 1933 die "Jungreformatorische Bewegung", die sich gegen eine "Gleichschaltung" der evangelischen Kirchen durch den NS-Staat wandte. Als Mitglied der Bekennenden Kirche gehörte Künneth zu einer illegalen BK-Prüfungskommission in Berlin-Spandau unter Vorsitz von Heinrich Albertz. Im Frühjahr 1935 veröffentlichte er eine 200-seitige Antwort auf das nationalsozialistische Standardwerk der Rassenideologie, Alfred Rosenbergs Mythus des 20. Jahrhunderts (Antwort auf den Mythus - Die Entscheidung zwischen dem nordischen Mythus und dem biblischen Christus). In dieser Schrift kritisierte Künneth die nichtchristliche Ideologie Rosenbergs, stimmte im gleichen Zuge aber dessen Antisemitismus zu und sprach von einem u.a. "minderwertigen" und "zersetzenden" "Weltjudentum"[1]. Aufgrund des großen Erfolgs dieser Schrift (36.000 Exemplare innerhalb von 3 Monaten) antwortete die Gestapo mit Verfolgung. Künneth wurde geheim überwacht, die Apologetische Centrale geschlossen und ihre Arbeit verboten. 1937 erhielt Künneth "Schreib- und Redeverbot für das ganze Reichsgebiet", die Lehrerlaubnis (venia legendi) wurde ihm entzogen. Die von ihm verfasste Erwiderungsschrift Evangelische Wahrheit! Ein Wort zu Alfred Rosenbergs Veröffentlichung: "Protestantische Rompilger, Der Verrat an Luther und der Mythus des 20. Jahrhunderts" (1937) wurde unmittelbar vor ihrem Erscheinen von der Gestapo beschlagnahmt und vernichtet.

Auf der anderen Seite unterstützte Künneth – zumindest zu Beginn des Dritten Reiches – die Verfolgung religiöser Minderheiten durch NS-Organisationen, wie durch die Gestapo. Besonders die Verfolgung der Zeugen Jehovas förderte er durch Informationsleistungen und erwähnte die in seinen Augen immer besser und intensiver werdende Zusammenarbeit mit der Gestapo hinsichtlich der Verfolgung.[2]

Mitte der 60er Jahre befürwortete Künneth aus theologischer Sicht die Todesstrafe und vertrat die Meinung, dass es sich bei ihrer Abschaffung „um eine sittliche Schwäche, um das Eingeständnis staatspolitischer Profanierung“[3] handele.

Auseinandersetzung mit Rudolf Bultmann

In den fünfziger und sechziger Jahren engagierte sich Künneth zunehmend in dem Streit um Rudolf Bultmanns Forderung nach einer Entmythologisierung des Neuen Testaments. Im Zentrum dieser Forderung Bultmanns standen die Frage nach der Auferstehung Jesu sowie die Christologie (Deutung der Person Jesu). Künneth wurde 1966 neben Peter Beyerhaus, Paul Deitenbeck, Rudolf Bäumer, Gerhard Bergmann und Wilhelm Busch Mitbegründer der Bekenntnisbewegung Kein anderes Evangelium. 1967 verfasste er zusammen mit Bäumer die "Düsseldorfer Erklärung" zur Christologie.

Ehrungen

Im Dezember 1945 erhielt Künneth die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät Erlangen, 1962 den Bayerischen Verdienstorden und 1966 die theologische Ehrendoktorwürde des Wartburg Theological Seminary (Iowa, USA) sowie das Große Bundesverdienstkreuz. 1981 wurde ihm der Bayerische Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst verliehen.

Schriften (Auswahl)

  • Theologie der Auferstehung, 1. Auflage 1933, 6. Auflage 1982
  • Das Judenproblem und die Kirche. In: Walter Künneth und Helmuth Schreiner (Hrsg.): Die Nation vor Gott. Zur Botschaft der Kirche im Dritten Reich. Berlin 1933, S. 90–105 (3. Aufl. 1934: S. 115–137)
  • Der große Abfall. Eine geschichtstheologische Untersuchung der Begegnung zwischen Nationalsozialismus und Christentum, Hamburg 1947
  • Politik zwischen Dämon und Gott. Eine christliche Ethik des Politischen, Berlin 1954
  • Lebensführungen. Der Wahrheit verpflichtet. Wuppertal 1979

Literatur

  • Walter Künneth. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
  • Axel Töllner: Eine Frage der Rasse? Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern, der Arierparagraf und die bayerischen Pfarrfamilien mit jüdischen Vorfahren im „Dritten Reich“. W. Kohlhammer, Stuttgart 2007 (Konfession und Gesellschaft. Beiträge zur Zeitgeschichte Bd. 36) ISBN 978-3-17-019692-6

Quellen

  1. vgl.: Ernst Klee: Persilscheine und falsche Pässe: wie die Kirchen den Nazis halfen. Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1991, S. 133 und S. 181.
  2. So schrieb Künneth am 16. Dezember 1933 an die Reichskirchenregierung: „Der Materialaustausch zwischen dem Geheimen Staatspolizeiamt und der Apologetischen Centrale hat bereits begonnen. Auch mit dem Propaganda-Ministerium wurde Fühlung aufgenommen. Es besteht die Aussicht, dass auch hier eine Arbeitsverbindung zu Stande kommt. Auch das Reichsinnenministerium hat in den vergangenen Monaten der Apologetischen Centrale wiederholt wichtiges Material zur Durchprüfung und praktischen Ausnutzung zur Verfügung gestellt“ (Evangelisches Zentralarchiv 1/C3/392; zitiert nach Juden – Christen – Deutsche 1, S. 412).
  3. Walter Künneth: Die theologischen Argumente für und wider die Todesstrafe, in: Die Frage der Todesstrafe. Zwölf Antworten. Fischer Bücherei, Frankfurt am Main, 1965, S. 148–158; 158.

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