Wassersäulenmaschine

Wassersäulenmaschine

Eine Wassersäulenmaschine ist eine Maschine zur Nutzung von Wasserkraft. Sie wurde zunächst eingesetzt, um Wasser aus einem Bergwerk zu befördern.[1] Wassersäulenmaschinen wurden auch als Antrieb der Fahrkunst genutzt.[2] Neben dem Einsatz als Antriebsmaschine im Bergbau wurde die Wassersäule auch in anderen Bereichen verwendet. Im 19. Jahrhundert wurde eine Wassersäulenmaschine für den Betrieb des Blasebalgs einer Orgel benutzt.[3]

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliches

Freiberger Wassersäulenmaschine (1900)

Im Jahr 1731 wurde die erste Wassersäulenmaschine von den beiden Geistlichen de la Deuille und Denisart entworfen. Am 21. November des Jahres 1741 reichte der Ingenieur-Fähnrich Winterschmidt aus dem Fürstentum Wolfenbüttel ein Promemoria über eine von ihm erfundene Wassersäulenmaschine beim Bergamt in Clausthal ein. Im Anschluss daran wurde ein Vertrag zwischen dem Bergamt und dem Ingenieur-Fähnrich Winterschmidt über die Lieferung einer Wassersäulenmaschine geschlossen. Nach der Fertigstellung arbeitete die Maschine in einem Bergwerk zur Zufriedenheit der Bergbehörde. Im Jahr 1749 nutzte der Oberkunstmeister Josef Karl Höll das Prinzip des Heronballs zur Förderung von Grubenwasser. Diese sogenannte Luftmaschine wurde im März des Jahres 1753 auf dem Amalienschacht in Betrieb genommen. Die Maschine verursachte aber gewaltige Stöße und Erschütterungen, sodass selbst der Schacht dadurch in Mitleidenschaft gezogen wurde. Aus diesem Grund wurde im Jahr 1808 die Steuerung der Maschine umgerüstet. Seit dem Jahr 1912 steht die Originalmaschine im Deutschen Museum in München.[4]

Grundlagen

Beim Übergang zum Tiefbau standen die Bergwerksbetreiber vor dem Problem, die anfallenden Grubenwässer abzuführen. Insbesondere bei Bergwerken mit hohem Anteil von Grubenwasser reichten die verwendeten Wasserräder für den Antrieb der Wasserkünste oftmals nicht mehr aus, um eine wirksame Wasserhaltung zu gewährleisten. Diese Maschinen hatten einen sehr schlechten Wirkungsgrad. Im 18. Jahrhundert wurden die ersten Dampfmaschinen zur Wasserhebung in Bergwerken eingesetzt. In den brennstoffarmen Bergbauregionen konnten diese nicht eingesetzt werden. Hier waren die Wassersäulenmaschinen eine Alternative zu den mittels Wasserkraft angetriebenen Pumpenkünsten.[2] Gerade in den Bergbauregionen, in denen nur kleine Mengen an Aufschlagwasser, jedoch eine genügend große Fallhöhe vorhanden war, konnten Wassersäulen nutzbringend eingesetzt werden. Eine Wassersäulenmaschine benötigt einen erheblich geringeren Platzbedarf, als die verwendeten Wasserradkaskaden, und hat gleichzeitig einen besseren Wirkungsgrad.[5] Wassersäulenmaschinen hatten einen Wirkungsgrad von 83 Prozent, der Gesamtwirkungsgrad mit angekoppelter Pumpe lag bei 66 Prozent.[6]

Aufbau

Reichenbachsche Wassersäulenmaschine im Museum Klaushäusl

Jede Wassersäulenmaschine besteht aus einem Einfallrohr, über das das Aufschlagwasser eingeleitet wird. Das Aufschlagwasser wird dem Treibzylinder zugeleitet. Im Treibzylinder befindet sich ein gut abdichtender Kolben. Der Kolben ist mit mehreren Saug- und Druckwerken oder mehreren Kunstsätzen verbunden.[5] Es gibt einfachwirkende und doppeltwirkende Wassersäulenmaschinen. Bei den einfachwirkenden Maschinen wird die Rückführung des Kolbens durch sein eigenes Gewicht oder durch ein mit dem Kolben verbundenes Gewicht erzielt. Bei den doppeltwirkenden Maschinen wird die Rückführung des Kolben durch den Druck des Aufschlagwassers erwirkt.[7] Die Aufschlagwasserzuteilung wird über eine Steuerung reguliert.[5] Diese Steuerung besteht aus zwei Steuervorrichtungen. Eine Vorrichtung steuert das abwechselnde Einlaufen und Absperren des Aufschlagwassers. Die andere Vorrichtung verbindet die erste Steuereinheit mit dem Treibkolben, damit sich dieser ohne einen zusätzlichen Antrieb bewegt. Anfänglich wurde eine Hahnsteuerung verwendet, diese wurde aber bald durch eine Kolbensteuerung ersetzt.[8] Die Steuerzylinder bei der Kolbensteuerung besitzen jeweils zwei Kanäle, die den Zu- und Abfluss des Wassers zum Treibzylinder ermöglichen. Im Steuerungszylinder befindet sich eine Stange mit zwei Steuerungskolben.[9]

Funktion

Die Wassersäulenmaschine arbeitet nach dem Prinzip der perpendikulären Röhre.[1] Dabei wird der hydrostatische Druck der Wassersäule genutzt.[10] Durch die wechselweise Auffüllung mit Aufschlagwasser wird der Kolben im Treibzylinder hin und her bewegt. Durch die Kolbensteuerung werden die Ventile, nachdem der Kolben zurückgesetzt wurde, geöffnet. Dabei wird das Wasser durch den zurückgedrückten Kolben über eine Öffnung aus dem Treibezylinder gedrückt. Im Gegenzug strömt auf der anderen Kolbenseite wiederum Wasser ein.[2] Wassersäulenmaschinen sind sogenannte Langsamläufer, sie haben nur eine Taktzahl von vier bis acht Takten pro Minute. Der Druck des Aufschlagwassers konnte bei 400 Meter Fallhöhe 40 Bar betragen.[10] Durch die Bewegung des Kolbens wird eine mit dem Kolben verbundene Kolbenpumpe bewegt. Mit dieser Kolbenpumpe wird dann das Grubenwasser abgepumpt.[6]

Probleme beim Einsatz

Der betriebliche Einsatz der Wassersäulenmaschine gestaltete sich in den ersten Jahren oftmals problematisch. Hauptursache für Störungen an den Maschinen waren Dichtigkeitsprobleme. Die Kolbendichtungen der Maschine wurden bis ins 19. Jahrhundert aus Leder gefertigt. Dieses Material war hohen Betriebsdrücken von bis zu 60 Bar ausgesetzt. Diesen hohen Betriebsdrücken und der Dauerbelastung konnten die Lederdichtungen nicht lange widerstehen. Auch bei einer modifizierte Version aus dem Jahr 1755 mit verbesserter Ventilsteuerung kam es häufig zu Steuerungsproblemen. Außerdem wurden die Maschinen aufgrund des unelastischen Laufs öfters beschädigt. Die Weiterentwicklung scheiterte an den finanziellen Problemen und am politischen Kompetenzgerangel. Erst die neueren im Jahr 1820 von Johann Karl Jordan entwickelten Wassersäulenmaschinen arbeiteten mehrere Jahre ohne Beanstandungen. Bei diesen doppelt wirkenden Zweizylindermaschinen der Bauart nach Christian Friedrich Brendel wurde die Laufruhe der Maschinen erheblich verbessert. Diese verbesserte Laufruhe wurde durch die Erzeugung eines entsprechenden Gegendrucks bei der Rückführung des Aufschlagwassers erreicht. Der Gegendruck der Maschine wurde durch eine tiefer gelegene Maschinenkammer erzeugt.[2]

Einzelnachweise

  1. a b Carl Friedrich Richter: Neuestes Berg-und Hütten-Lexikon. Zweiter Band, Kleefeldsche Buchhandlung, Leipzig 1805
  2. a b c d Wilfried Ließmann: Historischer Bergbau im Harz. 3. Auflage, Springer Verlag, Berlin und Heidelberg 2010, ISBN 978-3-540-31327-4
  3. Emil Maximilian Dingler (Hrsg): Polytechnisches Journal. Achtundvierzigster Band, Jahrgang 1858, Druck und Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung, Stuttgart und Augsburg 1858
  4. F.M. Feldhaus: Die Technik der Vorzeit, der geschichtlichen Zeit und der Naturvölker. Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig und Berlin 1914
  5. a b c Franz Anton Ritter von Gerstner (Hrsg): Handbuch der Mechanik. Dritter Band, gedruckt bei J. P. Sollinger, Wien 1834
  6. a b Moritz Rühlmann: Allgemeine Maschinenlehre. Erster Band, Verlag C. A. Schwetschke und Sohn, Braunschweig 1862
  7. H. Schellen: Die Schule der Elementar-Mechanik und Maschinenlehre. Zweiter Theil, Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1862
  8. Carl Stegmayer: Handbuch der Bergbaukunst für Jedermann. Verlag von J. L. Kober, Prag 1862
  9. F. E. Johannes Crüger: Grundzüge der Physik mit Rücksicht auf Chemie. Zehnte Auflage, g. W. Körner's Verlagsbuchhandlung, Erfurt 1866
  10. a b Martin Schmidt: Wasserhistorische Forschungen Schwerpunkt Montanbereich. Herstellung Books on Demand GmbH, Norderstedt, ISBN 3-8330-0729-X

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