Wasserhaltung

Wasserhaltung

Als Wasserhaltung bezeichnet man im Bergbau alle Grubenbaue, Räume und technischen Einrichtungen, die dazu dienen, das Grubengebäude von Grubenwasser frei zu halten. Außerdem bezeichnet der Bergmann den Betriebsvorgang Entfernen des Grubenwassers aus dem Untertagebereich als Wasserhaltung.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliches

Wasserrad zur Wasserhaltung im Bergwerk Rammelsberg
Handpumpe zur Wasserhaltung, Silberbergwerk Suggental

Im frühen Bergbau wurde bis ins 13. Jahrhundert, in einigen Bergbaurevieren sogar bis ins 16. Jahrhundert, die Wasserhaltung manuell betrieben. Dazu wurden Bergleute als sogenannte Wasserknechte eingesetzt und diese mussten das Wasser mittels Ledereimern, Kannen, Holzeimern oder Töpfen aus dem Bergwerk befördern. Mit dieser Art der Wasserhaltung konnten Grubenbaue mit Teufen von 20 bis 30 Metern entwässert werden. Allerdings war für diese Art der Wasserhaltung ein hoher Bedarf an Wasserknechten erforderlich. In einigen Bergwerken waren oft mehr Wasserknechte mit der Wasserhaltung beschäftigt als Hauer vor Ort waren. Im Freiberger Revier wurden bis zu 2000 Wasserknechte eingesetzt, um die Gruben zu entwässern. Dies war mit hohen Kosten verbunden, was wiederum den Erlös schmälerte.

Je tiefer die Schächte wurden, umso schwieriger gestaltete sich die manuelle Wasserhaltung. Ab dem 14. Jahrhundert wurden spezielle Wasserhebemaschinen im Bergbau eingesetzt. Anfangs wurden diese Maschinen noch mit menschlicher Muskelkraft, später dann mit Pferden mittels Pferdegöpel angetrieben. Die ersten im Bergbau eingesetzten Wasserhebemaschinen waren die Bulgenkunst und später die Heinzenkunst. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts wurden die Pumpenkünste zur Wasserhaltung eingesetzt. Diese mit Wasserkraft angetriebenen Maschinen bezeichneten die Bergleute als Wasserkünste. Die Wasserkünste wurden mittels eines ausgeklügelten Systems von Teichen, Kunstgräben und Entwässerungsstollen betrieben.[2]

Zur Wasserhaltung in Freiberg gibt es zum Beispiel die Revierwasserlaufanstalt Freiberg, ein System von Stauseen, die zwischen 1558 und 1882 für den Bergbau im Erzgebirge gebaut wurden. Von 1844 bis 1884 wurde der etwa 50 km lange Rothschönberger Stolln gebaut, der ebenfalls zur Entwässerung diente.[3]

Während der Erzbergbau dieses System der Wasserhaltung lange Zeit nutzte, wurde im Steinkohlenbergbau sehr bald die Wasserhaltung mittels Dampfmaschinen getätigt.[4] Im Ruhrbergbau war erst mit einer leistungsfähigen Wasserhaltung das Abteufen tieferer Schächte möglich geworden, um Flöze in größeren Tiefen abzubauen. Die ersten Dampfmaschinen im Ruhrbergbau wurden nicht zur Förderung, sondern zur Wasserhaltung genutzt. Die Dampfmaschine wurde neben dem Schacht angeordnet und über ein Gestänge, das bis zum Schachtsumpf reichte, wurde die unter Tage angeordnete Pumpe angetrieben. Dieser Pumpenantrieb war sehr störanfällig, bildete aber lange Zeit die einzige technische Möglichkeit, größere Grubenwassermengen abzuführen.

Grundlagen

Die in den Grubenbauen in unterschiedlicher Menge vorhandenen Grubenwässer bilden beim Grubenbetrieb eine Schwierigkeit, die der Bergmann überwinden muss, um eine Lagerstätte ausbeuten zu können. Dazu ist die Wasserhaltung erforderlich, die dazu dient, das Grubenwasser entweder zu heben oder anderweitig abzuleiten oder abzusperren, um Wassereinbrüche und Sickerwasser abzuwehren. Konkret handelt es sich um alle Maßnahmen, technische und organisatorische Vorkehrungen, um abgeteufte Schächte und Bergwerke sowohl unter dem Aufschlag- als auch dem Grundwassereinfluss benutzbar zu halten. Dabei bedient sich der Bergmann verschiedener Verfahren:[5]

Ohne fortlaufend funktionierende Wasserhaltung saufen Schächte und Bergwerksanlagen binnen kurzer Zeit ab und werden unbenutzbar und müssen zur Wiedernutzbarmachung gesümpft werden.

Besondere Anforderungen an die Wasserhaltung stellt der Salzbergbau, der eine Verwendung von Wasserkraft im Bergwerk ausschließt. Wegen der Gefahren von Auswaschungen der Salzlager muss das Eindringen von Wasser hier verhindert werden, und die Hebung des Grundwassers stellt besondere Anforderungen. Werden diese Anforderungen vernachlässigt, kann es zu Katastrophen kommen, wie im August 1977 im polnischen Wapno.

Methoden zur Wasserhaltung

Zur Wasserhaltung nutzt der Bergmann verschiedene Verfahren und Methoden, dabei unterscheidet der Bergmann zwischen der Wasserlosung und der Wasserhebung. Hierzu bedient er sich der folgenden Techniken:

  • Abdämmung oder Zurückhaltung des Wassers, damit es nicht in die Grubenbaue eindringen kann
  • Nutzung des natürlichen Abfluss des Wassers über Wasserröschen oder Wasserlösungsstollen
  • Entfernen des Wassers aus dem Grubengebäude mittels Gefäßen oder Pumpen

Wasserlosung

Als Wasserlosung bezeichnet man alle Vorkehrungen, die dazu dienen, das Wasser von den Grubenbauen fern zu halten. Auch die Nutzung des natürlichen Wasserabflusses dient der Wasserlosung (auch Wasserlösung genannt). Bei dieser Methode wird hauptsächlich dafür gesorgt, dass das Niederschlagswasser nicht über die Tagesöffnungen des Bergwerks in den untertägigen Bereich gelangt. Dazu wird durch Drainagen oder Abzuggräben das Wasser am Eindringen in die Grube weitestgehend gehindert. Damit das Grundwasser nicht in den Schacht dringen kann, wird bei sehr wasserreichem Gebirge ein wasserdichter Schachtausbau verwendet. Untertage werden Grubenbaue mit starkem Wasserzufluss mittels spezieller Wasserrückhaltedämme vom restlichen Grubengebäude abgetrennt.[6]

Wasserhebung

Die Wasserhebung dient dazu, insbesondere im Tiefbau das angesammelte Wasser wieder zu entfernen. Dabei muss das Wasser soweit aus den Grubenbauen gehoben werden, dass es entweder über einen Wasserlösungsstollen abfließen kann oder direkt nach Übertage befördert wird. Dabei wendet man unterschiedliche Methoden an. Während bis ins 19. Jahrhundert im Bergbau Methoden wie das Wasserziehen oder das Wasserschöpfen vorrangig verwendet wurden, werden im heutigen Bergbau fast ausschließlich nur noch Pumpen zur Wasserhaltung eingesetzt. Im heutigen Bergbau wird noch teilweise zum Entfernen von stark verschlammten Grubenwasser eine Methode verwendet, die dem Wasserziehen sehr ähnlich ist.

Wasserziehen

Das Wasserziehen wurde zur Wasserhebung bei kleiner Arbeitsleistung in Schächten und Blindschächten verwendet. In Blindschächten werden als Gefäße hohe Kübel oder elliptische Fässer verwendet, die mit einem Haspel im Blindschacht rauf und runter gezogen werden. Im Blindschachtsumpf kippen diese Gefäße, sobald sie auf dem Wasserspiegel angekommen sind, selbsttätig um und füllen sich mit Wasser. Anschließend werden sie mit dem Haspel wieder bis zur Sohle hochgezogen und durch Umstürzen entleert. In Tagesschächten wurden als Gefäße Wassertonnen oder Wasserhunde verwendet.[7] Diese Gefäße sind am Boden mit selbsttätige Ventilen ausgestattet, die sich beim Eintauchen ins Wasser durch den Wasserdruck öffnen. Dadurch kann das Wasser in das Gefäß einströmen. Beim Hochholen des Gefäßes schließt sich das Ventil selbsttätig. Übertage wird das Gefäß durch Öffnen des Ventils oder durch Umstürzen des Gefäßes entleert.

Wasserschöpfen

Beim Wasserschöpfen wird das Wasser manuell mit Kannen oder Eimern oder mit einer Wurfschaufel abgeschöpft. Da ein Mann nur bis zu 150 Liter Wasser pro Minute schöpfen kann, wurde dieses Verfahren nur bei geringen Wassermengen angewendet. In der Regel wurde das Wasser hierfür durch einen etwa einen Meter hohen Damm abgesperrt, damit es nicht in den Arbeitsbereich der Bergleute laufen konnte. Das Wasser wurde aus dem Ort manuell herausgeschöpf und hinter den Damm geschüttet. Im heutigen Bergbau wird dieses Verfahren nur bei sehr geringen Wassermengen eingesetzt, wenn sich der Einsatz einer Pumpe nicht so schnell bewerkstelligen lässt. Das Wasser wird hierzu in Förderwagen geschöpft und abtransportiert.

Wasserhaltung im Stollenbau

Im Stollenbau erfolgt die Wasserhaltung durch natürliche Wasserlösung. Damit das Wasser aus den Stollen herausfließen kann, werden die Stollen in der Regel mit einer leichten Steigung aufgefahren. In der Stollensohle wird an einer Stoßseite eine Wasserseige angelegt, über die das anfallende Grubenwasser durch das natürliche Gefälle ablaufen kann.[8] Außerdem werden zusätzliche Hilfsstollen, sogenannte Wasserlösungsstollen, angelegt, die nur die Aufgabe der Wasserhaltung für die Stollenanlage haben. Das Grubenwasser wird dabei von den oberen Stollen über interne Verbindungen zu den tiefer liegenden Wasserlösungsstollen geleitet und von diesen aus über das Stollenmundloch in den nächstgelegenen Fluss abgeleitet.[9]

Wasserhaltung im Tiefbau

Im Tiefbau gestaltet sich die Wasserhaltung wesentlich aufwendiger als beim Stollenbau. In den Abbaubetrieben und Vorrichtungsbetrieben läuft das anfallende Wasser in spezielle Brunnen, sogenannte Pumpenlöcher, von dort wird es über eine Rohrleitung zur nächsten Pumpenstation gepumpt. Anfallendes Grubenwasser aus den Hauptstrecken wird ebenfalls, teilweise über Wasserseigen, in einem Pumpenloch aufgefangen und abgepumpt. Das gleiche geschieht mit dem Wasser aus den Schächten und Blindschächten. Über ein komplexes System von Pumpenstationen (sogenannte Zwischenwasserhaltungen), die über ein Rohrleitungsnetz verbunden sind, wird das Grubenwasser zur Hauptwasserhaltung gepumpt. In den Sumpfstrecken wird das Wasser zunächst gesammelt und dann bei Bedarf nach Übertage gepumpt.[10]

Für die Wasserhaltung sind heutzutage Hochdruckkreiselpumpen unter Tage installiert, die das Wasser aus Tiefpunkten entnehmen und nach Übertage fördern. Die Wasserhaltung im Ruhrgebiet muss auch an stillgelegten Zechen aufrechterhalten werden, da durch Klüfte und durch den aufgelockerten Alten Mann Wasser in die benachbarten und noch betriebenen Grubenbauten strömt. Die Deutsche Steinkohle AG betreibt an mehreren stillgelegten Zechen Grubenwasserhaltungen Zeche Carolinenglück (Bochum), Zeche Hansa (Dortmund), Zeche Zollverein (Essen), Zeche Amalie, Zeche Concordia (Oberhausen), Zeche Friedlicher Nachbar (Bochum-Wattenscheid), Zeche Heinrich (Essen), Zeche Robert Müser (Bochum). An den Standorten ist ein Schacht mit einer Befahrungseinrichtung offen gehalten, um Zugang zu den untertägigen Pumpen zu haben.

Wahrscheinlich muss auch nach einer Einstellung des gesamten Ruhrbergbau die Wasserhaltung aufrecht gehalten werden, da befürchtet wird, dass bei einer Flutung der Grubenbaue ein Auswaschen der Salze auftritt und dies zu Bergschäden führen kann.[11]

Wasserhaltung im Tagebau

Im Tagebau hängen Art und Umfang von den anfallenden Wassermengen und vom abzubauenden Bodenschatz ab. Im Braunkohlentagebau werden verschieden Formen von Brunnenanlagen erstellt, über die das anfallende Grundwasser abgepumpt wird. Diese Brunnen werden in der Regel an den tiefsten Stellen der Lagerstätte erstellt.[12] Als Brunnen werden Filterbrunnen, Schluckbrunnen und Sickerbrunnen gebaut. Vielfach kommen auch spezielle Dichtungswände zum Einsatz, die das Wasser zurückhalten. Bei feinsandig-schluffigen Lockergesteinen wird die Vakuumentwässerung angewendet. Hierbei werden in regelmäßigen Abständen spezielle Filterlanzen bis zu einer Tiefe von 6 Meter in den lockeren Boden getrieben, über die dann das Wasser mit einer Vakuumpumpe abgesaugt wird.[13] In der Steine- und Erden-Industrie ist die Wasserhaltung weniger aufwendig als beim Braunkohletagebau.

Wasserhaltung beim Tunnelbau

Beim Tunnelbau wird versucht, das Wasser mittels Druckluft oder Suspensionsdruck im Gestein zu halten. Bei stark wasserhaltigem Gebirge wird das Gebirge durch vorauseilende Injektionen abgedichtet. Probleme bereiten oftmals wasserführende Klüfte oder Karsthohlräume. In den Tunnel eintretendes Wasser wird in der Regel über Drainageleitungen abgeführt.[14] Bei stärkeren Wasserzuflüssen wird das Wasser in speziellen Brunnen gesammelt und abgepumpt.

Wasserhaltung im Bauwesen

Dieselpumpe

Im Bauwesen – insbesondere im Tiefbau – versteht man unter Wasserhaltung alle Maßnahmen zur Beherrschung des zustrebenden Wassers während des Betriebs einer Baugrube. Man unterscheidet zwischen offener und geschlossener (Grundwasserabsenkung) Wasserhaltung.[15]

Literatur

  • Carl Hellmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde. Zweiter Band, 10. Auflage, Springer Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1962.
  • Albert Serlo: Leitfaden der Bergbaukunde. Zweiter Band, 3. Auflage, Verlag von Julius Springer, Berlin 1878.
  • F. P. Springer: Von Agricolas pompen im Bergbau, die das wasser durch den windt gezogen, zu den Gestängetiefpumpen der Erdölförderung. Erdoel-Erdgas-Kohle, Heft 10, 2007, S. 380 – 386.

Einzelnachweise

  1. Joachim Huske: Der Steinkohlenbergbau im Ruhrrevier von seinen Anfängen bis zum Jahr 2000. 2. Auflage, Regio-Verlag Peter Voß, Werne, 2001, ISBN 3-929158-12-4
  2. Marcus Dehler: Wassermanagement im historischen Bergbau
  3. Revierwasserlaufanstalt Freiberg
  4. Das Buch der Erfindungen Gewerbe und Industrie. Fünfter Band Bergbau und Hüttenwesen, Verlag und Druck von Otto Spamer, Leipzig 1899
  5. Carl Hartmann: Handwörterbuch der Berg-, Hütten- u. Salzwerkskunde der Mineralogie und Geognosie. Dritter Band, 2. Auflage, Buchhandlung Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1860
  6. Emil Stöhr, Emil Treptow: Grundzüge der Bergbaukunde einschließlich der Aufbereitung. Verlagsbuchhandlung Spielhagen & Schurich, Wien 1892
  7. Carl Friedrich Richter: Neuestes Berg-und Hütten-Lexikon. Zweiter Band, Kleefeldsche Buchhandlung, Leipzig 1805
  8. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871
  9. Carl Hartmann: Handbuch der Bergbaukunst. Zweiter Band, Verlag Bernhard Friedrich Voigt, Weimar 1852
  10. Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen 1988, ISBN 3-7739-0501-7
  11. WDR.de: Kohle-Langzeitkosten höher als erwartet
  12. Bundesverband Braunkohle: Herr der tausend Pumpen und Rohre
  13. Rolf Dieter Stoll, Christian Niemann-Delius, Carsten Debenstedt, Klaus Müllensiefen: Der Braunkohletagebau. 1. Auflage, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-78400-5
  14. Dimitrios Kolymbas:Geotechnik. 2. Auflage, Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York 2007, ISBN 978-3-540-68965-2
  15. Georg Maybaum, Petra Mieth, Wolfgang Oltmanns, Rainer Vahland: Verfahrenstechnik und Baubetrieb im Grund und Spezialtiefbau. 1. Auflage, Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-519-00389-2

Weblinks


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