Wellengruppe

Wellengruppe

Ein Wellenpaket oder Wellengruppe ist ein räumlich und zeitlich begrenztes System von Wellen, das ein breites Frequenzband umfasst. Die Frequenzverteilung lässt sich rechnerisch mit Hilfe einer Fouriertransformation und experimentell mit einem Spektrometer bestimmen. Dies bedeutet, dass man durch Superposition (Aufaddieren) mehrerer einfacher Wellen erreicht, dass sich die Amplitude nur in einem räumlich eng begrenzten Bereich merklich von 0 unterscheidet.

Die Kombination von Ort und Zeitpunkt, wo die Ausdehnung am kürzesten ist, nennt man Konzentrationspunkt. Je breitbandiger das Wellenpaket im Frequenzbereich ist, desto kürzer ist es im Zeitbereich im Konzentrationspunkt.

Inhaltsverzeichnis

Mathematische Formulierung

monochromatische Welle (Realteil/Cos-Welle)

Ein Wellenpaket soll, genau wie eine einzelne Welle, eine Lösung der allgemeinen Wellengleichung

\frac{\partial^2\psi}{\partial x^2}=\frac{1}{c^2}\cdot\frac{\partial^2\psi}{\partial t^2}

sein. Darum geht man von monochromatischen Wellen aus, welche die einfachsten Lösungen dieser Gleichung darstellen.

Eine monochromatische Welle mit Ausbreitung in x-Richtung wird dargestellt durch:

\psi_{\rm einzeln}(x, t)=c_s\cdot e^{i(\omega t-kx)}

Physikalisch sinnvoll ist der Realteil oder Imaginärteil (auch ψ + ψ * ):

Re \left(\psi_{\rm einzeln}(x, t) \right)=c_s\cdot \cos(\omega t-kx)
Überlagerung monochromatischer Wellen

Überlagert man nun mehrere solcher monochromatischer Wellen, so ergibt sich eine Struktur im Ortsraum (siehe Abbildung), die Summe ist aber immer noch Lösung der Wellengleichung:

\psi(x, t)=\sum\limits_j c_j\cdot e^{i(\omega_j t-k_jx)}.

Man hat weiterhin eine Lösung der Wellengleichung, wenn man von der Summe zum Integral übergeht. Dabei legt c(k) die Amplitude fest, die jetzt von k abhängt:

(1) \psi(x, t)=\int_{-\infty}^{\infty} c(k)\cdot e^{i(\omega t-kx)} \mathrm dk.

Beispiel: Gauß'sches Wellenpaket

Gaußsches Wellenpaket

Ein häufig verwendetes Beispiel für ein Wellenpaket ist das sogenannte Gauß'sche Wellenpaket. Hierbei handelt es sich um eine Welle, die mit einer Gaußfunktion moduliert ist. Mathematisch bedeutet dies eine Multiplikation der Wellenfunktion mit einer Gaußfunktion. Eine Besonderheit des Gauß'schen Wellenpakets liegt darin, dass die Fouriertransformation einer Gaußfunktion (und damit die Frequenzverteilung) wieder eine Gaußfunktion ergibt.

Mathematisch

Setzt man in obiger Gleichung (1) für die Amplitudenverteilung eine Gaußfunktion

c(k)=e^{-\frac{(k-k_0)^2}{(2/a)^2}}

ein, so erhält man nach der Integration zum Zeitpunkt t = 0:

\psi(x, 0)=\left(\frac{2}{\pi a^2}\right)\cdot e^{-x^2/a^2}\cdot e^{ik_0x}.

Nebenstehende Abbildung zeigt das Ergebnis. Man hat jetzt nur noch einen Bereich, in dem die Amplitude merklich von 0 verschieden ist.

Dispersion

Reflektierte Impulse bei unbelastetem Kabel

Ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle frequenzabhängig (z. B. Licht in Materie), "zerläuft" das Wellenpaket, d. h., seine Breite wird mit der Zeit immer größer und die räumliche Bestimmtheit immer ungenauer. Mit folgendem Versuch kann man nachweisen, dass sich elektromagnetische Wellen über einen extrem großen Wellenlängenbereich von wenigen Zentimetern bis zu einigen Kilometern (Frequenzbereich 20 kHz bis etwa 2 GHz) mit konstanter Geschwindigkeit ausbreiten, dass also keine Dispersion auftritt: Ein Impulsgenerator erzeugt kurze Spannungsimpulse von etwa 10 ns Dauer bei einer Folgefrequenz von etwa 20 kHz. Schickt man diese durch ein etwa 20 m langes Koaxkabel, werden sie am offenen Ende reflektiert und laufen wieder zurück. Je nach Kabeldämpfung kann man etwa hundert Impulse beobachten, deren Form sich nicht ändert. Die unvermeidlichen ohmschen Verluste im Kabel und am Verbindungswiderstand zwischen Generator und Kabel bewirken eine gewisse Amplitudenabnahme, die hier nicht interessieren soll.

Mit Fourieranalyse kann man den Frequenzgehalt der sehr kurzen Spannungsimpulse bestimmen:

  • Die tiefste Frequenz ist die Wiederholfrequenz der Impulse, also 20 kHz.
  • Die höchste Frequenz liegt etwa beim 100-fachen Kehrwert der Impulsbreite, im oben angenommenen Fall also bei 10 GHz.

Würde sich die Laufzeit der Impulse wegen Dispersion merklich unterscheiden, müsste sich gemäß den Gesetzen der Fouriersynthese auch die Kurvenform der Impulse ändern. Da dies nicht beobachtet wird, folgt daraus die Konstanz der Ausbreitungsgeschwindigkeit im Kabel im beschriebenen Frequenzbereich.

Anwendung in verschiedenen Gebieten

  • Wasserwellen:
    Wellenpakete kommen als Oberflächenwellen in Wasser zur Anwendung, beispielsweise um die Übertragungsfunktionen (engl.: RAO = Response Amplitude Operator) von Schiffen und Offshore-Konstruktionen im Modellversuch zu messen. Dass sich alle Wellen, die von der Wellenmaschine ausgehen, zur gleichen Zeit am gleichen Ort treffen gelingt nur, weil nach der Dispersionsrelation sich kurze (hochfrequente) Wellen auf der Wasseroberfläche langsamer ausbreiten als lange (niederfrequente) Wellen. Als Dienstleister für solche Modellversuche treten (wenige) Schiffbau-Versuchsanstalten auf.
  • Materiewellen:
    In der Quantenmechanik verwendet man Wellenpakete, um Teilchen im Wellenbild darzustellen. Die Breiten eines Wellenpaketes im Orts- und Impulsraum sind dabei über die heisenbergsche Unschärferelation miteinander verknüpft. Ein örtlich gut bestimmtes Teilchen hat demnach eine sehr breite Impulsverteilung und umgekehrt. Das gleiche gilt für Energie (Frequenz) und Zeit.

Literatur

  • Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik 3. Atome, Moleküle und Festkörper. 2. Auflage, Springer, New York, Berlin, Heidelberg 2002.

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