- Wildenmannlisloch
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Das Wildenmannlisloch (im Dialekt auch Wildmannlisloch) ist eine alpine Karsthöhle im Toggenburg (Kanton St. Gallen) in der Schweiz.
Die Höhle liegt am Nordhang des Seluns (einem der sieben Churfirsten) auf einer Höhe von rund 1628 m. Sie hat eine vermessene Länge von 192,1 m und eine Höhendifferenz von 2,4 m. Die ersten paar Meter der Höhle sind trockenen Fusses begehbar, aber je weiter man vordringt, desto mehr Wasser liegt im Gang. Zuhinterst liegt das Wasser gegen 20 Zentimeter hoch.
Geschichte
Die älteste Erwähnung der Höhle findet man in der Beschreibung der toggenburgischen Gebirge des Pfarrers Johann Heinrich Scherrer in Alt St. Johann. Dort heisst es: … unter diesem Selunerruck wird ein Loch gefunden, durch welches man ein halb Viertelstund in den Berg hineingehet. Der Name "Wildenmannlisloch" erscheint zum ersten Mal 1819 im Büchlein Zwinglis Geburtsort von Pfarrer J. Fr. Franz: An dem Fusse des Selunerrückens befindet sich eine grosse Höhle, das Wildenmannlisloch genannt, die anfangs sehr weit und hoch ist, so dass man mit Pferden und Wagen hineinfahren könnte, dann wieder verenget und wieder erweitert und in solchen Abwechslungen und verschiedenen Krümmungen sich eine Viertelstunde lang hinziehet, bis man ihr Ende erreicht.
Am 15. Juli 1906 unternahm Dr. Emil Bächler die erste Untersuchung der Höhle. Eine Versuchsgrabung brachte Zähne und Knochensplitter von Höhlenbären zu Tage. Eine genauere Erforschung der Höhle erfolgte aber erst 1923. Am 1. Oktober richtete sich Emil Bächler zusammen mit Alfred Ziegler aus Unterwasser und einigen Helfern in der Höhle ein und begann eine Arbeit, die – jeweils im Herbst – bis 1927 dauern sollte; insgesamt 218 Tage.
Die Forscher fanden eine Unmenge von Knochenresten; fast alle stammen vom Höhlenbären. Die häufigsten Funde stammen aus tieferen Schichten. Am Hauptfundplatz, der Höhlenkammer II, wurden Überreste von rund 50 ein- bis achtjährigen Höhlenbären gefunden. Die Knochen lagen verstreut, wie auf einem Abfallhaufen. Schädel fand man ganz zuhinterst, am Ende der Höhle. Es scheint sich um eine absichtliche Aufbewahrung durch Menschen zu handeln. Ein Opferkult? Von folgenden Tieren fanden sich Knochenreste: Höhlenbär, Bruchstücke eines Höhlenlöwen, Gämsen, Murmeltier, Schneehase, Wolf, Fuchs, Hermelin und Edelhirsch. Knochen von Mammuts wurden nicht gefunden.
Am 26. Oktober fand Emil Bächler einen grünlichgrauen, bearbeiteten Ölquarzit. Diese Steine kommen im Selunergebiet nicht vor; sie müssen also hinaufgetragen worden sein. Versuche ergaben, dass einfache Schläge auf den rohen Quarzit scharfe Steinmesser ergaben. Weiter fanden sich auch Knochenwerkzeuge und Bruchstücke von Röhrenknochen des Höhlenbären, alle mit Gebrauchsspuren.
Menschliche Knochenreste wurden, wie übrigens auch in den anderen Höhlen der Ostschweiz, nicht gefunden. Das Wildenmannlisloch war demzufolge eine Wohnhöhle und keine Begräbnisstätte. Die Bewohner waren Jäger und lebten offenbar zum grossen Teil vom Fleisch der Höhlenbären, die sie in Fallen und durch Treibjagd erlegen konnten. In der Höhle hielt sich das Fleisch bei einer Temperatur von um die 5 Grad recht gut. Im Eingangsbereich fanden sich Reste von Feuerstellen. Vermutlich verbrachte der Seluner eine Zeit seines Lebens im Wildenmannlisloch.
Erreichbarkeit
Am einfachsten erreicht man das Wildenmannlisloch mit der Selunbahn («Kistenbahn») von Starkenbach aus und nach einem Fussweg von circa zehn Minuten. Über die Alp Sellamatt führt ein Wanderweg zur Höhle.
Weblinks
Commons: Wildenmannlisloch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien47.1677777777789.2552777777778Kategorien:- Höhle in Europa
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