Ulrich Zwingli

Ulrich Zwingli
Porträt Ulrich Zwinglis von Hans Asper, etwa 1531

Ulrich Zwingli (auch Huldreych Zwingli, Huldrych Zwingli oder Huldreich Zwingli; * 1. Januar 1484 in Wildhaus; † 11. Oktober 1531 in Kappel am Albis) war ein Zürcher Reformator. Aus der Zürcher Reformation und der Genfer Reformation ging die reformierte Kirche hervor.

Seine Theologie wurde in der zweiten Generation von Heinrich Bullinger und Johannes Calvin weitergetragen.

Inhaltsverzeichnis

Name

Im Gegensatz zu manch volkstümlichen Annahmen lautet Zwinglis Taufname im Gedenken an den Heiligen Ulrich von Augsburg «Ulrich». Erst mit der Zeit begann Zwingli selbst, seinen Vornamen zu Huldrych («Huldreich») zu verändern; dies wohl als humanistisch-volksetymologische Spielerei, wonach Ulrich von althochdeutsch uodal «Erbbesitz» und rich «mächtig» kommt. Erst nach seinem Tode wurde «Huldrych» bei Reformierten anstelle des als katholisch unbrauchbar gewordenen Heiligennamens «Ulrich» populär.

Der Familienname leitet sich von «Twing» her. Twing bezeichnet ein umfriedetes Bauerngut.[1] Ulrich selbst dachte zuweilen an «Zwilling» und nannte sich daher in einigen Texten «Geminius». Martin Luther und andere Widersacher nannten ihn bisweilen «Zwingel», da er die Heilige Schrift in seinem Sinne zwinge.

Biographie

Geburt und Ausbildung

Geburtshaus von Zwingli in Wildhaus
Gedenkstein in Wildhaus

Ulrich Zwingli wurde als Sohn des Lokalpolitikers Johann Ulrich Zwingli und Maria Bruggmann am 1. Januar 1484 in Wildhaus im Toggenburg als drittes von elf Kindern geboren. Bereits im Alter von sechs Jahren verliess Zwingli sein Heimatdorf und lebte während der nächsten vier Jahre als Schüler bei seinem Onkel, dem Dekan Bartholomäus Zwingli, in Weesen. 1494 wechselte er an die Lateinschule in Basel und später an die Lateinschule in Bern. Wegen seiner grossen Musikalität hätten ihn dort die Dominikaner gern in ihr Kloster aufgenommen, doch sein Vater war dagegen. So verliess Zwingli 1498 Bern und begann als Fünfzehnjähriger sein Studium an der Universität Wien. Von 1502 bis 1506 studierte er an der Universität Basel und schloss mit dem Titel Magister artium ab. Wie so viele seiner Zeitgenossen wechselte Zwingli bald nach dem Magisterexamen und ohne gründliches Theologiestudium in die kirchliche Praxis. Im September 1506 wurde Zwingli zum Priester geweiht.

Pfarrer in Glarus

Im Spätsommer 1506 wurde Zwingli als Kirchherr zum leitenden Pfarrer in Glarus gewählt. Am 21. September 1506 erfolgte mit einem feierlichen Essen die Einführung in sein Amt. Warum die Glarner gerade den 22-jährigen Magister beriefen, ist unklar. Zum einen dürfte Zwingli ihnen empfohlen worden sein. Zum anderen wollten die Glarner ihren Priester selber wählen und nicht den Vorschlag des Bischofs von Konstanz übernehmen. Eigentlich sollte nämlich der einflussreiche Zürcher Heinrich Göldi die einträgliche Pfründe, d. h. die Einkünfte der Pfarrei, vom Bischof erhalten. Göldi hatte auch schon eine beträchtliche Summe nach Konstanz überwiesen. Göldi wäre damit Inhaber der Pfründe und formell Pfarrer von Glarus geworden, doch er wollte nicht nach Glarus umziehen, da er die Stelle und ihre Einkünfte als eine Geldanlage betrachtete. Die Glarner waren aber nicht an einem Pfründenjäger interessiert, weshalb sie dringend einen eigenen Kandidaten brauchten, den sie in Zwingli fanden. Nach der Wahl Zwinglis wurde es für Göldi schwierig, das Pfarramt gegen den Willen der Glarner zu übernehmen. Um nicht leer auszugehen, verlangte Göldi eine hohe Abfindung. Zwingli musste dazu bei den Glarnern Geld aufnehmen, und die Abzahlung des Kredits machte ihm noch lange zu schaffen.

Bei der Kreditvergabe zeigten sich die Glarner durchaus grosszügig. Etwas weniger entgegenkommend scheinen sie beim Pfarrhaus gewesen zu sein; dessen Unzulänglichkeiten waren den Glarnern offenkundig bewusst. Als Zwingli 1516 um die Entlassung bat, versprachen sie ihm, wenn er bleiben würde, ein besseres Pfarrhaus zu bauen.

Die Glarner Pfarrei umfasste mehrere Dörfer, neben Glarus Riedern, Netstal, Ennenda und Mitlödi. Der Hauptort umfasste mit Riedern zusammen rund 1.300 Einwohner. Für die geistliche Versorgung war Zwingli zusammen mit drei oder vier Kaplänen zuständig. Über die Tätigkeit Zwinglis in Glarus ist wenig bekannt. Die wenigen Zeugnisse lassen keine Kritik an der Kirche erkennen. Er las die Messe und erteilte die Absolution. 1512 schrieb er an Papst Julius II. und bat um Ablass für die Glarner. Zwingli war auch Feldprediger und nahm von 1512 bis 1515 an den Feldzügen (Italienische Kriege) der Glarner für den Papst gegen die Franzosen in der Lombardei teil.

Der Bauernsohn Zwingli scheint sehr volksverbunden gewesen zu sein. Im Laufe der Zeit lernte er wohl alle seine Kirchgenossen kennen. Zu einzelnen Familien hatte Zwingli mehr als nur offiziellen Zugang gefunden. So übernahm der Geistliche die Patenschaft für verschiedene Kinder. Zwinglis ungebrochene Kirchlichkeit zeigt sich auch im Bestreben, einen angeblichen Splitter des Kreuzes Christi nach Glarus zu holen, was ihm gelang. Um den Splitter würdig aufzubewahren, musste die alte Glarner Pfarrkirche erweitert werden. Auch dafür setzte sich Zwingli mit Erfolg ein. 1510 wurde die Kreuzkapelle angebaut, die ihren Namen von diesem Kreuzsplitter erhielt. Die Glarner sprachen aber noch lange von der Zwinglikapelle und nicht von der Kreuzkapelle.

In den Glarner Jahren bildete sich Zwingli intensiv fort. Mit grossem Eifer studierte er viele Werke der antiken Klassiker und die Kirchenväter. Ausserdem lernte er Griechisch und konnte so den Urtext des Neuen Testaments lesen, den Erasmus von Rotterdam 1516 in einer kritischen Edition veröffentlicht hatte. Durch den Humanisten Erasmus lernte Zwingli, einen anderen Sinn in den biblischen Texten zu suchen und zu erkennen. Dadurch fand er einen neuen, für ihn befreienden Zugang zur Heiligen Schrift. Trotz der Abgeschiedenheit des Bergtales Glarus stand Zwingli in regem Kontakt mit den Gelehrten seiner Zeit und war dadurch stets unterrichtet über das Erscheinen neuer Bücher. Zwingli besass am Ende seiner Glarner Zeit die damals bedeutende Zahl von über 100 Büchern.

Zwingli wollte sein Wissen weitergeben. Auf seine Veranlassung stimmte die Landsgemeinde 1510 der Gründung einer Lateinschule zu. Auf dieser höheren Schule konnten die Knaben Grundkenntnisse in Latein erwerben und mussten nicht eine auswärtige Schule besuchen. Zwingli wurde zum Lehrer gewählt. Zu Zwinglis Schülern gehörten eine Reihe bedeutender Glarner: Valentin Tschudi, Zwinglis Nachfolger in Glarus, Aegidius Tschudi, Chronist und Politiker, und vermutlich auch Fridolin Brunner, der spätere Reformator des Landes Glarus.

In der glarnerischen und eidgenössischen Politik Anfang des 16. Jahrhunderts wurde heftig gestritten, ob mit dem Papst, dem Kaiser oder mit den Franzosen zusammengearbeitet werden sollte. In Glarus ging es konkret vor allem darum, in wessen Dienste die jungen Glarner als Söldner treten sollten. Zwingli stellte sich stets auf die Seite des Papstes, worauf sich dieser mit einer stattlichen päpstlichen Pension von 50 Gulden erkenntlich zeigte. Im Oktober 1515, nach der Schlacht bei Marignano, endete die eidgenössische Grossmachtpolitik nach einer vernichtenden Niederlage gegen die Franzosen. Danach offerierten die Franzosen einen schnellen Friedensschluss, allerdings nicht zu vorteilhaften Bedingungen. Zwingli votierte dagegen und unterstützte weiterhin den Gegenspieler der Franzosen, den Papst. In Glarus wie auch in der Eidgenossenschaft schlug die Stimmung zugunsten der Franzosenpartei um. Die Stellung des päpstlichen Parteimanns und Propagandisten Zwingli wurde deshalb unhaltbar.

Zwingli musste 1516 trotz grossen Rückhalts in der Bevölkerung weichen und wurde für drei Jahre beurlaubt.

Leutpriester in Einsiedeln

1516 berief Diebold von Geroldseck Zwingli als Leutpriester und Prediger in das als Wallfahrtsort berühmte Kloster Maria-Einsiedeln, wo er am 14. April 1516 antrat. Angesichts der dortigen Missbräuche der Volksfrömmigkeit begann er, wider Wallfahrten und andre Missbräuche und wider den seit 1518 in der Schweiz wirkenden päpstlichen Ablassprediger Bernhardin Sanson zu predigen. Er forderte sogar die Bischöfe zu Sitten und Konstanz auf, die Kirche nach Anleitung des göttlichen Wortes zu verbessern. Zu gleicher Zeit trat er aber auch aufgrund seiner Erfahrungen beim Italienfeldzug gegen die Demoralisation des Volkes durch das so genannte Reislaufen an, wie die Kriegsdienste der Schweizer in fremdem Sold damals genannt wurden. Als Konsequenz seiner Beteiligung am Krieg in der Lombardei übernahm er Erasmus’ Überzeugung: „Der Krieg erscheint den Unkundigen als süss“ (Dulce bellum inexpertis).

Nach Glättung der Wogen, wegen derer Zwingli Glarus hatte verlassen müssen, hätte er das dortige Pfarramt wieder übernehmen sollen; doch er entschloss sich 1519, stattdessen eine Berufung an das Zürcher Grossmünster anzunehmen. Die intensiven Studien und seine Erfahrungen in Glarus wie auch in Einsiedeln hatten den bis dahin sehr kirchentreuen Priester verändert. Die Entwicklung, die in Glarus begonnen hatte, führte Zwingli in neue Bahnen, und er wurde zu einem scharfen Kritiker der damaligen kirchlichen Zustände.

Das Grossmünster in Zürich auf dem Murerplan (1576)

Leutpriester am Grossmünster in Zürich

Da die Zürcher Regierung wie Zwingli gegen das Söldnerwesen war, verschaffte ihm diese Haltung das einflussreiche Amt als Leutpriester am Grossmünsterstift in Zürich, das er am 1. Januar 1519 antrat. Das Grossmünsterstift war damals nach der Kathedrale das angesehenste geistliche Stift im Bistum Konstanz. In seinen kunstlosen, aber klaren, allgemein verständlichen Predigten legte er fortlaufend die Evangelien aus. Das Volk und der Rat von Zürich liessen sich davon überzeugen. Sämtliche Prediger in Stadt und Land wurden 1520 von der Obrigkeit angewiesen, das Evangelium gemäss Zwinglis Auslegung zu predigen.

1522 veröffentlichte Zwingli seine erste reformatorische Schrift gegen das Fasten der römischen Kirche: Von Erkiesen und Freiheit der Speisen. Dieses Werk schrieb er aus Anlass des Fastenbrechens bei Christoph Froschauer. Zwingli selbst war beim „Wurstessen“ anwesend,[2] aber nicht beteiligt. Mit der Schrift rechtfertigte er das Handeln, da das Fastenhalten gegen den christlichen Glauben verstosse. An den Bischof von Konstanz sandte er ein ebenso bescheidenes wie nachdrückliches Bittschreiben, in welchem er und zehn seiner Genossen erklärten, dass sie «mit Gott fest entschlossen seien, das Evangelium ohne Unterlass zu predigen» und in dem sie um Aufhebung des Zölibats nachsuchten. Damals bemühte sich Papst Hadrian VI. noch, Zwingli durch einen die Frömmigkeit des Reformators anerkennenden Brief von weiteren Schritten gegen die katholische Kirche abzuhalten.

Mit dem Land Glarus blieb Zwingli weiterhin intensiv verbunden. Mit verschiedenen Personen korrespondierte er auch weiterhin als Zürcher Pfarrer. Die Hauptschrift Auslegen und Gründe der Schlussreden von 1523 widmete er dem Landsgemeindekanton. Am 12. Oktober 1522 predigte Zwingli sogar noch einmal in der Pfarrkirche Glarus anlässlich der Primiz seines ehemaligen Schülers Valentin Tschudi. In dieser Predigt wurde die Veränderung Zwinglis deutlich. Was er früher den Glarnern gepredigt habe, so sagte er, sei nicht die Wahrheit gewesen. Die Glarner sollen davon Abstand nehmen. Zwingli distanzierte sich von seiner Verkündigung in den Glarner Jahren 1506 bis 1516.

Erste Zürcher Disputation

Als die Dominikaner in Zürich Zwingli Ketzerei vorwarfen, lud der Grosse Rat alle Theologen, die Zwingli der Ketzerei überführen könnten, auf den 29. Januar 1523 zu einer Disputation, der 1. Zürcher Disputation, über die von Zwingli aufgestellten Thesen nach Zürich ein. Etwa 600 geistliche und weltliche Personen fanden sich dazu in Zürich ein. Da die Abgeordneten des Bischofs von Konstanz, namentlich Johann Faber, gegen Zwinglis Thesen nur die Autorität der Tradition und der Konzilien geltend zu machen wussten, erkannte der Rat von Zürich Zwingli den Sieg zu.

Zweite Zürcher Disputation

Auf einem zweiten, vom 26. bis 28. Oktober 1523 gehaltenen Religionsgespräch in Zürich wurde in Gegenwart von fast 900 Zeugen aus eidgenössischen Orten über «Bilderdienst und Messe» gestritten. Grund für die 2. Zürcher Disputation war die Predigt gegen Bilderverehrung und den daraus resultierenden Bildersturm. Es wurde beschlossen, dass die Bilder innerhalb eines halben Jahres entfernt werden sollten, damit das Volk durch weitere Predigten auf diesen Einschnitt vorbereitet werden könne. Der «Bildersturm», der also nicht an einem Tag und plötzlich erfolgte, führte auch zum «Ittingersturm».

Dritte Zürcher Disputation

Ein drittes Gespräch 13. und 14. Januar 1524, die dritte Zürcher Disputation, beseitigte auch die Messe. Noch im selben Jahr, am 19. April 1524 verheiratete sich Zwingli mit der 33-jährigen Witwe Anna Reinhart, mit der er schon vorher unehelich zusammengelebt hatte.

Die Reformation in Zürich betraf nicht nur die Religion. Der Rat, unter Beratung Zwinglis, ordnete Schul-, Kirchen- und Ehewesen neu und gab Sittengesetze heraus. Zwingli hatte kein politisches Amt, aber grossen Einfluss – der Rat wusste, dass das Volk auf Zwinglis Predigten hörte.

Glaubensbekenntnis und Zürcher Bibel

Titelblatt der Zürcher Bibel von 1531

1525 gab Zwingli sein Glaubensbekenntnis «Von der wahren und falschen Religion» heraus, das er dem französischen König Franz I. schickte. Mit Luther und den anderen deutschen Reformatoren in vielen Punkten einig, verfuhr Zwingli doch in liturgischer Beziehung radikaler und verwarf die «leibliche Gegenwart» Christi im Abendmahl. Ab 1525 waren die Reformation und die Reform des Gottesdienstes in Zürich abgeschlossen. Es wurde das Abendmahl in beiderlei Gestalt in Gedächtnis gefeiert. Bilder, Messen und Zölibat waren abgeschafft, und es gab eine geregelte Armenfürsorge. Diese finanzierte sich aus Geldern, die durch die Säkularisation von Klöstern und geistlichen Stiftungen im Herrschaftsbereich der Stadt Zürich frei wurden. Ebenfalls 1525 wurde das bisherige Chorherrenstift Grossmünster in die Propstei am Grossmünster umgewandelt, um die Ausbildung weiterer reformierter Theologen sicherzustellen. Sie mussten Bibelexegese lernen und die gewonnenen Ergebnisse in deutschen Predigten dem Volk vortragen. Dadurch wurden die Theologen geschult und das Volk sollte in der Bibel verwurzelt werden. Zwingli war als Antistes der Leiter der Zürcher Kirche.

In enger Zusammenarbeit mit Leo Jud übersetzte Zwingli zwischen 1524 und 1529 die Bibel neu in ein stark schweizerisch gefärbtes Deutsch. Diese Übersetzung ist heute als die «Zürcher Bibel» bekannt. Demnach schlossen die Zürcher Theologen die komplette Neuübersetzung aus dem griechischen und hebräischen fünf Jahre vor Luthers Bibelübersetzung ab. Die Zürcher Bibel ist somit die älteste protestantische Übersetzung der gesamten Bibel. Das Werk wurde zwischen 1524 und 1529 von Christoph Froschauer gedruckt. 1531 druckte er eine reich illustrierte und aufwendig gestaltete Gesamtausgabe.[3] Diese Version war für lange Zeit die textlich und gestalterisch bedeutendste Ausgabe der Zürcher Bibel.

Politik

Zwingli sah Kirche und Staat in enger Zusammenarbeit und darin für die Obrigkeiten eine ernste Verpflichtung. Er erklärte, dass «die Obrigkeit, welche ausser der Schnur Christi fahren», das heisst, die Vorschriften Christi sich nicht zum Massstab nehmen wolle, «mit Gott entsetzt werden möge». Der Landgraf von Hessen, Philipp der Grossmütige, welcher Zwinglis weittragende politische Ansichten teilte, organisierte im Oktober 1529 ein Streitgespräch zwischen Zwingli und Martin Luther in seinem Schloss in Marburg, den «Abendmahlsstreit zu Marburg». Luther wies Zwingli allerdings schroff zurück, womit der Plan eines gemeinsamen protestantischen Vorgehens gegen Kaiser und Papst an theologischen Differenzen scheiterte.

Philipp der Grossmütige und Zwingli hatten ehrgeizige Pläne. 1530 wollten sie «durch einen Bund von der Adria bis zum Belt und zum Ozean die Welt aus der Umklammerung des Habsburgers retten». Damals hatte Zwingli schon im Januar 1528 bei einem Religionsgespräch zu Bern auch diesen Kanton für die Reformation gewonnen. Ausserdem schien durch den Ersten Kappeler Landfrieden 1529 die drohende Gefahr eines Glaubenskriegs zwischen Zürich und den fünf katholischen Urkantonen vorläufig beseitigt.

Tod im Zweiten Kappelerkrieg

Zwinglis Ermordung in einer Darstellung des Historienmalers Karl Jauslin

Doch 1531 kam es zu einem Religionskrieg in der Eidgenossenschaft, dem Zweiten Kappelerkrieg zwischen Zürich und den katholischen Kantonen Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug. Bereits vorher waren Altgläubige wie beispielsweise die Mönche vor allem der Bettelorden aus den Klöstern vertrieben worden. Zwingli war es auch, der den Rat von Zürich zum 2. Kappelerkrieg gegen die Waldstätte drängte, um die Reformation, wenn nicht mit Überzeugung möglich, dann mit Feuer und Schwert auch in der Innerschweiz zu verbreiten. Am 11. Oktober 1531 unterlagen die Zürcher, und Zwingli selbst geriet während der Schlacht bei Kappel am Albis in die Hände der katholischen Innerschweizer. Er wurde verhöhnt, indem man ihm anbot, noch einmal die Beichte abzulegen, und anschliessend getötet. Sein Leichnam wurde gevierteilt, anschliessend verbrannt und die Asche in den Wind gestreut. Erst 1838 wurde ihm in Kappel und 1885 in Zürich ein Denkmal errichtet. Heinrich Bullinger wurde Zwinglis Nachfolger in Zürich. Er konsolidierte den reformierten Glauben und gilt als eigentlicher Begründer der reformierten Kirche.

Zwinglis Reformation und ihre Wirkungen

Zitat Zwinglis in der reformierten Kirche in Felsberg GR

Zwinglis Reformation ging von anderen Voraussetzungen aus als Luthers und hatte bei vielen Gemeinsamkeiten auch deutliche Unterschiede zu dieser. Während Luther den Ablasshandel und andere Missstände in der Kirche, die seinem Verständnis der Bibel widersprachen, entfernen wollte, akzeptierte Zwingli in der Kirche nur das, was ausdrücklich in der Bibel stand. Von daher sind die reformierten Kirchen, noch ausgeprägter als die lutherischen, Kirchen des Wortes: kein Kirchenschmuck ausser Bibelsprüchen, sogar auf Musik im Gottesdienst wurde eine Zeit lang verzichtet – obwohl Zwingli selbst sehr musikalisch war.

Auswirkungen der Theologie Ulrich Zwinglis sind vor allem in der deutschsprachigen Schweiz sowie im Waadtland festzustellen. Der Erfolg der Reformation ist dabei nicht ohne weitere Persönlichkeiten wie Johannes Oekolampad und Oswald Myconius in Basel, Berchtold Haller in Bern, Sebastian Hofmeister und Erasmus Ritter in Schaffhausen, Joachim Vadian und Johann Kessler in St. Gallen und Johann Comander in Graubünden denkbar.

In Deutschland gehen nur die reformierten Kirchen in Bad Grönenbach und Herbishofen auf Zwinglis Wirken zurück. Die übrigen reformierten Kirchen sind – wie sich am Heidelberger Katechismus ablesen lässt – stärker von Calvins Denken beeinflusst.

Täufer

Als Schattenseite seines Wirkens wird oftmals Zwinglis Verhältnis zur Täuferbewegung angesehen. Auf Zwinglis Drängen liess der Rat von Zürich alle Täufer der Stadt entweder vertreiben oder nach Gefangennahme und Folterung hinrichten. Eines der ersten Opfer unter den Schweizer Täufern war Felix Manz. Auch mit Balthasar Hubmaier, der im nahen vorderösterreichischen Waldshut wohnte, stand er auf schlechtem Fuss und wollte ihm kein Asyl geben, als dieser vor den Habsburgern flüchtete. Die Verfolgungen der Täufer hielten noch über Generationen an. Erst 2004 fand eine versöhnende Versammlung zwischen Zürcher Reformierten und Täufern statt.

Denkmal

Das bekannteste Denkmal Zwinglis wurde vom österreichischen Bildhauer Heinrich Natter gestaltet und am 15. August 1885 vor der Wasserkirche in Zürich eingeweiht. Die Weiherede hielt Antistes Fisler, die offizielle Ansprache der Stadtpräsident Melchior Römer.[4]

Porträtgalerie

Nach dem Tod Zwinglis wurden zahlreiche Porträts angefertigt, die sich fast alle nach denjenigen des Zürcher Malers Hans Asper richten. Es gibt kein zu Lebzeiten Zwinglis gemaltes Porträt.[5] Zwingli wird üblicherweise in schwarzer Tracht mit schwarzer «Reformatorenmütze» dargestellt.

Siehe auch

Werke

  • Von Erkiesen und Freiheit der Speisen, April 1522
  • Commentarius de vera et falsa religione, 1525
  • Vom Touff, vom Widertouff, und vom Kindertouff, 1525
  • Amica exegesis, 1527
  • Fidei ratio, Juli 1530
  • Sermonis de providentia Dei anamenema, August 1530
  • Christianae fidei brevis et clara expositio ad regem christianum, Juli 1531
  • Zwinglis „Sämtliche Werke“ erschienen zuerst in Folio, Zürich, 1545 und 1581, erneut herausgegeben von Schuler und Schulthess, Zürich von 1828 bis 42, 8 Bände; dazu Supplemente 1861.
  • Huldreich Zwinglis sämtliche Werke; einzige vollständige Ausgabe der Werke Zwinglis, unter Mitwirkung des Zwingli-Vereins in Zürich herausgegeben von Emil Egli; Berlin, Leipzig, Zürich, 1905 ff. (Corpus reformatorum 88–101), noch unvollständig
  • Auswahlausgabe: Ernst Saxer: Ausgewählte Schriften in neuhochdeutscher Wiedergabe mit einer historisch-biographischen Einführung; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag 1988.

Literatur

  • Basis für alle älteren Biografien ist:
    Oswald Myconius: Narrationem de vita et obitu Zwinglii; Zürich 1532
    neu herausgegeben von Ernst Gerhard Rüsch: Vom Leben und Sterben Huldrych Zwinglis (deutsch-lateinisch); St. Gallen: Fehr 1979
  • Ulrich Gäbler: Huldrych Zwingli. Eine Einführung in sein Leben und sein Werk; München, Beck, 1983; ISBN 3-406-09594-1 (kt.) und ISBN 3-406-09593-3 (Ln.) (= Berlin: Evangelische Verlagsanstalt, 1985); Zürich: TVZ, 20043; ISBN 3-290-17300-3
  • Berndt Hamm: Zwinglis Reformation der Freiheit; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1988, ISBN 3-7887-1276-7
  • Gottfried Wilhelm Locher: Huldrych Zwingli; in: Martin Greschat (Hg.): Gestalten der Kirchengeschichte, Band 5: Die Reformationszeit I; Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz, Kohlhammer, 21994; S. 187–216; ISBN 3-17-013695-X (Gesamtausgabe)
  • Emil EgliZwingli, Ulrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 45, Duncker & Humblot, Leipzig 1900, S. 547–575.

Fiction und Film

Weblinks

 Commons: Ulrich Zwingli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Ulrich Zwingli – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Gäbler, Seite 29
  2. Zum Ganzen vgl. Matthias Reuter: Wurstessen – das Fastenbrechen 1522
  3. Sigmund Widmer: 1484 – Zwingli – 1984. Sonderausgabe der im Buchhandel 1983 erschienen Ausgabe; Zürich: Theologischer Verlag, 1984; S. 71.
  4. Zürich, wer kennt sich da noch aus, Orell Füssli-Verlag 1971
  5. Sigmund Widmer: 1484 – Zwingli – 1984. Sonderausgabe der im Buchhandel 1983 erschienen Ausgabe. Theologischer Verlag, Zürich, 1984, Seite 21.

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