Wintergarten

Wintergarten
Wintergarten
Wintergarten als Erweiterung des Wohnzimmers
Wintergarten Innenansicht

Als Wintergarten bezeichnet man einen Anbau an ein Gebäude oder ein selbständiges Bauwerk, dessen Dach und Seitenwände größtenteils aus Glas bestehen. Der richtig konstruierte Wintergarten nutzt den Glashauseffekt (Treibhauseffekt) anstelle konventioneller Heizungstechniken zum Erreichen einer Raumtemperatur, die das Überwintern von geeigneten Pflanzen ermöglicht. Die passive Sonnenenergienutzung führt selbst bei geringer direkter Sonneneinstrahlung bzw. Streulicht zu einer spürbaren Aufheizung der Innenraumluft gegenüber der Außenluft. Um diesen Effekt zu optimieren, muss ein Großteil der Glasfassade nach Süden ausgerichtet sein.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Wintergarten, so wie man ihn heute kennt, hat seinen Ursprung in England. Dort entwickelten sich im 18. Jahrhundert zahlreiche luxuriöse Anbauten an Häuser, die nur für die Wohlhabenden erschwinglich waren. Vorläufer des Wintergartens gehen auf die Antike zurück, in der ebenfalls Bauten für die Kultivierung von Pflanzen und Früchte aus den Überseegebieten der Kolonialmächte dienten.

Nachhaltige stilistische Ausprägungen erfuhr der Wintergarten im Viktorianischen Zeitalter, als Orangerien sich allerorten einer stark wachsenden Popularität erfreuten. Die Glas-Stahl-Konstruktionen waren reichhaltig im Stil der Zeit verziert und wurden Teil einer Epoche bildenden Architekturform, die sich auf dem gesamten europäischen Kontinent ausbreitete. Verglaste Gewächshäuser und Palmenhäuser wurden zum Charakteristikum Botanischer Gärten und zeugen von jener Zeit, die der Architektur nachhaltige Impulse verlieh.

Seit dieser Zeit wurden die Wintergärten erstmals als Räumlichkeiten benutzt, in der sich Menschen aufhielten und miteinander kommunizierten. Es waren somit keine reinen Ausstellungsräume für Grünpflanzen mehr, sondern ausgestattet mit Tischen, Stühlen und Bänken vermittelten sie den Menschen ein völlig neues Wohn- und Lebensgefühl.

Seit den 1880er Jahren kamen auch in Deutschland Wintergärten als Teil von Bürgerhäusern und Ferienpensionen in Mode. Bis in die 1930er Jahre hinein waren sie im klassischen Baustil in Deutschland überaus populär. Die Wintergärten unserer Tage sind hingegen weniger ein Ausdruck nostalgischer Rückbesinnung, sondern die Hinwendung zu neuen Architekturformen. Infolge der Ölkrisen 1973 und 1979/80, dem gewachsenen ökologischen Bewusstsein und anderer Faktoren wurde das Sonnenlicht als Energiequelle und damit das Baumaterial Glas auch in der Architektur neu entdeckt.

Im Verlauf der Entwicklung bildete sich der Wohn-Wintergarten heraus, der die Wohnräumlichkeiten erweitert.

Wärmehaushalt

Wird der Wintergarten an Tagen ohne solare Gewinne (kein Sonnenschein) beheizt, sind die Wärmeverluste deutlich größer als bei konventionellen Wänden und erfordern etwa die 3–4-fache Heizleistung. Die hohen solaren Gewinne bei Sonneneinstrahlung und Streulicht führen zu einer drastischen Verringerung der Heiztage, bzw. Heizstunden/Heiztag. Ein erheblicher Teil kann zur Verringerung der Heizleistung für die dahinter liegenden Räume genutzt werden, so dass die jährlich erforderliche Heizenergie bei voller Nutzung als Wohnraum bezogen auf die gesamte Nutzfläche (unter Einbeziehung des Wohn-Wintergartens) abhängig von der konkreten Geometrie und Lage sich nur geringfügig ändert. Wird der Wintergarten bei fehlenden solaren Gewinnen nicht als Wohnraum genutzt (Raumtemperatur < 19 °C), sollte er vom Haus durch Türen getrennt werden. Dann wirkt er als Heiz-Energie sparende Pufferzone.

Typen von Wintergärten

Man unterscheidet in wärmetechnischer Hinsicht drei Wintergartentypen:

  • Ein kalter Wintergarten ist ein Glasanbau, der zur Überwinterung von nicht winterfesten Pflanzen benutzt wird. Er wird nicht beheizt bzw. frostfrei gehalten oder bis maximal 12 °C beheizt – je nach zu schützendem Pflanzentyp bzw. Nutzungsziel.
  • Ein mittelwarmer Wintergarten ist ein kühler Wintergarten, der in der Heizperiode auf 12–19 °C beheizt wird. Aus der Energieeinsparverordnung werden geringere Anforderungen an die Wärmedämmeigenschaften des Glasdaches und der Seitenelemente als beim Wohn-Wintergarten gestellt.
  • Ein ganzjährig zum Wohnen genutzter warmer Wintergarten wird auch Wohn-Wintergarten genannt (Raumtemperatur >19 °C). Dort herrscht ganzjährig ein Klima, das einen angenehmen Aufenthalt möglich macht. Er ist auch für tropische Pflanzen mit höheren Ansprüchen geeignet. Hier gelten auch die strengeren Anforderungen der Energieeinsparverordnung für Glasdächer und Seitenelemente (Fassade) sowie Bodenplatte von Wohngebäuden.

Aspekte der Bauplanung

Acht Themen sind für die Planung und Ausführung eines Wintergartens besonders wichtig:

  • eine geeignete Rahmenkonstruktion (Statik einschließlich berücksichtigung von Wind- und Schneelasten gem. DIN 1055-4 und 5, thermische Trennung, Beachtung der Statik, Wärmedämmung, Wasserdampfdiffusion und Wasserführung an den Bauanschlüssen), DIN 4102 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen
  • eine ausreichende Be- und Entlüftung
  • eine Beschattung
  • Verglasung mit geeigneten Verlege- und Verglasungsprofilen entsprechend der Unterkonstruktion (Holz/Stahl) mit ausreichend Schlagregendichtheit und Widerstandsfähigkeit bei Windlast.
  • optimierte Funktionen entsprechend Nutzungszielen und Objektlage (Lastaufnahmen, ggf. Wärmeschutz, Beachtung Überkopf-Verglasung gem. TRLV -demnächst DIN 18008-, ggf. Sonnenschutzglas im Dach, ggf. Schallschutz, ggf. „Selbstreinigungs“-Effekte, ggf. Absturzsicherheit gem. TRAV-demnächst DIN 18008-, ggf. Sicherheitsglas oder optimierte Lichtplatten
  • eine für die erforderliche Spitzenlast ausreichend dimensionierte und an den kältesten Stellen angeordnete Heizung, die gleichzeitig die erforderliche Luftzirkulation („Luftwalze“) bewirkt.
  • ein entsprechend den Nutzungszielen dimensionierter und bei beheizten Wintergärten wärmegedämmter Bodenaufbau mit entsprechender thermischen Trennung des Innenbodens und Sperrung gegen aus dem Boden aufsteigende Feuchtigkeit. - DIN 18195 Bauwerksabdichtungen
  • eine Dachrinnen- und Fallrohrheizung, da wegen der deutlich verbesserten Wärmedämmung die Verlustwärme nicht mehr ausreicht um Dachrinne und Fallrohre aufzutauen und damit Verstopfungen durch Eis und Schnee abzuwenden. An sonnigen Tagen kann sonst stauendes Tauwasser in die Konstruktion oder das Innere des Wintergartens eindringen, der in der Regel nur dicht für nichtdrückendes, abfliesendes Wasser konstruiert ist.

Verglasung von Wintergärten

Zum Befestigen der Glasscheiben bei Wintergartendächern gibt es verschiedene Möglichkeiten des Aufbaues. Bei den in den letzten beiden Jahrzehnten insbesondere bezüglich der thermischen Trennung optimierten Aluminium-, Stahl- und Kunststoff-Wintergartensystemen ist die Glashalterung integraler Bestandteil der tragenden Sparren, Wandanschlüsse und Traufen-Trägerprofile. Bei Holzwintergärten werden heute meist Alu-Auflageprofile oder Kunststoff-Thermoauflageprofile eingesetzt. Diese Verglasungsprofile sind als komplette Systeme erhältlich, dienen neben der Glashalterung dem Wetterschutz der Holzkonstruktion. Sie werden auf die Holz- Unterkonstruktion aufgesetzt und sind einfach zu verarbeiten. Hierbei gibt es auch Systeme, die die kalte Außenseite von der warmen Innenseite des Wintergartens thermisch trennen können.

Für die Verglasung der Seitenwände werden meist fertig verglaste Fenster, Fenstertüren, Schiebe- und Faltanlagen aus dafür spezialisierter Produktion eingesetzt. Es werden aber auch handwerklich gefertigte oder aus der großtechnischen Produktion stammende Pfosten-Riegelkonstruktionen mit den zu diesen Systemen gehörenden Glashalterungen eingesetzt.

Sonnenschutz und Lüftungssystem

Damit ein Wintergarten ganzjährig nutzbar ist, muss er neben einem Sonnenschutz ggf. auch Sonnenschutzglas auch über ein automatisches Lüftungssystem verfügen (ggf. mit Wärmetauscher, um Energie zu sparen). Falls er direkt nach Süden ausgerichtet ist, kann – besonders an ohnehin recht warmen Standorten, ein Laubbaum (Esskastanie, Birnbaum etc.), der im Sommer Blätter hat und Schatten spendet, aber im Winter das Licht weitgehend hindurch lässt, in ausreichendem Abstand von einigen Metern, im Sommer große Hitzebildung vermindern, ohne im Winter viel Sonnenlicht wegzunehmen. Ähnlich können ggf. im Sommer bei großer Hitze auch große Pflanzen (z.B. kleine Bäume) in Töpfen nach Bedarf auf die Außenseite gestellt werden (zumindest, falls der Wintergarten ebenerdig angelegt ist).

Eine automatisch gesteuerte Wintergartenlüftung verhindert auch in Abwesenheit der Nutzer eine Überhitzung im Sommer und Feuchteprobleme und deren Folgen im Winter, wie Feuchtigkeitskondensat und Schimmelpilzansiedlung.[1]

Stilrichtung Viktorianischer Wintergarten

Eine besondere Stilrichtung des Wintergartens sind viktorianische Wintergärten. Formen und Verzierungen aus dem England der Königin Victoria prägen bei diesen Wintergärten den Eindruck.

Historisch

Eine frühe Form des Wintergartens stellen die Orangeriegebäude dar. Sie wurden und werden zum Teil auch als Anlehnhaus konzipiert.

Einzelnachweise

  1. Vgl. hierzu: Wolfgang Isenmann, Ralf Adam, Günter Mersson: Feuchtigkeitserscheinungen in bewohnten Gebäuden. Verlag für Wirtschaft und Verwaltung, Essen 2008, ISBN 978-3-8028-0560-8

Literatur

  • Wolfgang Naumer: Energiesparend bauen und modernisieren. Haufe, München 2008, ISBN 978-3-448-08599-0
  • Günther Simon: Das energieoptimierte Haus. Planungshandbuch mit Projektbeispielen. EnEV 2009 bereits eingearbeitet. Bauwerk-Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-89932-135-7

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Wintergarten – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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