Wohlstandstheologie

Wohlstandstheologie

Wohlstandsevangelium (aus dem engl.: Prosperity Gospel, andere Sprachen z.T. wörtl.: Erfolgstheologie) ist die theologische Auffassung, Wohlstand, vor allem Geldvermögen und geschäftlicher wie persönlicher Erfolg, seien der sichtbare Beweis für Gottes Gunst. Wohlstand sei vorherbestimmt, oder gewährt im Gegenzug für das wirksame Gebet oder religiöse Verdienste. Der Begriff „Wohlstandsevangelium“ wird oft benutzt, um Prediger oder Kirchen zu kritisieren, deren Standpunkt in der angesprochenen Frage extrem oder fundamentalistisch erscheint und ist in religiöser Literatur weithin gebräuchlich.

Inhaltsverzeichnis

Lehre im fundamentalistischen Christentum

Das Wohlstandsevangelium ist ein häufiger Predigtbestandteil freikirchlicher Fernsehevangelisten vorwiegend aus den USA, sowie von charismatischen Kirchen oder Pfingstkirchen, obwohl es sich nicht ausschließlich auf deren Glaubensverständnis beschränkt. Die Ursprünge liegen in den USA. Vertreter sind Joyce Meyer, Reinhard Bonnke (Wunder als immaterieller Wohlstand[1]), Benny Hinn, Dr. Wolfhard Margies, Volkhard Spitzer sowie die im deutschsprachigen Raum weniger bekannten Prediger Kenneth Hagin, Kenneth Copeland, Robert Tilton, Creflo Dollar usw.[2] Die von ihnen propagierte „Wohlstandstheologie“ erschließe dem Menschen anhand des „Empowerment-Konzepts“ ein Leben in Gesundheit, geordneten Verhältnissen und Luxus. Dies sei der Lohn für die Förderung des Evangeliums und der christlichen Arbeit in der ganzen Welt und demnach gottgewollt. Dieses Konzept entspricht dem „American Dream“. Fortschritt, Erfolg und Reichtum seien von Jedem erreichbar.[3]

Wolfhard Margies schreibt sogar, die verfolgten Christen in Russland seien Opfer ihrer eigenen, nicht ausgelebten Glaubensüberzeugung, weil sie diese Gesetze des Glaubens, die ja Gesundheit und Erfolg garantieren, nicht angewendet hätten. Sie „... haben durch ihre unbiblischen, dem Willen Jesu zuwider laufenden Leidensprioritäten die Obrigkeit indirekt in die jahrhundertelangen antigöttlichen Herrschaftsformen getrieben. Mit ihrem verkehrten Verständnis haben sie dann schließlich das geerntet, was sie gesät haben.“[4] Der südkoreanische Pastor Yonggi Cho spricht von der „Befreiung vom Fluch der Armut“. Wohlstand und Erfolg seien der sichtbare Beweis für Gottes Wohlgefallen.[5] Von ihm beeinflusst ist Siegfried Müller vom Missionswerk Karlsruhe, der in einer Predigt vom 19. Oktober 1986 erklärte, dass wir Gott verunehren, wenn wir ein rostiges Auto fahren. In derselben Botschaft bezeichnet er sich als „König von Karlsruhe.“[6]

Eine überkonfessionelle Strömung in Deutschland, deren Lehre sich hauptsächlich im materiellen Wohlstand begründet, ist die Wort-des-Glaubens-Bewegung. Unterstützung für diese Interpretation des Evangeliums sehen die Befürworter in einem Vers des Alten Testaments der Bibel (5. Mose 8,18 EU): Sondern du sollst des HERRN, deines Gottes, gedenken; denn er ist es, der dir Kraft gibt, solchen Reichtum zu erwerben; auf dass er seinen Bund aufrechterhalte, den er deinen Vätern geschworen hat, wie es heute geschieht. (Schlachter-Übersetzung)

Der amerikanische Eschatologe David Wilkerson sieht den sich ausbreitenden Wohlstandsglauben unter Christen als Zeichen der „Endzeit“ dieser Welt.[7]

Gründe für die kritische Betrachtung

Kritiker dieser Prediger verweisen auf den ärmlichen Lebensstil von Jesus. Er ging zu den Ärmsten der Armen und lebte wie sie. Für Leid und Krankheit sei kein Platz im Wohlstandsevangelium.[8] Sie sehen in der Bibel keine Legitimation dafür, dass Christen Reichtum und materielle Güter anhäufen. Für Arme und Kranke sei weder durch die Kirche noch von Mitmenschen Hilfe zu erwarten, da die Lehre vom Wohlstandsevangelium über alle Maßen die Vorstellungs- und Willenskraft beanspruche. Die Lehre, man müsse selber die Verheißungen in Anspruch nehmen, berge die Gefahr des persönlichen Scheiterns, wenn sich der Erfolg nicht einstelle.

Der Schwerpunkt auf materiellem Reichtum sei schon deshalb falsch, weil Gott sowohl Gerechten (im Sinne von Gläubigen) als auch Gottlosen Reichtum zuteil werden lasse (vgl. Psalm 37 EU).[9] Reichtum vergehe, der Glaube bleibe bestehen.

In der Bibel sind vor allem die Freunde Hiobs Vertreter einer Wohlstandsideologie und erörtern mit Hiob deren Argumente und Gegenargumente ausführlich. Hiob kann seine prekäre Situation gegen die Auffassung seiner Freunde erst dann zum Segen wenden, als er sich selbst ganz Gottes Willen hingibt. Paulus wäre demnach weniger als Apostel, sondern als Versager ein Beispiel.[10] Asher Intrater schreibt, man müsse die Menschen auch vor der Gefahr der Gier warnen. Sie sieht das Problem der „Wohlstandsprediger“ in dem, was sie nicht predigen. Wenn du nur die Hälfte der Wahrheit predigst, dann führt dies (auch wenn es wahr ist) in die Irre.[11]

Die afrikanisch-amerikanische Religionsgemeinschaft Nationale Baptistische Convention prangerte das Wohlstandsevangelium an, weil viele schwarze Gemeinden unverschuldet in Armut leben. Buchautor Dr. Robert M. Franklin bezeichnete das Wohlstandevangelium als größte Bedrohung des geschichtlichen Erbes und der Kernwerte der zeitgenössischen schwarzen Kirchentradition und sagt: „Außerdem fehlt in dem Wohlstandevangelium oftmals der Aspekt der Gerechtigkeit“.[12]

Die katholische Kirche warnt, es werde suggeriert, das derjenige, der nur „richtig“ glaube und nach den moralischen Grundsätzen lebe, auch zwangsläufig Erfolg haben werde und glücklich durch das Leben komme. Durch den Erfolgszwang im Wirtschaftsleben und im familiären Alltag wachse die Suche nach einfachen Lösungen. Umkehrschluss dieser „Positiv-Denker“: Wem die praktische Umsetzung der Empfehlungen nicht gelänge, habe „ganz einfach noch nicht richtig geglaubt“.[13]

Verwandtes Gedankengut und weiterführende Theorien des Wohlstandsevangeliums

Berührungspunkte hat diese religiöse Lehre mit dem positiven Denken als eine Theorie in der Psychologie. Psychologen und Psychiater warnen ausdrücklich davor, dass die Methoden labile und depressive Patienten weiter schädigen können oder zum Realitätsverlust führen.[14] Weiterhin wird teilweise die Lehre von der Prädestination vertreten, um zu erklären, warum auch Christen, die augenscheinlich ihr Leben richtig führen, den materiellen Segen nicht erlangen. Weiterhin wird Askese gelehrt und in diesem Sinne unternehmerischer Erfolg im reformiert-puritanischen Kapitalismus als Belohnung für Verzicht und Entsagung aufgefasst.

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. Alexander Seibel rezensiert die „Feldzüge“ Bonnkes in Nigeria, den sog. „Feuer-Konferenzen“ mit inszenierten Wundern und möglicherweise Suggestivheilungen
  2. Unbiblische Praktiken und Lehren innerhalb der pfingstlich-charismatischen Bewegungen, zusammengestellt auf: www.vigi-sectes.org
  3. Artikel im christlichen Medienmagazin Pro vom 19. Mai 2006: Über Wohlstandsevangelisten: „Das Evangelium nach Dollar“
  4. Wolfhard Margies, Pastor der Gemeinde auf dem Weg Evangelische Freikirche e. V., Berlin, in seinem Buch Das Kreuz der Gesegneten, Aufbruch-Verlag, Berlin 1990
  5. Paul Yonggi Cho, Nicht nur Zahlen, Verlag Information und Kommunikation, Bad Homburg 1986, S. 35.
  6. Wolfgang Bühne, Spiel mit dem Feuer (PDF-Datei), CLV, Bielefeld 1991, S. 158.
  7. David Wilkerson: Gottes Vision für die Gemeinde der Endzeit! am 23.05.1994
  8. Marc Noll in einem Vortrag am Wheaton College (Wheaton, Illinois, USA)
  9. Predigt auf www.auftanken.de
  10. Vergleich: 1. Korinther 4, 8-10; 2, Korinther 6, 9-10.
  11. Asher Intrater in einem Aufsatz vom Juli 2007
  12. Onlinedienst Christen heute in einem Artikel von Audrey Barrick, 30 August 2007
  13. Kritik der Erzdiözese München und Freising am Buch Kraft zum Leben der Arthur S. DeMoss-Stiftung
  14. Positives Denken, Rezeption

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