Reinhard Bonnke

Reinhard Bonnke
Reinhard Bonnke 2006

Reinhard Bonnke (* 19. April 1940 in Königsberg / Ostpreußen), in der Presse mitunter auch als Mähdrescher Gottes bezeichnet[1][2], ist ein Evangelist aus dem Bereich der Pfingstbewegung.

Inhaltsverzeichnis

Beginn der Missionstätigkeit

Bereits als Neunjähriger erhielt Bonnke nach eigenen Aussagen eine göttliche Berufung als Missionar nach Afrika.[3] Er übernahm dies als sein Lebensziel und prägte später Aussagen wie: Afrika soll gerettet werden oder: Ein im Blut Jesu gewaschenes Afrika. Nach einer kaufmännischen Ausbildung studierte er am evangelikalen Bible College of Wales in Swansea, gründete anschließend eine zur Pfingstbewegung gehörende neue Gemeinde in Flensburg und wirkte dort sieben Jahre als Pastor.[4] Während dieser Zeit wurde er durch den BfP ordiniert.[5]

1967 begann er in Südafrika seine Tätigkeit als Missionar der Velberter Mission unter der Leitung der südafrikanischen Apostolic Faith Mission, AFM. Ab 1968 übernahm er ein eigenständiges Gebiet, den unabhängigen Bergstaat Lesotho. 1974 gründete Bonnke das Missionswerk Christ for all Nations (CfaN) mit Sitz in Witfield, einem Vorort von Johannesburg. Der kurz darauf gegründete deutsche Verein Christus für alle Nationen e.V. besaß seinen Sitz in Herrenberg, später nach Solingen verlegt. Da die Apartheidspolitik Südafrikas die Evangelisationstätigkeit eines dort ansässigen Werkes im restlichen Afrika damals erheblich erschwerte, wurde die Zentrale im Jahr 1986 nach Frankfurt am Main verlegt. CfaN ist nach eigener Aussage keinem kirchlichen oder freikirchlichen Verband angegliedert, sondern arbeitet überkonfessionell.

Missionarisches Selbstverständnis

Bonnkes Missionstätigkeit auf dem afrikanischen Kontinent ist geprägt durch mehrtägige Großveranstaltungen, die in der Regel abendliche Evangelisationen und kleinere, morgens stattfindende „Feuerkonferenzen“ für örtliche Pastoren und Gemeindemitarbeiter anbieten. Seine Veranstaltungen erreichen ein Publikum von mehreren hunderttausend Menschen und werden von lokalen christlichen Gemeinden nahezu aller Denominationen unterstützt.[6]

In seiner eigenen Terminologie unterscheidet Bonnke zwischen missionarischem und evangelistischem Wirken. Er erweitert das Aufgabenfeld des Evangelisten gegenüber dem Missionar insofern, als dieser sich generell an „unbekehrte Menschen“ richtet, nicht nur an solche, die faktisch einer anderen Religion angehören.[7] Dabei versteht er das Ziel seiner Tätigkeit in der Bekehrung als einer formalen Zustimmung zum christlichen Glauben. Dies erfolgt zunächst unabhängig von Taufe oder Kirchenmitgliedschaft. Die „Bekehrten“ werden aufgefordert, sich den Gemeinden und Kirchen vor Ort anzuschließen.[8] Die eigenen Angaben von 29 Millionen Bekehrungen (Stand: 2004)[9] bzw. 55 Millionen Bekehrungen (Stand: 2010)[10] bezeichnen damit lediglich Personen, die durch das Ausfüllen einer sog. Entscheidungskarte signalisieren, dass sie fortan eine christliche Lebensführung praktizieren wollen. Die sog. Nacharbeit nach der Evangelisation obliegt den teilnehmenden Gemeinden und Kirchen vor Ort.

Seine Massenveranstaltungen enden regelmäßig mit einem öffentlichem Bekehrungsaufruf und Gebeten für übernatürliche Heilung sowie Befreiung von dämonischen Geistern (Exorzismus) und auf der Stadt oder der Region lastenden Flüchen. Anschließend wird Besuchern Gelegenheit gegeben, ein sog. Zeugnis von empfangenen Heilungen zu geben. Besonders spektakulär war die angebliche Totenauferweckung des nigerianischen Pastors Daniel Ekechukwu im Jahre 2001[11] [12], die u. a. durch ein TV-Interview des berühmten US-amerikanischen Fernsehpredigers Pat Robertson mit Bonnke weltweites Aufsehen erregte.[13] Solche Ereignisse werden in der nigerianischen Gesellschaft kontrovers aufgenommen.[14] Spektakuläres Bühnenwirken nimmt eine zentrale Rolle in der Dramaturgie der Veranstaltungen ein.[11]

1994 startete Bonnkes Missionswerk Christus für alle Nationen ein Projekt, bei dem die evangelistische Broschüre Vom Minus zum Plus in allen Haushalten eines Landes per Postwurfsendung verbreitet wurde. Die Aktion begann in Großbritannien und wurde in mehreren Ländern, darunter Deutschland, Österreich, der deutschsprachigen Schweiz und Skandinavien fortgesetzt. Die internationale Gesamtauflage erreichte 93 Millionen.[15]

„Evangelism by Fire“

Über sein Selbstverständnis als Missionar und Evangelist hat Bonnke die Schrift Evangelism by Fire (deutscher Titel: Wenn das Feuer fällt) verfasst.[16] Demnach sieht er das Fundament seines Wirkens (wie auch jedes anderen Evangelisten) in Gottes Berufung („Salbung“), nicht jedoch in seiner theologischen Ausbildung. Die Berufung sei nicht hinterfragbar. Nicht Reflexion, sondern „Aktion“ sei die Substanz evangelistischer Autorität.

Bonnke sieht sich als Evangelist in einem Spannungsfeld zwischen Gottes Berufung und den ständigen Angriffen des Teufels, darunter auch der öffentlichen Kritik an seiner Arbeit.[17] Die Gefahr einer Immunisierung gegen jegliche Kritik sieht Bonnke dabei nicht. Seinem Verständnis entsprechend seien Dialog und Kritik nur innerhalb einer (christlichen) Geistgemeinschaft sinnvoll und möglich. Es sei zwar wichtig sich der Kritik der Feinde auszusetzen und sich von menschlichen Ratschlägen leiten zu lassen[18], indem er aber zwischen profanem und geistlichem „Feuer“ unterscheidet, sei jede außerhalb eines charismatischen Zusammenhangs geäußerte Kritik letztlich irrelevant.[19]

Kontroversen

Anhänger verehren Bonnke als „Prophet“[20] und heben seine Missionserfolge hervor. Gegner kritisieren Evangelisierungsmethoden, mit denen in Afrika Konflikte zwischen Christen und Muslimen entstehen würden, um die Kerngebiete des Islam zwischen dem 10. und 40. Breitengrad zu erobern: „Die katholische Kirche hat sich seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von der aggressiven Bekehrungsidee verabschiedet. Die neuen Scharfmacher praktizieren hingegen Mission pur. Sie führen einen Heiligen Krieg im Namen des Kreuzes, einen christlichen Dschihad.“[20] So führte im Jahre 1991 eine Missionsveranstaltung in Kano, einer Hochburg des militanten Islamismus in Nordnigeria, zu schweren Ausschreitungen. Zeitweilig wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Es soll nach offiziellen Quellen mehrere Hundert Todesopfer gegeben haben.[21] [22] Daraufhin wurde Bonnke in Nigeria bis 1999 zur unerwünschten Person erklärt.[23]

Bartholomäus Grill relativiert im Zeit-Artikel die Bedeutung des Krieges der Kulturen, den Glaubenskrieg christlicher und muslimischer Extremisten im Irak, in Afghanistan oder im Elendsgürtel um Paris und schreibt: Die nackten Zahlen aber belegen, dass dieser Krieg in Nigeria schon vor Jahren ausgebrochen ist. Man schätzt, dass er seit 1999 über 10000 Menschenleben gekostet hat. Zum Vergleich: Seit Beginn der zweiten Intifada in Palästina im Jahre 2000 starben auf beiden Seiten rund 4000 Menschen.[24] Bonnke verzichtet inzwischen auf provokativ aufgezogene Großveranstaltungen in Regionen mit überwiegend muslimischem Bevölkerungsanteil.

Bonnkes Lehren entsprechen der Wohlstandstheologie zum Handeln des Heiligen Geistes, vor allem hinsichtlich Dämonenaustreibung und Wunderheilungen. Während Bonnkes Lehre unter charismatischen Gemeinden überwiegend akzeptiert wird, gibt es in anderen Kirchen viele Vorbehalte gegenüber diesen besonderen Überzeugungen. Kritisiert wird die von Ihm proklamierte Verfügbarkeit über den Heiligen Geist, wenn bereits im Vorfeld einer Evangelisation Wunderheilungen und die Ausgießung des Heiligen Geistes angekündigt werden. Wer nur richtig glaubt, werde gesund, wer krank bleibt, habe angeblich nicht richtig geglaubt.[25]

Ein Pastor aus der freien evangelischen Gemeindebewegung, Helmut Weidemann, berichtet von einer „Feuerkonferenz“ in Frankfurt, in der für eine kranke Frau im Rollstuhl gebetet wurde. „Die Frau hat herzzerreißend geweint, und dann ging diese Frau nach Hause in diesem Bewusstsein: ‘Du bist nicht gesund geworden, weil Du nicht richtig glaubst’. Das ist falsche Lehre und ein Verbrechen an kranken Menschen.[25] Weiter recherchierte er über einen Zeitungsbericht zu einer angeblich ärztlich attestierten Heilung, doch weder diese noch eine andere der zahlreichen Wunderheilungen konnte oder wollte das Missionswerk CfaN nach einem längeren Briefwechsel nachvollziehbar belegen. „Ich habe Kassetten, da sind bestenfalls 10 Prozent Verkündigung, auch in den Veranstaltungen, 90 Prozent Heilung und Rummel um Heilung. Und wenn man der Heilung nachgeht, ist plötzlich der Auftrag die Verkündigung. Da schreibt er mir, … es sei schwierig, die angeschnittenen Fragen zu beantworten, und man müsse sich längere Zeit erst damit beschäftigen, sonst könne man auf die Nachfrage nach Heilung doch nicht antworten. … Ich habe noch nie soviel Unwahrhaftigkeit erlebt.“ Es werde behauptet, „hier geschähen Heilungen, wo absolut keine sind.[25] Bonnke äußert sich zu dieser Erwartungshaltung selbst, dass er nicht wisse, weshalb gewisse Menschen geheilt würden und andere nicht. Je länger er lebe, desto weniger könne er vorgeben zu wissen, was der Wille Gottes sei. Er wisse nur, dass es manchmal der Glaube der betreffenden Person war, durch den Gott sie geheilt hat.[26]

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. [1] Die Zeit-Online
  2. [2] Reader’s Edition, Der Mähdrescher Gottes
  3. Reinhard Bonnke, Im Feuer Gottes, ER-Productions, 2010. S.82 fgd.
  4. Reinhard Bonnke, Im Feuer Gottes, ER-Productions, 2010. S.183 fgd.
  5. [3] Evangelische Informationsstelle Relinfo (Stand: 1998)
  6. [4] Webseite zur Arbeitsweise auf bonnke.net
  7. Reinhard Bonnke, Evangelism by Fire, Kingsway, 1994. S.124 fgd.
  8. [5] Webseite bonnke.net
  9. [6]Ministrywatch (englisch)
  10. [7] Wikipedia-Artikel (englisch) zu Reinhard Bonnke
  11. a b Alexander Seibel: Die Wunder des Reinhard Bonnke
  12. [8] Shepardserve (englisch)
  13. [9] CBN.Com (englisch)
  14. [10] BBC News(englisch)
  15. [11]Bonnke.net/Geschichte
  16. Reinhard Bonnke: Wenn das Feuer Fällt, E.R. Productions, 2004 (deutsch)
    Originalfassung englisch: Evangelism by Fire, Kingsway, 1994
  17. Evangelism by Fire, S.121
  18. Evangelism by Fire S.36
  19. Evangelism by Fire S.6
  20. a b Bartholomäus Grill: Die Mähdrescher Gottes in: DIE ZEIT, Ausgabe 23, 27. Mai 2004
  21. [12] Neue Zürcher Zeitung (PDF)
  22. Gerettete Seelen. In: Der Spiegel. Nr. 44, 1991 (online).
  23. [13] Christianity Today (englisch)
  24. Indirekt gibt der Zeit-Artikel von B. Grill Bonnkes Missionsteam als einem der ersten in Afrika die Schuld am religiösen auseinanderdriften des schwarzen Kontinents.
  25. a b c Der Pastor der Freien evangelischen Gemeindebewegung, Helmut Weidemann, in einem Vortrag über herausragende Persönlichkeiten der Charismatischen Bewegung und ihre Lehren: Die Charismatische Bewegung (MP3-Vortrag, 83 Minuten)
    • 19’25”: Kritik zur Ankündigung der Feuerkonferenz: „Auftakt zur größten Ausgießung des Heiligen Geistes in Europa … Gott wird Zeichen und Wunder tun“
    • 44’47”: Bericht über eine offensichtlich nicht geheilte Besucherin der Feuerkonferenz
    • 48'47”: Bericht über einen Briefwechsel, mit der eine angeblich ärztlich attestierte Heilung belegt werden sollte; zitiert auch auf der Seite von Alexander Seibel
  26. Autobiografie Reinhard Bonnke - Living a Life of Fire - Seite 344

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