Württembergisches Statistisches Landesamt

Württembergisches Statistisches Landesamt

Das Württembergische Statistische Landesamt war eine Behörde des freien Volksstaates Württemberg (bis zum Ende der NS-Diktatur). Das Landesamt war Rechtsnachfolger des Statistisch Topografisches Bureaus des Königreichs Württemberg und einer der Vorgänger des Statistischen Landesamtes Baden-Württembergs.

Inhaltsverzeichnis

Dienstordnung 1928

Am 18. September 1928 erfolgte die Verordnung des Finanzministeriums des Landes Württemberg über eine Dienstordnung des Statistischen Landesamts, nach der das Amt die Aufgaben hat

  1. Angaben über alle staatlichen und gesellschaftlichen Erscheinungen, die für Verwaltung und Wissenschaft von Bedeutung sein können, zu sammeln, zu verarbeiten und zu veröffentlichen
  2. bei der Reichsstatistik in dem durch Gesetz und Übung bestimmten Umfang sowie die Bearbeitung der Ergebnisse der Reichsstatistik mitzuwirken
  3. die Ausführung der Landesstatistik, d.h. alle für Württemberg im Besonderen zu machenden Erhebungen, die von dem zuständigen Ministerium angeordnet oder von dem Statistischen Landesamt selbst für zweckmäßig erachtet werden sowie
  4. die geografische, statistische und geschichtliche Beschreibung des Landes zu betreiben.

Als weitere Aufgaben werden dem Statistischen Landesamt übertragen: die topografische und geologische Landesaufnahme und die Herstellung, Fortführung und Vervielfältigung entsprechender Karten, die Beobachtung und Erforschung der meteorologischen und geophysikalischen Verhältnisse des Landes durch die Landeswetterwarte.

In der Weimarer Republik hatte das Württembergische Statistische Landesamt den umfassendsten Aufgabenbereich.

Ausgliederungen

1935 erfolgte die Ausgliederung der Meteorologischen Abteilung. Bedingt war dies durch die Entwicklung der Luftfahrt. Die Reichsregierung hatte am 6. April 1934 die "Verordnung über den Reichswetterdienst" erlassen; danach gehörten die Aufgaben der Wetterbeobachtung in den Geschäftsbereich des Reichsministers der Luftfahrt, Hermann Göring. Weitere Ausgliederungen wurden 1936 mit der der Topographischen Abteilung und Bildung eines Topographischen Büros im Geschäftsbereich des württembergischen Innenministeriums sowie 1939 mit der Ausgliederung der Geologischen Abteilung des Württembergischen Statistischen Landesamtes und Eingliederung in die "Reichsstelle für Bodenforschung" vorgenommen.

Kriegsbedingt musste das Württembergische Statistische Landesamt 1943 in Bad Wildbad im Nordschwarzwald seinen temporären Amtssitz nehmen. 1944 erfolgte die Auslagerung der Bibliotheksbestände und von Datenmaterial auf das Schloss Wachenburg im damaligen Landkreis Horb und 1945 nach Ellwangen (Jagst) in Ostwürttemberg.

1945 wurde das Württembergische Statistische Landesamt aufgelöst.

Leiter des Württembergischen Statistischen Landesamtes

1914 – 1922 Karl von Haffner wird in Fortsetzung seiner Funktion im königlichen Statistischen Amt der erste Präsident des - nun republikanischen - Württembergischen Statistischen Landesamtes.

1922 – 1930 Professor Dr. Hermann Julius Losch (1863 - 1935) ist von 1893 bis 1930 Mitglied der württembergischen Statistischen Ämter, ab 1922 übernimmt er als Präsident die Leitung des Württembergischen Statistischen Landesamtes. Bereits 1904 besucht Losch das Bureau of the Census in Washington und lernt dort Holleriths Lochkartenverfahren kennen. Für die Volkszählung 1910 kann Losch, gestützt auf eingehende Rentabilitätsuntersuchungen, mit Zustimmung des Finanzministeriums einen Vertrag mit der Deutschen Hollerithgesellschaft (später IBM) abschließen. Das Württembergische Statistische Landesamt führt damit die maschinelle Datenverarbeitung in Württemberg ein. Aus organisatorischen und sozialpolitischen Gründen wird die maschinelle Datenverarbeitung nach dem Ersten Weltkrieg eingestellt. Im ersten Weltkrieg ist Losch Mitglied des wirtschaftlichen Kriegsausschusses und danach Vorstand der Landespreisstelle. Losch ist einer der ersten Statistiker, der sich mit der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und der Sozialproduktsberechnung beschäftigt. Er verfasst über 40 Publikationen insbesondere zu „Volksvermögen, Volkseinkommen und ihre Verteilung“. Als erster Statistiker beschäftigt er sich mit der Pendelwanderung, der Losch den wissenschaftlichen Namen gibt. Losch vereinbart 1927 mit dem Schwäbischen Albverein, dass dieser jährlich mindestens 25.000 Wanderkarten im Maßstab 1 : 50 000 abnimmt, damit ist trotz knapper Haushaltsmittel die rasche Erscheinungsfolge der Wanderkarten garantiert.

1930 – 1933 Otto Müller ist nomineller Nachfolger von Losch. Tatsächlich wird das Amt von Dr. Otto Trüdinger (1866 - 1949) geführt, einem Schüler von v. Rümelin. Trüdinger trat bereits 1893 in den Statistischen Dienst. Von 1915 bis 1923 ist er zunächst zweiter dann erster Vorsitzender der Landespreisstelle. Auf Trüdinger geht die erfolgreiche Weiterentwicklung der Landwirtschaftsstatistik zurück.

1933 – 1938 Karl Hermann Seeger (1873 - 1950), der seit 1929 ständiger Delegierter des württembergischen Finanzministeriums beim Württembergischen Statistischen Landesamt ist, übernimmt 1933 die Leitung des Amtes. Während seiner Amtszeit werden die Abteilungen Meteorologie, Topografie und Geologie vom Statistischen Amt losgelöst. Ihm gelingt es, die wissenschaftliche Arbeitsweise der württembergischen Statistik zu erhalten. 1938 tritt Seeger in den Ruhestand. 1939 bis 1943 wird er für den statistischen Dienst reaktiviert.

1938 – 1945 Prof. Dr. Josef Griesmeier (1891 - 1969) beginnt 1929 seinen statistischen Dienst im Württembergischen Statistischen Landesamt. Von 1938 bis 1945 leitet er als Direktor das Amt. 1946 verliert er im Rahmen eines Entnazifizierungsverfahrens seine Funktionen. Er ist gewähltes Mitglied des Internationalen Statistischen Institutes und im Vorstand und später Ehrenmitglied der Deutschen Statistischen Gesellschaft. Ab 1936 lehrt Griesmeier Statistik an der Universität Tübingen, die ihn 1941 zum Honorarprofessor ernennt. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist er Lehrbeauftragter an der TH Stuttgart. Forschungsschwerpunkte Griesmeiers sind die Zusammenhänge zwischen wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung, Wanderungsbewegungen seit der Bauernbefreiung, Urbanisation, Pendelwanderung und Wahlverhalten.

Quellen


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