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Speichermedium
Lochkarte
Hollerith-LochkarteAllgemeines Typ mechanisches Speichermedium Größe verschiedene Größen
z. B. Hollerith-Lochkarte: 18,7 cm × 8,3 cm × 0,17 mm KartonUrsprung Markteinführung Mitte 18. Jahrhundert Nachfolger Datensatz in Datei Eine Lochkarte (LK) ist ein aus Spezialpapier gefertigter, in der Datenverarbeitung bis in die 1970er Jahre zur Datenerfassung und -Speicherung häufig verwendeter Datenträger. In ihm wurden die Dateninhalte durch einen Lochcode abgebildet, der mithilfe von elektro-mechanischen Geräten erzeugt und verarbeitet wurde.
In den Zeiten der maximalen Verbreitung von Lochkarten, das war direkt vor der Verfügbarkeit elektronischer Speichermedien, konnten vielen Computersystemen ihre Eingabedaten ausschließlich über Lochkarten zugeführt werden. Auch zur Speicherung von Bestandsdaten (z. B. Kontoinformationen einer Bank) wurden zunächst Lochkarten verwendet. In der Softwareentwicklung wurde der Programm-Quellcode von den Programmierern auf Lochkarten erfasst, archiviert und bearbeitet. Sogar zum Laden von Programmen im Maschinencode wurden Lochkarten verwendet. Sukzessive wurden jedoch die Lochkarten durch elektronische Speichermedien wie Magnetbänder und Magnetplatten sowie für die Eingabe durch andere Datenträger und durch Bildschirmgeräte abgelöst. Länger hielten sich Lochkarten als Trägermedium für JCL-Steueranweisungen, über die Jobs bereits unter Nutzung elektronischer Programmbibliotheken ausgeführt wurden.
Inhaltsverzeichnis
Historie
Ursprung
Lochkarten und lochkartenähnliche Systeme wurden ab etwa der Mitte des 18. Jahrhunderts im Bereich der Automatisierung und der Datenverarbeitung verwendet. Sie wurden meist eingesetzt, um wiederkehrende Abläufe rationell zu wiederholen. Es wurden unter anderem lochkartengesteuerte Webstühle gebaut, wobei die ersten Lochkarten hier hölzerne Plättchen waren, bekannt ist vor allem der Jacquard-Webstuhl von Joseph-Marie Jacquard. Drehorgeln werden oftmals noch heute mit lochkartenähnlichen Speichermedien (sogenannte Faltkartonnoten oder Lochbandrollen) gesteuert, aber auch andere automatische und teilautomatische Musikinstrumente bedienen sich dieses Verfahrens. Charles Babbage sah für seine Analytical Engine eine Lochkartensteuerung vor. Frühe Datenverarbeitungs- und -registrieranlagen waren ohne Lochkarten nicht denkbar.
Die Ursprünge der Lochkarte gehen auf die Funktionsweise von Spieldosen und anderen Automaten zurück, in denen eine sich drehende Walze oder Scheibe mit darauf angebrachten Stiften oder Löchern die automatisierte Wiedergabe von Musikstücken und die Steuerung mechanischer Abläufe ermöglichte.
Das Grundprinzip der Datenspeicherung einer Lochkarte ist, dass die für eine spezielle Funktion eines Automaten relevanten Daten in geeigneter Form kodiert werden. Beispielsweise werden in ein aus dünnem Karton bestehenden Speichermedium Löcher gestanzt, deren Position vom jeweiligen Code vorgegeben wird. Um die Funktion dann zu einem beliebigen Zeitpunkt auszuführen, werden die Löcher des Speichermediums durch eine Leseeinheit abgelesen und durch eine geeignete Vorrichtung passend decodiert, so dass sie der Funktion zugeordnet werden können. Die Abtastung der Steuerbefehle kann auf mechanischem, pneumatischem, opto-elektrischem oder auch elektromechanischem Wege geschehen.
Mechanische und auch elektromechanische Speichersysteme, die Daten durch Löcher in einem externen Medium aus Papier, Karton oder ähnlichem speichern, boten vor der Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung, im Gegensatz zu Systemen wie etwa der Stiftwalze, die wirtschaftlichste Möglichkeit, codierte Daten schnell zu vervielfältigen und mit einfachen Mitteln einen neuen Code zu schreiben.
Hollerith-Lochkarte
Die später im Computerbereich weit verbreitete Lochkarte geht auf die US-amerikanische Volkszählung 1890 zurück, zu der Herman Hollerith ein auf Lochkarten basierendes Verfahren einschließlich der zugehörigen Stanz- und Auswertemaschinen Tabelliermaschinen entwickelte. Die Volkszählung wurde zwischen dem 1. Juni 1890 und dem 1. Juli 1890 durchgeführt. Die Daten zur Einwohnererfassung wurden manuell direkt in die Tabelliermaschinen eingegeben. Die Ergebnisse dieser Daten wurden am 12. Dezember 1890 veröffentlicht. Alle anderen Daten wurden zuerst in die Lochkarten gelocht und dann mit den Tabelliermaschinen ausgewertet. Der erste Teil der Ergebnisse wurde am 12. Dezember 1892 als Compendium of the Eleventh Census Part I veröffentlicht. Die Teile 2 und 3 wurden 1894 und 1896 veröffentlicht.
Die Lochkarte wurde nach ihrer Massenpremiere, der Volkszählung, vor allem in mechanischen und elektromechanischen Rechen- und Lochkartensortierern und Lochkartenmischern eingesetzt. Es dauerte allerdings bis 1928, bevor die Lochkarte ihr endgültiges, standardisiertes Format bekam (das übrigens nicht, wie gelegentlich behauptet, der Größe des damaligen Ein-Dollar-Scheins entspricht). Nach ihrem Erfinder war für diese Art Lochkarten auch die Bezeichnung Hollerithkarte üblich.
Eine Hollerith-Lochkarte ist ein rechteckiges, etwa 18,7 cm × 8,3 cm großes Stück 0,17 mm dünner Karton, in das in vorgegebene Positionen spaltenweise Löcher gestanzt werden, um eine Folge von Zeichen (heute würde man sagen: eine Zeile Text) zu codieren.
Als im 20. Jahrhundert Computer entwickelt wurden, boten sich die schon etablierten Lochkarten als Medium zur Programmeingabe und Datenspeicherung an.
Das erste Format der Hollerith-Lochkarten, das bei der Volkszählung im Jahr 1890 verwendet worden war, sah 240 Positionen für Löcher vor, es wurde jedoch bald auf 45 Spalten mit je 12 Positionen erweitert. Dies entsprach 45 Zeichen zu je 12 bit (später wurde eine 6-bit-Codierung erfunden, die es erlaubte, 90 Zeichen zu speichern). IBM ließ sich 1928 ein 80-Spalten-Format mit rechteckigen Löchern patentieren, das die weiteste Verbreitung fand und auch noch heute bei Großrechneranlagen von IBM zu finden ist; die bis heute übliche maximale Zeilenlänge von knapp 80 Zeichen in E-Mails und Textdateien geht auf dieses Lochkartenformat zurück, ebenso das Darstellungsformat von meist 80 Zeichen Breite auf den Terminals von IBM-Großrechnern, welche u. a. als Datenerfassungsgeräte die Lochkarten später verdrängten. In die Lochkarte können in 80 Spalten und in 12 Zeilen Löcher gestanzt werden. Ursprünglich konnte nur ein Loch pro Spalte für Ziffern benutzt werden. Später kam eine zweite Lochung für Großbuchstaben und eine dritte Lochung für Sonderzeichen hinzu. Mit Verwendung des EBCDIC-Codes seit 1964 wurden bis zu 6-fach-Lochungen zugelassen. Dabei entsprach eine Karte einer Zeile Text und eine Spalte der Karte einer Zeichenposition der Zeile. Eine Lochkarte hatte somit ein Fassungsvermögen von etwa 80 Byte. Eine 80-GB-Festplatte kann somit den Inhalt einer Milliarde Lochkarten speichern. Das würde einem Lochkartenstapel von 170 km Höhe entsprechen.
Die feste Ausrichtung an den Spalten der Lochkarten hatte Auswirkung auf die Syntax mancher Programmiersprachen. Bei alten Fortran-Varianten waren die ersten fünf Spalten für ein numerisches Label vorgesehen. Bei zügiger Durchsicht der Lochkarten konnte sehr einfach erkannt werden, wenn ein Label oder der Quellcode falsch positioniert waren. Ein beliebiges Zeichen in Spalte 6, üblicherweise ein Sternchen oder ein großes C (für Continue), bedeutete: Fortsetzungskarte, d. h. die Anweisung auf der vorherigen Lochkarte/Zeile wird ab Spalte 7 fortgesetzt. Die acht Spalten 73 bis 80 waren bei Fortran für Kommentare reserviert. Hier lochte man oft eine fortlaufende Nummer, damit man einen heruntergefallenen Lochkartenstapel leichter sortieren konnte. Auf für Fortran-Programme hergestellten Lochkarten waren diese Bereiche optisch deutlich markiert. Die Programmiersprache COBOL basiert mit ihrer Sprachsyntax ebenfalls auf der Lochkarte. Auch die Datenkarten hatten normalerweise ein festes Format, wobei ein Datensatz einer Karte entsprach und dort die Eingabedaten wie beispielsweise Betrag, Kundennummer und Datum festen Bereichen der Spalten zugeordnet waren.
Zahlreiche Verbesserungen der Lochkartensysteme gehen auf Gustav Tauschek (1899–1945) zurück.
Arbeitsweise
Erstellung von Lochkarten
Um Lochkarten zu erstellen, gab es Lochkartenlocher, die, manuell bedient, spaltenweise Löcher so in die Karte stanzten, dass sie je nach vertikaler Lochposition und -kombination ein anderes definiertes Zeichen repräsentierten. Neuere Geräte druckten zusätzlich zum gestanzten Code – um die Karte auch für Menschen lesbar zu machen – den Inhalt als Klartext am oberen Rand mit auf die Karten. Erfahrene Programmierer konnten die Informationen auch ohne weitere Hilfsmittel, einfach nur durch Betrachtung der Lochpositionen, interpretieren.
Diese Geräte hatten eine Schreibmaschinentastatur (meist mit numerischer Blocktastatur), eine Zuführvorrichtung für leere und eine Ablagevorrichtung für erstellte Lochkarten sowie – zur Steuerung und Beschleunigung der Erfassungsvorgänge – eine sog. Programmkarte. Diese war z. B. auf einer rotierenden Trommel aufgespannt, die von elektrischen Fühlern abgetastet wurde und je nach Inhalt der Karte bestimmte Funktionen steuerte. So konnten z. B. Felder (Spaltenbereiche) als numerisch oder alpha-numerisch definiert werden. Bestimmte Felder konnten direkt angesprungen oder übersprungen werden, so dass nur das Eintippen bestimmter Feldinhalte nötig war, ohne Steuertasten zu betätigen. Andere Programmbefehle bewirkten das Kopieren bestimmter Spaltenbereiche von einer vorhergehenden auf die neue Karte.
Auf der Tastatur gab es eine Kopiertaste, mit der die gerade gestanzte Karte bis zu einer gewünschten Spalte kopiert werden konnte. Diese Funktion wurde später von Betriebssystemen mit Terminal-gesteuerter Eingabe übernommen, um eine editierte Zeile auf einem Fernschreiber oder später auch auf dem Monitor neu auszugeben. Die zuletzt eingegebene Zeile kann noch heute z. B. bei der Windows-Eingabeaufforderung zeichenweise durch die Cursor-rechts-Taste und im ganzen durch die Cursor-oben-Taste kopiert werden.
Optional konnten zur Kontrolle auf einer zweiten Maschine, dem Lochkartenartenprüfer, die Daten nochmals eingegeben werden. Wenn die Lochungen übereinstimmten, wurde die Karte als geprüft gekennzeichnet, sonst musste sie korrigiert werden.
In seltenen Fällen kamen Handlocher zum Einsatz, mit denen, ggf. nach dem Überkleben fehlerhafter Lochungen, bestimmte Spalten nachgelocht werden oder ganze Karten neu erstellt werden konnten.
Verarbeitung der Lochkarten
Eingelesen wurden die Lochkarten durch den Lochkartenleser, ein Peripheriegerät des Rechners. Der Lochkartenstapel wurde dazu in einem Leseschacht aufgelegt und – zur besseren mechanischen Zuführung – mit einem Gewicht beschwert. Auf Knopfdruck wurde der Lesevorgang gestartet. Durch ein Gebläse und über Rollen wurde der Stapel direkt vor dem Karteneinzug 'aufgelockert' und eine Karte nach der anderen eingelesen. Der Lesevorgang erfolgte entweder durch mechanisches Abtasten mit Stiften, durch Bürsten – wobei die Lochkarte als Isolator zur Kontaktwalze diente – oder durch Lichtschranken mit Fotozellen.
Die damaligen Programme waren nicht interaktiv; ein Programm wurde gestartet, las Eingabedaten eines bestimmten Ordnungsbegriffs, verarbeitete sie und gab Ergebnisdaten aus – wieder als Lochkarten und / oder über Drucker. Dabei wurden sowohl der Kartenleser als auch der Lochkartenstanzer und der Drucker als Peripheriegeräte der Zentraleinheit vom Programm gezielt angesteuert.
Diese Arbeitsweise bedingte bis zu drei 'Sätze' von Lochkarten: Ein Satz enthielt das Verarbeitungsprogramm (im Maschinencode oder auch als Programm-Quelltext), das zu Beginn der Arbeit in den Arbeitsspeicher geladen wurde − sowie technische Steueranweisungen für die Verarbeitung („Jobkarten“ für die JCL); ein zweiter Satz enthielt die Eingabedaten; ein dritter Satz waren bei Bedarf (oft reichte eine Druckausgabe der Ergebnisse) die erzeugten Ausgabedaten (die i. d. R. zum nächsten Verarbeitungstermin wieder als Eingabe verwendet wurden).
Der Begriff 'batch'
Die englische Bezeichnung für einen Kartenstapel ist batch, und der ganze Prozess der Verarbeitung sowie auch der Programmstapel war ein Job. Daraus wurden die Begriffe Batchjob, Batchdatei und auch die Dateiendung bat für eine DOS-Datei. Und batch benutzt man auch als Synonym für den Begriff Stapelverarbeitung.
Nutzung weiterer Lochkartengeräte
- Lochkartenbeschrifter: Da manche Stanzer die Karten nicht in Klartext beschriften konnten, gab es dafür zum Teil separate Geräte, die lediglich die Lochcodes lasen und diese Beschriftung nachholten. Auch Kartenlocher konnten dafür nachträglich benutzt werden. Das Beschriften war nur erforderlich, wenn die Lochkarten von Menschen bearbeitet werden mussten, z. B. Programmcode-Lochkarten durch Programmierer.
- Lochkartensortierer – zur elektro-mechanischen Sortierung von Lochkarten vor der Verarbeitung
- Lochkartenmischer – zum Mischen der Lochkarten aus verschiedenen Kartenstapeln, z. B. Bewegungsdaten nach Stammdaten. Hierzu enthielten die Lochkarten meist in den vordersten Spalten eine 'Kartenart' – die auch in der Verarbeitung der Datenerkennung diente. Der Mischer konnte auch zum Trennen von Datenstapeln (z. B. nach der Verarbeitung) verwendet werden.
- Es war auch möglich, die mit Einführung der ersten Zeilenterminals ebenfalls eingeführten Zeileneditoren mit Lochkarten zu bedienen und somit gespeicherte Programme zu ändern; eine Kunst, die vor allem Studenten in den hoffnungslos überlaufenen Datenstationen der Hochschulen beherrschten.
Transport
Ein nicht unbedeutender Aspekt der Lochkartenverarbeitung war die Notwendigkeit, die Lochkarten zwischen den verschiedenen Bearbeitungsstationen körperlich zu transportieren. Je nach Situation war dies eine logistische Herausforderung, denn nur selten wurden die Lochkarten dort verarbeitet (im Rechenzentrum), wo sie auch erzeugt wurden (z. B. im „Lochsaal“).
- Transport zur Verarbeitung: So fielen u. U. weite Transportwege und lange Transportzeiten an. Beispiel: Für die in einem Rechenzentrumsverbund vereinigten Kreditinstitute[1] waren Kurierdienste organisiert, die die erstellten Lochkarten arbeitstäglich am Abend einsammelten, sie ins Rechenzentrum oder zu lokalen DFÜ-Stationen transportierten und am frühen Morgen die Verarbeitungsergebnisse (Kontoauszüge, Listen ...) an bis zu 750 Banken zurücklieferten. Dabei wurden täglich mehrere tausend Kilometer an Fahrleistung zurückgelegt.
- In der Softwareentwicklung: Wenn der Quellcode von Programmen auf Lochkarten gespeichert war, mussten die Programmierer im Fall von Programmänderungen geänderte, neue und zu entfernende Karten im Kartenstapel manuell einarbeiten und das gesamte Programm zur Compilierung im Rechenzentrum anliefern. Bei größeren Programmen waren das schon mal 5–8000 Karten, also ca. 4 Kartons mit je ca. 2–3 kg an Gewicht. Der Begriff Datenträger war also durchaus doppeldeutig.
- Im Rechenzentrum: Von den Anlieferungsstationen wurden die Lochkarten abgeholt, in der Arbeitsvorbereitung geprüft und ergänzt und in den Maschinensaal gebracht. Dort wurden sie zum geplanten Termin verarbeitet und in die Archive oder an die Einlieferer über Ergebnisfächer ausgeliefert.
Transportiert wurden die Lochkarten im Allgemeinen in Kunststoffbehältern, in denen die Lochkarten bei unvollständiger Füllung mit Klemmleisten fixiert wurden. Zum Teil, z. B. innerhalb eines Gebäudes, wurden auch die Kartons verwendet, in denen die Lochkarten vom Hersteller geliefert wurden, je Karton 2000 Stück. Für größere Datenmengen wurden innerhalb von Gebäuden Transportwagen benutzt.
Lager und Archive
Die Arbeit mit Lochkarten erforderte auch Raum zu deren Aufbewahrung. Solche Lager waren zum Beispiel wie folgt organisiert:
- Lager für Leerkarten (in der Nähe der Lochstationen): Hier lagerten neutrale Karten und – zur besseren Lesbarkeit durch Bearbeiter – Karten mit Aufdruck der einzelnen Kartenfelder. Größere Lager bewegten sich durchaus im Kubikmeter-Bereich oder füllten ganze Räume.
- Angelieferte, zur nächsten Verarbeitung anstehende Lochkarten, geordnet nach den diversen Anlieferern, Anwendungen etc.
- Bestandsdaten aus abgeschlossenen Verarbeitungen, benötigt für spätere Verarbeitungen; geordnet nach Bestandsarten
- Eingabedaten nach der Verarbeitung – für weitere Verarbeitungen, z. B. die Monatsverarbeitung, Zinsrechnung etc.
- Eingabedaten nach der letzten Verarbeitung − zur Datensicherung
- Quellcode-Archive und auch Kartenbestände mit Maschinencode (solange es keine Programmbibliotheken gab)
- Recyclingbestände nach Ablauf der Datensicherungszeit – bis zur Abholung zum Recycling
Alle diese Archive wurden manuell befüllt bzw. aus ihnen wurden Kartenstapel für die Verarbeitung manuell entnommen. Ein funktionierendes Ordnungssystem und dessen Einhaltung waren unabdingbare Voraussetzungen für das Funktionieren der Bearbeitungsprozesse.
Lochkartencodierung
Die Lochkarten von IBM, z. B. auf Systemen der Serie 360, wiesen 80 Spalten auf, für jedes Zeichen eine Spalte. Horizontal gab es 12 Reihen, oben 2 Reihen für sog. „Überlochungen“ und darunter 10 Reihen für die numerischen Werte 0 bis 9. Die Überlochungen wurden auch „Zonen“ oder „Zonung“ genannt: 12er und 11er Zone. Die Null-Reihe des numerischen Teils wurde bei Mehrfachlochungen ebenfalls als Überlochung benutzt und bezeichnet, die 10er-Zone.
Für die Abbildung bestimmter Zeichen oder Werte wurden folgende Lochungen verwendet und umgekehrt (die Lochungen wurden als entsprechende Zeichen interpretiert):
- Ziffern 0 – 9 ohne Vorzeichen: Lochung in einer der numerischen Reihen 0–9
- Ziffern 0 – 9 mit Vorzeichen: negative Zahlen wurden zusätzlich zur Lochung 0–9 mit Überlochung in der 11er Zone der letzten Ziffernspalte codiert; positive Zahlen wurden in manchen Fällen mit 12er Überlochung dargestellt, in der Regel jedoch ohne Überlochung als neutrale Zahl.
- Alphabet A bis I: 12er Zone plus numerisch 1 bis 9
- Alphabet J bis R: 11er Zone plus numerisch 1 bis 9
- Alphabet S bis Z: 10er Zone plus numerisch 2 bis 9
- Kleinbuchstaben, Umlaute und Sonderzeichen sowie (in einer späteren Version des LK-Codes) alle Kombinationen des EBCDIC-Codes wurden mit weiteren Lochkombinationen, und zwar mit bis zu 6 Lochungen je Spalte, dargestellt.
Man erkennt einen gewissen Zusammenhang zwischen der Lochkarten-Codierung und dem EBCDIC-Code – in dem die Lochkarteninhalte im Hauptspeicher oder auf elektronischen Datenträgern in hexadezimaler Form gespeichert wurden: Die Überlochungen gingen in das erste Halbbyte ein (den Zonenteil), die numerischen Lochungen (bei Ziffern) unverändert in das zweite Halbbyte (den Nummernteil). So wurde z. B. der Buchstabe „A“ hexadezimal zu „C1“, der Buchstabe „S“ zu „E2“, die vorzeichenlose Ziffer „3“ zu „F3“. Als positiver Wert wurde die „3“ mit „C3“, als negativer Wert mit „D3“ gespeichert. Sollten LK-Felder intern in anderen Formaten verarbeitet werden, so wurden sie in diese Formate konvertiert – zum Beispiel ins Binärformat.
Somit war in einer Lochkartenspalte z. B. der negative Wert „−4“ mit einer 11er Überlochung und der 4 im Nummernteil codiert – identisch zum Buchstaben „M“. Ob „M“ oder „minus 4“ galt, war davon abhängig, ob das verarbeitende Programm die Spalte als Teil eines Textfelds oder als (letzte Spalte) eines numerischen Feldes interpretierte.
Spätere Geschichte
Transportable Massenspeicher (wie Magnetbandkassetten oder später Disketten), die ab Mitte der 1960er Jahre eingeführt wurden (und noch später die Fernübertragung von Eingabedaten – online, DFÜ) verdrängten sukzessive die Lochkarte als Erfassungsmedium. Eine in den späten 1960er Jahren von IBM vorgestellte kleinere Karte höherer Kapazität konnte sich nicht mehr durchsetzen. Als Speicher- und Verarbeitungsmedium für Programmdaten, die Stammdaten oder auch für Zwischenergebnisse wurden neuere und schnellere Speichermedien wie Magnetbänder und Magnetplattenspeicher verwendet.
Kurzzeitig wurden auch „Magnetkarten“ verwendet, welche die gleichen Abmessungen wie die Lochkarten hatten. Auf diesen Karten wurden die „Löcher“ durch die magnetisch gespeicherte binäre „Eins“ ersetzt. Manche Lesesysteme konnten sogar Magnetkarten und Lochkarten lesen.
Lochkartensysteme fanden wegen ihrer Robustheit aber auch andere Anwendungsbereiche, so zum Beispiel als Programmträger für Waschmaschinen oder für Schlüsselkarten und Ausweiskarten. Teilweise wurden die Lochkarten dabei in transparenten oder durchscheinenden Kunststoff eingeschweißt. Mittlerweile sind auch diese Lochkarten wieder weitgehend durch Chipkarten und ähnliche Systeme ersetzt worden.
Lochkarten im Hollerith-Format gibt es heute noch bei einigen mechanischen Stempeluhren. Das Bild rechts zeigt einen nahezu baugleichen Lochkartenleser aus den 1970er Jahren mit einer Leseleistung von 1000 Karten/Minute. In der Computertechnik sind echte Lochkarten heutzutage nicht mehr von Bedeutung. Jedoch werden noch immer häufig Umfragedaten in Dateien gespeichert, deren Format an Lochkarten angelehnt ist – auch im 21. Jahrhundert gibt es also noch „Spalten“ und „Karten“, wenn auch nur virtuell (siehe: Liste der Begriffe und Methoden der Marktforschung).
Lochkarten finden auch noch in US-amerikanischen Wahlmaschinen Verwendung. Bei der Wahl von George W. Bush zum Präsidenten der USA wurden teilweise Wahlzettel verwendet, die vom Wähler wie Lochkarten von Hand mit einem Stift gelocht werden mussten.[2]. Das stellte sich als extrem unzuverlässig heraus und ist deshalb stark in die Kritik geraten.
Die von Hollerith gegründete Firma Tabulating Machine Company wurde später in IBM umbenannt.
Sonderformen
Randlochkarte
Bis in die 1990er Jahre gab es so genannte Randlochkarten – manchmal auch als Kerblochkarte bezeichnet –, die manuell bearbeitet wurden. Verschiedene Suchkriterien (zum Beispiel im Bibliothekswesen) wurden mit Löchern oder Schlitzen an allen vier Rändern der Karte codiert.
Die Karten hatten alle im uncodierten Zustand dieselbe Anordnung von Löchern am Rand. Durch Entfernen des Materials zwischen Loch und Kartenrand entstand ein Schlitz, die Codierung. Hatte man jetzt mehrere Karten mit unterschiedlicher Codierung, so konnte man mit Hilfe einer Nadel, die durch die Löcher passte, die Karten sortieren.
Man stellte zuerst die unsortierten Karten als Stapel zusammen (damit man erkennen konnte, dass diese alle mit der richtigen Seite in eine Richtung lagen, war bei allen Karten die obere rechte Ecke abgeschrägt). Anschließend konnte man eine oder mehrere Nadeln durch die gewünschten Löcher (Suchkriterium) stecken. Durch Anheben der Nadeln wurden nur die Karten mit angehoben, die an diesen Positionen noch intakte Löcher hatten. Waren an diesen Stellen Schlitze, fielen diese Karten unten aus dem Stapel heraus.
Filmlochkarte
Eine Sonderform der Lochkarte stellte die Filmlochkarte nach DIN 19053 dar. Diese hatte einen 35-mm-Mikrofilm eingeklebt. Dadurch konnten z. B. technische Zeichnungen rasch aus einem Lochkartenbestand per Sortierung extrahiert werden.
Schlüssellochkarte
Kleine Lochkarten werden manchmal auch in Hotels als Schlüsselkarten verwendet.
Siehe auch
Literatur
- William Asprey: Computing before Computer. Iowa State University Press, 1990
- Geoffrey D. Austrian: Herman Hollerith. Forgotten Giant of Information Processing. Columbia University Press, New York 1982
Weblinks
Commons: Lochkarte – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWiktionary: Lochkarte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen- Noch funktionierende Lochkarten-EDV im Museum
- Haus zur Geschichte der IBM Datenverarbeitung - außergewöhnliche Sammlung mit funktionsfähiger IBM Originalhardware
- http://ed-thelen.org/comp-hist/ibm-077-collator.html
- http://www.pattonhq.com/ibm.html
- Ansicht einer Filmlochkarte nach DIN 19053
- Veröffentlichungen des Census Office mit den Ergebnissen der Volkszählung von 1890
Einzelnachweise
- ↑ Bayerische Genossenschaftsbanken mit vielen kleinen, später noch zwei Großrechenzentren
- ↑ Entscheidung vor Gericht. SPIEGEL 46/2000, S. 196 (pdf-Datei, 521 kB) mit Abbildung von verwendeten Karten
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