Bellmer

Bellmer

Hans Bellmer (* 13. März 1902 in Kattowitz (heute Katowice), Polen; † 24. Februar 1975 in Paris) war ein deutscher Fotograf, Bildhauer, Maler und Autor.

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Leben und Werk

Als Kind entwickelt er Furcht und Hass auf seinen tyrannischen Vater, der auch seine liebevolle Mutter vollkommen beherrschte. Er und sein jüngerer Bruder Fritz fanden Schutz vor dieser bedrückenden Familienatmosphäre in einem geheimen Garten, der mit Spielwaren und Andenken verziert worden war. 1923 wird Bellmer von seinem Vater an die Technische Hochschule zu Berlin geschickt, interessierte sich aber viel mehr für Politik, die Arbeiten von Karl Marx und Diskussionen mit Künstlern der Dada-Bewegung.

Auf Anraten seines Lehrers George Grosz verlässt er 1925 die Technische Hochschule. Er besucht Paris, wo er in Kontakt zu Dadaisten und Surrealisten kommt, und beginnt zunächst für seinen Lebensunterhalt als Gebrauchsgrafiker Reklameanzeigen zu entwerfen. Im gleichen Jahr 1925 illustrierte er den „Antifreund“ von Mynona.

Ab den 1930er Jahren bis zu seinem Tod befasst sich Bellmer fast ausschließlich mit erotischen Darstellungen der weiblichen Anatomie. Ob in Zeichnungen, Skulpturen, Fotografien oder seinen graphischen Arbeiten – im Mittelpunkt steht immer das erotisierende Bild eines – oft geschundenen – weiblichen Körpers. Aufgrund der repetitiven Natur des Themas werden ihm zahlreiche neurotische Störungen nachgesagt, von Fetischismus, Voyeurismus, über Sadomasochismus bis hin zu Pädophilie, während andere wiederum seine Arbeiten schlicht als Surrealismus und anarchistisch-erotische Inszenierungen bewerten und schätzen.

1933 konstruiert Bellmer aus Teilen von Schaufensterpuppen, mit Holz, Metall und Gips fetischartige Puppen – als ganzer Körper oder Körperfragment, von denen er in verschiedenen Positionen Fotografien herstellt und diese an Paul Éluard und André Breton nach Paris schickt; 1934 erscheint in der Zeitschrift Minotaure seine gefeierte Fotoserie „La poupée“, die er 1935–36 auch im Museum of Modern Art in New York in einer Surrealismus-Ausstellung zeigen kann. 1938 emigriert er nach Paris, wo er weiter an seinem Puppenthema arbeitet. 1949 publiziert er die Fotoserie „Die Spiele der Puppe“.

1953 begegnet er der an Schizophrenie und Depression leidenden Schriftstellerin Unica Zürn, mit der er bis zu ihrem Lebensende zusammen arbeitet. Sie ziehen in das Pariser Hotel L'Espérance, wo sie keine Freunde und wenig Kontakte haben, kaum ausgehen, und sich immer mehr von der Außenwelt abschotten. 1954 erscheint in Frankreich die "Geschichte der O" mit einer Lithografie Bellmers auf der Titelseite. 1959 und 1964 wird Bellmer zur documenta II und documenta III in Kassel eingeladen. 1970 stürzt sich Zürn aus der gemeinsamen Wohnung in Paris in den Tod. Bellmer stirbt 1975 vereinsamt in Paris.

Als wichtiger Vertreter des phantastischen Realismus hatte er tiefgreifenden Einfluss auf Künstler wie Paul Wunderlich und Horst Janssen.[1]

Literatur

  • Michael Semff/Anthony Spira (Hrsg.): Hans Bellmer. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2006, ISBN 978-3-7757-1793-9
  • Marvin Altner: Hans Bellmer, die Spiele der Puppe. Zu den Puppendarstellungen in der bildenden Kunst von 1914-1938. VDG-Verlag, Weimar 2005, ISBN 3-89739-467-7 (zugl. FU Dissertation, Berlin 2002)
  • Pierre Dourthe: Hans Bellmer. Le principe de perversion. Faur, Paris 1999, ISBN 2-909882-32-2
  • Alex Grall (Hrsg.): Die Zeichnungen von Hans Bellmer. Propyläen-Verlag, Berlin 1969
  • Therese Lichtenstein: Behind Closed Doors. The Art of Hans Bellmer. University of California Press, New York 2001, ISBN 0-520-20984-2
  • Sue Taylor: Hans Bellmer. The Anatomy of Anxiety. MIT Press, Cambridge, Mass. 2002, ISBN 0-262-20130-5
  • Malcolm Green: Introduction, in The Doll, Hans Bellmer, trans. Malcolm Green. Atlas Press, London, 2006, ISBN 1-900565-14-5

Weblinks

Quellennachweise

  1. http://www.hans-bellmer.com/

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