Zaiss

Zaiss

Hermann Zaiss (* 3. September 1889 in Untertürkheim; † 14. November 1958) war ein deutscher Evangelist und bekannte sich zur Heilungsbewegung. Er ist Gründer der meisten Ecclesia-Gemeinden.

Inhaltsverzeichnis

Kindheit und früher Missionsdienst

Hermann Zaiss bekehrte sich bereits als Jugendlicher durch den Einfluss des so genannten „Halleluja-Schmieds“ Christian Stürmer. Er studierte Theologie in Berlin (Allianzbibelschule), London und Lausanne, um 1911 mit der Basler Mission als Missionskaufmann nach Ghana auszureisen. Während des ersten Weltkriegs kam er in englische Kriegsgefangenschaft, wo er in den Gefangenenlagern auf den Inseln Man und White über Hundert Gefangene bekehrte. Bereits hier soll es zu Wunderheilungen gekommen sein.

Nach der Entlassung aus dem Gefangenenlager baute er ein kleines Unternehmen als Rasierklingenfabrikant auf. Nach zwanzigjähriger Abwendung vom Glauben aufgrund enttäuschenden Lebenswandels frommer Christen will er nach eigener Aussage im Jahr 1944 einen klaren Auftrag Gottes zum Missionsdienst vernommen haben.[1]

Missionarisches Wirken

Zaiss begann zunächst im privaten Umfeld im Raum Solingen-Ohligs zu predigen und zu missionieren. Später fanden in einer mehrfach ausgebauten Holzbaracke wöchentliche Versammlungen für „Mühselige und Beladene“ statt. Seine Art zu reden wird als „ebenso saftig schwäbisch wie zentral biblisch, kraftvoll und anpackend“ beschrieben.[1] Bis zum Jahr 1956 will Zaiss nach eigenen Angaben bis zu 1 Million Menschen mit seinen Versammlungen erreicht haben.[2] Obwohl er die Gründung neuer Gemeinden nicht beabsichtigte, führte der Wunsch vieler Neubekehrten, als Gemeinde zusammenbleiben zu können, bis 1958 zur Gründung von über 300 Ortsgemeinden in Deutschland, darunter ein Kongress- und Tagungszentrum in Ohligs, das auch zur Ausbildung von rund 200 Gemeindeleitern dient. Ebenso legte er zunächst keinen expliziten Wert auf das Lehren von Wunderzeichen, obwohl viele Heilungswunder seine Predigten begleitet haben sollen. Er betonte jedoch stets die biblischen Aussagen, wonach auch das Bekenntnis zu Geistesgaben, Wundern und andere Zeichen zur Verkündigung gehören.

Auf dem Höhepunkt seines Wirkens führten ihn Vortragsreisen auch ins Ausland nach Holland, Dänemark, Österreich, Frankreich, in die Schweiz, nach Kanada und Indien. Dabei ging die Initiative zu Großevangelisationen zumeist von ihm aus, er liess sich aber auch von Gemeinden oder Einzelpersonen einladen. Einige Veranstalter schlossen sich daraufhin seiner Gemeindebewegung an.[3]

Am 14. November 1958 starb Zaiss bei einem Verkehrsunfall. Kennzeichnend für die starke Bindung seines Gemeindewerks an seine Person ist trotz der Fortführung durch seine Witwe Clara der starke Rückgang der Gemeinden auf nur rund die Hälfte bis 1965.[2] Zaiss wird in derselben Quelle als der einzige große Heilungsevangelist in Deutschland bezeichnet, dem mangels anderer deutscher Prediger seines Formats amerikanische Heilungsprediger wie z.B. Branbam und Hides folgten.

Viele der von Zaiss gegründeten Gemeinden bestehen heute noch, oftmals aber unter anderen Namen und in anderen Verbänden.[4] Auch in Österreich, der Schweiz, Holland und anderen europäischen Ländern gibt es bis heute noch etliche Gemeinden. Die Ansprachen von H. Zaiss werden bis heute in Schriften und Tonbändern verbreitet.

Verkündigungsstil

Kennzeichnend für Zaiss ist dessen „erweckliche, fundamental-christliche Lehre, die viele Analogien zur Pfingstbewegung hat. … die Botschaft würde durch den Heiligen Geist den Verkündigern übermittelt. Die Kindertaufe wird verworfen, Taufe geschieht als Erwachsenentaufe nach einem glaubwürdigen Zeugnis seiner Bekehrung. Das Abendmahl wird nur dem gespendet, der die Glaubensgrundsätze der Ecclesia bejaht.“[5] Er geißelte fromme Heuchelei und wetterte gegen alle toten frommen Traditionen, was ihm manche Kritik einbrachte. Immer wieder sprach sich Zaiss gegen jegliche äußere Formalität aus. Mehrere Male wurde versucht, ihn wegen des Gebets mit Kranken gegen das Heilpraktiker-Gesetz anzuklagen.

Kritik

Kritik an der Person Zaiss entzündete sich hauptsächlich an dessen fundamentalistischen Bibelauslegung in seiner Glaubens- und Lebenspraxis. Der Gemeinschaft fehlte zunächst noch die Regulative einer Kirche und Theologie. Bis heute haben die ehrenamtlichen, inzwischen teilweise teilzeitangestellten Pastoren innerhalb ihrer Gemeinde eine sehr dominierende Stellung. Somit sind Glaubensinhalte sehr stark von der jeweiligen Gemeindeleitung abhängig. Das Verhältnis zur Landeskirche und zur Ökumene ist insbesondere im süddeutschen Raum immer wieder von Abwerbeversuchen seitens der Ecclesia belastet.[5]

Bereits zu Lebzeiten hat Zaiss scharf die starre Tradition und Liturgie der Kirche kritisiert und so die Beziehungen zu den Volkskirchen belastet: „Der weitaus gewichtigere Grund war seine äusserst scharfe Kritik. Zum einen sprach er offen gegen festgefahrene Traditionen, die nicht mehr durch eine lebendige Beziehung zu Jesus und durch die Bibel, sondern durch Dogmen bestimmt waren. So lehnte er die Tauflehre der Landeskirche (Getaufte=Christ) radikal ab und kreidete auch die gesetzliche Verknöcherung der Darbysten, der so genannten ‚Alten Versammlung‘ ab. Zum anderen wetterte er entschieden gegen die so genannte wissenschaftliche Bibelkritik, ausgelöst durch R. Bultmann.“[6]

Kritisiert wird auch die Ansicht, „in der Zaiss die üblichen Grundgedanken der Heilungsbewegung vertrat: Krankheit ist die Folge der Sünde; wer glaubt und sich bekehrt, wird geheilt; wer nicht geheilt oder wieder rückfallig wird, ist auch glaubensmäßig nicht in Ordnung“.[2]

Siehe auch

Literatur

(siehe auch Quellenangaben)

  • Hermann Zaiss: Gottes Imperativ: sei gesund! Marburg a.d. Lahn: Verlagsbuchhandlung Hermann Rathmann (1958). — vergriffen
  • Peter Schneider: Lahme tanzen unter der Kanzel. Zeichen und Wunder in den Gottesdiensten von Hermann Zeiss. Leuchter Edition, ISBN 978-3-87482-026-4, erschienen 2008, kartoniert, ca. 210 Seiten. Kommentierte Textzitate sind auf den Seiten der Jesus Freaks Remscheid verlinkt.

Weblinks

Quellen

  1. a b Karl von Hutten: Seher, Grübler, Enthusiasten, redaktionell bearbeitet von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen der EKD., Stuttgart 1982
  2. a b c Artikel Die Heilungsbewegung in Deutschland auf bibelwissen.de
  3. Beispiel: Die Entstehung der Ecclesia-Gemeinde in Hannover
  4. Liste der Mitgliedsgemeinden in Deutschland
  5. a b Beschreibung der Person Zaiss auf religio.de
  6. Tim Linder: Hermann Zaiss („Die erste Biographie über Hermann Zaiss“), Verlag R. Brockhaus, Bezug nur über Ecclesia (Bestelladresse)

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hermann Zaiss — (* 3. September 1889 in Untertürkheim; † 14. November 1958) war ein deutscher Evangelist und bekannte sich zur Heilungsbewegung. Er ist Gründer der meisten Ecclesia Gemeinden. Inhaltsverzeichnis 1 Kindheit und früher Missionsdienst 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Adeno-associated virus — Taxobox color = violet name = Adeno associated virus image width = 180px image caption = Adeno Associated Viruses virus group = II familia = Parvoviridae subfamilia = Parvovirinae genus = Dependovirus species = adeno associated virus Adeno… …   Wikipedia

  • Ekklesia — Die Ekklesiologie ist im Christentum die theologische Reflexion über die Kirche (Ekklesia), über ihr Wesen und ihre Bedeutung in der Heilsgeschichte im Kontext von Gottes Wirken. Sie bildet einen Themenbereich (Traktat) der Dogmatik. Die Ekklesia …   Deutsch Wikipedia

  • Gemeinde der Christen Ecclesia — Kirche in Rödinghausen Die Gemeinde der Christen Ecclesia ist eine evangelische charismatische Freikirche. Der Name leitet sich her von Ekklesia (griech.: εκκλησία ekklēsía, lat.: ecclesia; die Herausgerufene) …   Deutsch Wikipedia

  • Häretische Bewegung — Der Titel Chronologie der christlichen Kirchen, Konfessionen und Sondergruppen dieser Chronologie ist bewusst gewählt. Er verzichtet auf den im kirchlichen Sprachgebrauch nicht mehr gebräuchlichen Begriff Sekte, der im entsprechenden Wikipedia… …   Deutsch Wikipedia

  • Kirche (theologisch) — Die Ekklesiologie ist im Christentum die theologische Reflexion über die Kirche (Ekklesia), über ihr Wesen und ihre Bedeutung in der Heilsgeschichte im Kontext von Gottes Wirken. Sie bildet einen Themenbereich (Traktat) der Dogmatik. Die Ekklesia …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Za — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Stuttgart-Untertürkheim — Stadtbezirk Stuttgart Untertürkheim Stadtteil Wappen Stadtkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Arnold Edward Ortmann — Nacimiento 8 de abril 1863 Magdeburgo, Prusia Fallecimiento 3 de enero 1927, 64 años Nacionalidad germano estadounidense …   Wikipedia Español

  • Аденоассоциированный вирус — Н …   Википедия

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”