Zweiäugige Spiegelreflexkamera

Zweiäugige Spiegelreflexkamera
Tschechoslowakisches Modell von 1963 in schlichter Ausstattung ohne Belichtungsmesser. Sie war im ehemaligen Ostblock sehr verbreitet.
Modell mit Streulichtblende

Eine zweiäugige Spiegelreflexkamera (englisch: Twin Lens Reflex, abgekürzt TLR) hat zwei übereinander angeordnete Objektive. Das obere erzeugt, umgelenkt über einen Spiegel, das Sucherbild auf der Einstellscheibe, das dadurch aufrecht stehend, aber seitenverkehrt dargestellt wird. Das untere ist mit einem Verschluss und einer Blende ausgestattet und ist für die Belichtung auf dem Film zuständig.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Beide Objektive sind auf einer gemeinsamen Standarte montiert und werden zur Scharfstellung gemeinsam verstellt. Hierdurch erlaubt der Sucher wie bei einäugigen Spiegelreflexkameras eine genaue Einstellung der Schärfenebene. Um ein möglichst helles Sucherbild zu gewährleisten, ist das Sucherobjektiv häufig lichtstärker, dabei jedoch aus Kostengründen einfacher konstruiert als das Aufnahmeobjektiv.

Der Sucher ist meist als Faltlichtschachtsucher ausgeführt, die Mattscheibe kann eine Fresnellinse zur besseren Helligkeitsverteilung aufweisen, hat aber meist keine weiteren Einstellhilfen. Häufig ist eine einklappbare Sucherlupe vorhanden, die eine genauere Scharfstellung erlaubt, durch die jedoch oft nicht das gesamte Sucherbild überblickbar ist. Manche dieser Lichtschachtsucher können auch als einfache Rahmensucher eingesetzt werden, euphemisch gelegentlich Sportsucher genannt.

Zweiäugige Spiegelreflexkameras verwenden meist Rollfilm vom Typ 120 oder 220 und belichten Negative im Format 6 × 6. Eine Ausnahme bildet die so genannte "Baby-Rollei" für Rollfilm vom Typ 127 und mit einem Bildformat von 4 cm×4 cm.

Zweiäugige Spiegelreflexkameras weisen gegenüber konkurrierenden Konstruktionen sowohl Vor- als auch Nachteile auf. Der feststehende Spiegel ist einfacher und billiger als aufwendige Schwingspiegelkonstruktionen einäugiger Spiegelreflexkameras und erlaubt trotzdem im Gegensatz zu Sucherkameras die Beurteilung der Schärfenebene. Durch die fehlende Spiegelmechanik sind diese Kameras im Betrieb sehr leise und arbeiten weitgehend erschütterungsfrei. Da das Sucherobjektiv unabhängig von der Blendeneinstellung des Aufnahmeobjektivs arbeitet, weist das Sucherbild in der Regel stets die volle Helligkeit auf. Vor der Erfindung der Springblende wurde der Sucher einäugiger Spiegelreflexkameras beim Einstellen des für die Aufnahme gewünschten Blendenwerts entsprechend abgedunkelt.

Nachteilig sind die Sucher-Parallaxe und die meist fehlende Möglichkeit, das Sucherobjektiv abzublenden und dadurch eine genaue Abschätzung der Schärfentiefe zu ermöglichen. Gewöhnungsbedürftig ist das seitenverkehrte Sucherbild, Kameras mit Durchsicht- oder Prismensucher zeigen ein seitenrichtiges Bild.

Der Kostenvorteil der mechanisch vergleichsweise einfachen Konstruktion relativiert sich bei Modellen mit Wechselobjektiven, da stets zwei Objektive erforderlich sind. Da die beiden Objektive relativ nahe übereinander montiert sind, ergeben sich auch weitere Einschränkungen hinsichtlich der möglichen Brennweiten und Lichtstärken der Wechselobjektive.

Geschichte

Rolleiflex-Kamera

Entwickelt wurde dieser Kameratyp von der Braunschweiger Firma Franke & Heidecke, die später den Namen Rollei bekam. Die Rolleiflex und ihr einfacheres Schwestermodell Rolleicord waren über Jahrzehnte beliebte Kameras für Fotojournalisten. Im Laufe der Jahre gab es weitere Modelle von Mamiya (mit wechselbaren Objektiven), Zeiss, Yashica und zahlreichen anderen Herstellern.

Während die meisten TLR-Kameras vom Markt verschwunden sind, bietet Rollei weiterhin aktuelle Modelle mit unterschiedlichen Brennweiten: die Rolleiflex 2,8FX mit einem Objektiv mit 80 mm und eine 4,0FW mit einem Weitwinkelobjektiv mit 50 mm Brennweite. Ferner gibt es einfachere und preiswerte Modelle wie die des chinesischen Herstellers Seagull, oder die russische Lubitel-Reihe.

Trivia

Der bei zweiäugigen Spiegelreflexkameras übliche Einblick in den Sucher von oben führt oft zu einer Kamerahaltung, die den damit angefertigten Fotos insbesondere bei Personenaufnahmen eine typische Perspektive geben, spöttisch auch als Bauchperspektive bezeichnet.

Siehe auch


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