Ölimmersion

Immersion (lat. immersio, Eintauchen, Einbetten) bezeichnet in der Lichtmikroskopie ein Verfahren, bei dem die erzielbare Auflösung gesteigert wird, indem zwischen das Objektiv und das Präparat eine Immersionsflüssigkeit, nämlich Immersionsöl, Wasser oder Glycerin, eingebracht wird. Manchmal wird zusätzlich auch ein Kondensor mit Immersion eingesetzt.

Öl-Immersion wird in der Regel verwendet bei hochauflösenden Objektiven, die 100-fach oder 60-fach vergrößern, seltener bei 40-facher Vergrößerung. Wasserimmersion wird häufig bei hochauflösender Mikroskopie von lebenden Geweben verwendet. Diese wässrigen Objekte können dann ohne Brechungsindex-Wechsel beobachtet werden, so dass Lichtverluste vermieden werden.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsprinzip

Die erzielbare Auflösung eines Objektivs und damit des ganzen mikroskopischen Systems hängt von seinem effektiven Öffnungswinkel ab: Je mehr Licht aufgefangen werden kann, dass aus verschiedenen Richtungen das Präparat durchquert hat, desto größer ist der summierte Informationsgehalt und desto besser ist die erzielbare Auflösung. Diese wird für ein Objektiv als Numerische Apertur (NA) angegeben. Die NA ist durch den Öffnungswinkel des Objektivs und den Brechungsindex (auch: Brechzahl) Ri des Mediums zwischen Objektiv und Präparat definiert.

Luft hat einen niedrigen Brechungsindex. Wenn Licht aus wässrigen oder eingebetteten biologischen Präparaten in Luft übertritt, wird es daher durch die auftretende Brechung von der optischen Achse weggelenkt. Bei der Verwendung eines Deckglases tritt der gleiche unerwünschte Effekt am Übergang vom Deckglas zur Luft auf. Der Teil des Lichts, der so stark abgelenkt wurde, dass er vom Objektiv nicht mehr aufgefangen werden kann, ist für die Mikroskopie verloren und mit ihm sein Informationsgehalt.

Immersionsmedien haben einen höheren Brechungsindex als Luft, so dass die beschriebene unerwünschte Brechung weg von der optischen Achse nicht oder zumindest weniger stark auftritt. Mehr Licht und damit mehr Information kann vom Objektiv aufgefangen werden. Die Auflösung verbessert sich.

Beim Mikroskopieren wird das Objekt meist mit einem Deckglas zugedeckt. Das Licht des Gegenstandes wird zuerst beim Übergang ins Deckglas gebrochen und dann nochmals beim Übergang in den Zwischenraum zwischen Deckglas und Objektiv. Beim zweiten Übergang kann es zur Totalreflexion kommen, wenn der Zwischenraum mit einem optisch dünneren Medium als Glas gefüllt ist. Die Menge an Licht, die ins optische System gelangt, wird dann vermindert. Durch Verwendung eines Immersionsöls, das etwa dieselbe Brechzahl wie Glas hat, kann Totalreflexion vermieden werden.

Immersionsöle

Früher wurde für die Ölimmersion Zedernholzöl eingesetzt. Heute finden jedoch weitgehend synthetische Öle Verwendung. Neben Standard-Ölen mit einem Brechungsindex von 1,5180 (bei 546,1 nm Wellenlänge) gibt es auch Spezialöle mit abweichenden Brechungsindizes bis zu ca. 1,78. In besonderen Fällen können Öle mit hohem und relativ niedrigem Brechungsindex gemischt werden, um einen benötigten Brechungsindex genau zu erreichen. Bei der Fluoreszenzmikroskopie muss darauf geachtet werden, dass das verwendete Öl keine Eigen-Fluoreszenz hat. Ein „F“ in der Typenbezeichnung deutet darauf hin, dass es für die Fluoreszenzmikroskopie geeignet ist.

Formeln und Zahlenwerte

Numerische Apertur

NA = n \cdot \sin \alpha
n : Brechungsindex des Immersionsmediums bzw. von Luft
α : halber Öffnungswinkel

Auflösungsgrenze

 d_{\rm min} = \frac {1,22 \cdot \lambda} {NA_{\rm Objektiv} + NA_{\rm Kondensor}}
λ : Wellenlänge des verwendeten Lichts.

Der Wert 1,22 ergibt sich aus der Tatsache, das ein menschlicher Beobachter bei einem Intensitätsabfall von 20% zwischen zwei Punkten die beiden Punkte gerade noch getrennt wahrnehmen kann (Rayleigh-Kriterium). Die Auflösung hängt über die Numerische Apertur vom Brechungsindex des Immersionsmediums ab. Da bei der Auflichtmikroskopie das Objektiv auch als Kondensor verwendet wird, gilt hier im Nenner 2*NA. Dies ist beispielsweise bei der üblichen Form der Fluoreszenzmikroskopie der Fall. Die angegebene Formel gilt nur, wenn beide Punkte in der Schärfeebene (xy-Ebene) liegen. Entlang der optischen Achse (z-Richtung) ist die Auflösung schlechter.

Brechungsindices

Angegeben ist ne, also der Wert bei 546,1 nm, oder nD, bei 589,3 nm.

Luft: nD = 1,000293. Wasser: ne = 1.33. Glycerin: n = 1,47. Deckglas-Glas: ne = 1,5255, nD=1,5230. Standard-Immersionsöl von Zeiss: ne=1,5180, nD=1,5151.

Beispiel

Trockenobjektive, also solche ohne Immersion, erreichen wegen des Brechungsindex von Luft maximal eine theoretische NA von 1 (bei sin α = 1, entsprechend einem Öffnungswinkel 2α von 180°) und praktisch eine NA von 0.95 (Öffnungswinkel 144°). Bei einem Ölimmersionsobjektiv mit einer Numerischen Apertur NA = 1,4 für Immersionsöl mit einem Brechungsindex 1,518 gilt: 1,4 = 1,518 * sin α. Daraus folgt der Öffnungswinkel 2α mit 134°.

Für das genannte Trockenobjektiv mit NA=0,95 ergibt sich bei 500nm Wellenlänge und Verwendung eines ebenso guten Kondensors (oder bei Fluoreszenzmikroskopie) eine maximale Auflösung von 1,22 * 500 nm/(0,95 + 0,95) = 321 nm. Für das beschriebene Ölimmersionsobjektiv NA = 1,4 ergibt sich dagegen 1,22 x 500nm/(1.4 + 1.4) =217 nm. Die hier gewählte NA = 0.95 für ein Trockenobjektiv ist ungewöhnlich hoch. Meistens liegt sie bei 0,65 oder noch deutlich darunter. Auch haben übliche Kondensoren eher eine NA von 0.55 oder 0.3. In einem solchen Fall würde sich ergeben: 1,22 * 500 nm/(0,65 + 0,3) = 642 nm.

Literatur

  • ISO 8036:2006 (E): Optics and photonics -- Microscopes -- Immersion liquids for light microscopy

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