Immersion (Mikroskopie)

Immersion (Mikroskopie)
Prinzip der Auflösungssteigerung mit Immersionsmedium. Linke Seite Strahlengang mit Immersionsmedium (gelb), rechts ohne. Lichtstrahlen (schwarz) die vom Objekt (rot) kommen, und durch das Deckglas (orange, wie der Objektträger unten) treten, werden in einem bestimmten Winkelbereich nur dann vom Objektiv (dunkelblau) aufgefangen, wenn durch Immersionsmedium eine Brechung am Übergang vom Deckglas zur Luft verhindert oder zumindest verringert wird.
Immersionsobjektiv im Einsatz.

Immersion (lateinisch immersio, ‚Eintauchen‘, ‚Einbetten‘) bezeichnet in der Lichtmikroskopie ein Verfahren, bei dem zwischen das Objektiv und das Präparat eine Immersionsflüssigkeit, nämlich Immersionsöl, Wasser oder Glycerin, eingebracht wird. Manchmal wird zusätzlich auch ein Kondensor mit Immersion eingesetzt.

Immersion wird mit verschiedenen Zielsetzungen eingesetzt.

  • Um die erzielbare Auflösung zu steigern. Hierzu dienen besonders hochauflösende Öl-Immersions-Objektive, beispielsweise mit Vergrößerungen zwischen 60- und 100-fach und hoher numerischer Apertur.
  • Um lebende Zellen oder Gewebe zu beobachten, die von wässrigen Lösungen umgeben sind. Hier kann Wasserimmersion mit eintauchenden Objektiven verwendet werden, so dass ein Austrocknen des Präparats vermieden wird.
  • Zur Unterdrückung von Kontrast-senkenden Reflexionen durch Vermeidung von Brechungsindex-Wechseln an Luft-Wasser- oder Luft-Material-Grenzen. Dieser Aspekt spielt in der Auflichtmikroskopie sowohl bei der Beobachtung lebender Objekte mit Eintauchobjektiven eine Rolle, als auch bei der Untersuchung von Erzen und Kohlen. Bei letzterer finden auch Öl-Immersions-Objektive mit geringer Vergrößerung wie 2,5-fach Anwendung.

Inhaltsverzeichnis

Steigerung der Auflösung

Funktionsprinzip

Die erzielbare Auflösung eines Objektivs und damit des ganzen mikroskopischen Systems hängt von seinem effektiven Öffnungswinkel ab: Je mehr Licht aufgefangen werden kann, das aus verschiedenen Richtungen das Präparat durchquert hat, desto größer ist der summierte Informationsgehalt und desto besser ist die erzielbare Auflösung. Diese wird für ein Objektiv als numerische Apertur (NA) angegeben. Die NA ist durch den Öffnungswinkel des Objektivs und den Brechungsindex (auch: Brechzahl) ni des Mediums zwischen Objektiv und Präparat definiert.

\text{NA} = n \cdot \sin \alpha
n : Brechungsindex des Immersionsmediums bzw. von Luft[1]
α : halber Öffnungswinkel

Luft hat einen niedrigen Brechungsindex von näherungsweise 1. Wenn Licht aus wässrigen oder eingebetteten biologischen Präparaten in Luft übertritt, wird es daher durch die auftretende Brechung von der optischen Achse weggelenkt. Bei der Verwendung eines Deckglases tritt der gleiche unerwünschte Effekt am Übergang vom Deckglas zur Luft auf. Der Teil des Lichts, der so stark abgelenkt wurde, dass er vom Objektiv nicht mehr aufgefangen werden kann, ist für die Mikroskopie verloren und mit ihm sein Informationsgehalt.

Beim Mikroskopieren wird das Objekt meist mit einem Deckglas zugedeckt. Das Licht des Gegenstandes wird zuerst beim Übergang ins Deckglas gebrochen und dann nochmals beim Übergang in den Zwischenraum zwischen Deckglas und Objektiv. Beim zweiten Übergang kann es zur Totalreflexion kommen, wenn der Zwischenraum mit einem optisch dünneren Medium als Glas gefüllt ist. Die Menge an Licht, die ins optische System gelangt, wird dann vermindert. Durch Verwendung eines Immersionsöls, das etwa dieselbe Brechzahl wie Glas hat, kann Totalreflexion vermieden werden.

Immersionsmedien haben einen deutlich höheren Brechungsindex als Luft, so dass die beschriebene unerwünschte Brechung weg von der optischen Achse nicht oder zumindest weniger stark auftritt. Mehr Licht und damit mehr Information kann vom Objektiv aufgefangen werden. Die Auflösung verbessert sich. Dabei kann die Auflösungsgrenze, das heißt die kleinste auflösbare Struktur, wie folgt bestimmt werden:

 d_{\rm min} = \frac {1,22 \cdot \lambda} {\text{NA}_{\rm Objektiv} + \text{NA}_{\rm Kondensor}}
λ : Wellenlänge des verwendeten Lichts.

Der Wert 1,22 ergibt sich aus der Tatsache, dass ein menschlicher Beobachter bei einem Intensitätsabfall von 20 % zwischen zwei Punkten die beiden Punkte gerade noch getrennt wahrnehmen kann (Rayleigh-Kriterium). Die Auflösung hängt über die Numerische Apertur vom Brechungsindex des Immersionsmediums ab. Da bei der Auflichtmikroskopie das Objektiv auch als Kondensor verwendet wird, gilt hier im Nenner 2·NA. Dies ist beispielsweise bei der üblichen Form der Fluoreszenzmikroskopie der Fall. Die angegebene Formel gilt nur, wenn beide Punkte in der Schärfeebene (xy-Ebene) liegen. Entlang der optischen Achse (z-Richtung) ist die Auflösung schlechter.

Beispiel

Trockenobjektive, also solche ohne Immersion, erreichen wegen des Brechungsindex von Luft maximal eine theoretische NA von 1 (bei sin α = 1, entsprechend einem Öffnungswinkel 2α von 180°) und praktisch eine NA von 0,95 (Öffnungswinkel 144°). Bei einem Ölimmersionsobjektiv mit einer Numerischen Apertur NA = 1,4 für Immersionsöl mit einem Brechungsindex 1,518 gilt: 1,4 = 1,518 · sin α. Daraus folgt der Öffnungswinkel 2α mit 134°.

Für das genannte Trockenobjektiv mit NA = 0,95 ergibt sich bei 500 nm Wellenlänge und Verwendung eines ebenso guten Kondensors (oder bei Fluoreszenzmikroskopie) eine maximale Auflösung von 1,22 · 500 nm / (0,95 + 0,95) = 321 nm. Für das beschriebene Ölimmersionsobjektiv NA = 1,4 ergibt sich dagegen 1,22 · 500 nm / (1,4 + 1,4) = 217 nm. Wie erwähnt ist die in diesem Beispiel gewählte NA = 0,95 die maximal mögliche für Trockenobjektive. Bei einer NA von 0,65 des Objektivs und von 0,3 des Kondensors würde sich ergeben: 1,22 · 500 nm / (0,65 + 0,3) = 642 nm.

Immersionsöle

Früher wurde für die Ölimmersion Zedernholzöl eingesetzt. Heute finden jedoch weitgehend synthetische Öle Verwendung. Standard-Öle haben einen Brechungsindex von 1,5180 (bei 546,1 nm Wellenlänge) und liegen damit dicht am Brechungsindex von Deckgläsern (1,5255). Ölimmersionsobjektive sind so berechnet, dass sie mit solchen Ölen und einem Deckglas der richtigen Dicke die maximale Auflösung erreichen.

Für bestimmte Anwendungen gibt es jedoch auch Immersionsmedien mit abweichenden Brechungsindizes, beispielsweise von 1,30–2,11[2]. In besonderen Fällen können Öle mit hohem und niedrigem Brechungsindex gemischt werden, um einen benötigten Brechungsindex genau zu erreichen.

Bei der Fluoreszenzmikroskopie muss darauf geachtet werden, dass das verwendete Öl keine Eigen-Fluoreszenz hat. Ein „F“ in der Typenbezeichnung deutet darauf hin, dass es für die Fluoreszenzmikroskopie geeignet ist.

Literatur

  • ISO 8036:2006 (E): Optics and photonics -- Microscopes -- Immersion liquids for light microscopy

Fußnoten und Einzelnachweise

  1. Da Materialien in der Regel eine wellenlängenabhängige Brechungsindex (Dispersion) aufweisen, wird zur einfacheren Beschreibung meist nur die Brechzahl bei ein bestimmten Wellenlänge angegeben. Dies sind typischerweise ne, also der Wert bei 546,1 nm (Quecksilber-e-Linie), oder nD, bei 589,3 nm (Natrium-D-Linie). Beispiele (für diesen Artikel):
    • Luft: nD = 1,000293.
    • Wasser: ne = 1,33.
    • Glycerin: n = 1,47.
    • Deckglas-Glas: ne = 1,5255, nD = 1,5230.
    • Standard-Immersionsöl von Zeiss: ne = 1,5180, nD = 1,5151.
  2. Webseite des Herstellers Cargille, [1], abgerufen am 3. Juli 2009.

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