Überfall auf die Bank von Tiflis

Überfall auf die Bank von Tiflis

Der Überfall auf die Bank von Tiflis war eine politisch motivierte Raubtat im Jahr 1907, die zu den wichtigsten Ereignissen in der Frühgeschichte der bolschewistischen Richtung der Sozialdemokratischen Partei Russlands zählt.

Die unter äußerst brutaler Gewaltanwendung durchgeführte Aktion kostete rund vierzig Menschenleben und erregte seinerzeit weltweites Aufsehen. Aus heutiger Sicht ist sie insbesondere bemerkenswert als die erste „politische Tat“ von weitreichenderer Bedeutung in der Karriere des jungen Josef Stalin, der damals allerdings noch den Namen Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili führte und den Überfall organisierte und anführte.

Inhaltsverzeichnis

Ablauf des Überfalls

Vorgeschichte

Auftraggeber des Überfalls auf die Bank von Tiflis war Wladimir Iljitsch Lenin, der Anführer der bolschewischen Gruppe innerhalb der russischen Sozialdemokratie, der seinen georgischen Gefolgsmann Josef Dschugaschwili mit der Planung und Durchführung der Aktion beauftragte. Wann genau der spätere Diktator mit der Vorbereitung der Aktion begann, ist unklar, verschiedene Biografen wie Montefiore veranschlagen jedoch eine nicht näher bestimmte Vorlaufzeit von „mehreren Monaten“.

Nachdem Stalin im Mai 1907 an einer Konferenz der russischen Sozialdemokratie in London teilgenommen hatte – bei der die menschewikische Fraktion der Partei eine Resolution verabschiedet hatte, die Banküberfälle als ein Mittel des politischen Kampfes bzw. der Devisenbeschaffung verurteilte – fand der Überfall in Tiflis am 26. Juni 1907 statt.

Als Hauptmotiv für den Raub wird üblicherweise angegeben, der bolschewistischen Gruppe Geld zu beschaffen zur Finanzierung ihres Kampfes gegen die zaristische Staatsordnung.

Der 26. Juni 1907

Der eigentliche Überfall fand schließlich nach Stalins Rückkehr nach Georgien am 26. Juni 1907 statt. Am Morgen dieses Tages, gegen 10:30 Uhr, fingen Stalin und eine Gruppe von rund zwanzig Männern und Frauen einen aus zwei pferdebespannten Panzerwagen sowie einer kleinen Abteilung berittener Kosaken bestehenden Geldtransport der russischen Staatsbank ab, als dieser auf dem Vorplatz der Reichsbankfiliale von Tifilis am Yerevanplatz einfuhr. Während der erste Wagen die zu transportierenden Devisen – begleitet von zwei Bankbeamten und zwei Wächtern – enthielt, diente der zweite als Fuhrwerk für einen Begleittrupp aus Polizisten und Soldaten.

Der Angriff auf den kleinen Konvoi begann mit einem konzertierten Bewurf der Panzerwagen mit starken Granaten bei dem große Teile des Begleitpersonals sowie ihre Pferde getötet oder verstümmelt wurden. Nahezu zeitgleich setzten Angriffe auf die auf den umliegenden Straßen patrouillierenden Kosaken und Schutzmänner ein. Dabei wurden insgesamt rund 90 Menschen verletzt und 40 getötet.

Die gesamte Aktion wurde mit blitzartiger Schnelle durchgeführt und war trotz einer unerwarteten Komplikation – als ein vermeintlich totes Zugpferd wieder zum „Leben erwachte“ und erschrocken mit dem Geldtransporter davongaloppierte – nach Aussage von Tovarish Kamo (1882-1922), einem der Hauptakteure des Ereignisses, in „knapp drei Minuten“ vorbei.

Folgen

Die Täter entkamen mit einer Beute von rund 250.000 Rubel [1], was laut Montefiore in etwa der Apanage entsprach, die der russische Zar Nikolaus II. zu dieser Zeit jährlich bezog. Kamo schmuggelte das Geld kurz darauf über die finnische Grenze, wo er es Lenin zukommen ließ, der es größtenteils für die Finanzierung seiner weiteren Aktivitäten nutzte.

Die Aktion, von der Lenin offiziell behauptete, nichts mit ihr zu tun gehabt zu haben, beschleunigte das weitere Auseinandersplittern der seit 1903 in zwei Flügel gespaltenen russischen Sozialdemokratie, was 1912 schließlich dazu führte, dass die beiden starken Flügel sich als neue Parteien selbständig machten. In der internationalen Presse fand die blutige Tat ein weitreichendes Echo, so unter anderem in den Ausgaben der Londoner Tageszeitung The Times vom 27. und 29. Juni.

Literatur

Archivalien

  • Stanford, Paris Okhrana Archiv, Kiste 209, Ordner XXB.1 und XXB. 2.

Monographien und Aufsätze

  • Roy Stanley De Lon: Stalin and social democracy, 1905-1922. The political diaries of David A. Sagirashvili. University Microfilms, Ann Arbor MI 1074, (Washington, D. C., Diss., 1974).
  • Simon Sebag-Montefiore: Der junge Stalin. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-050608-5.
  • Edward Ellis Smith: The Young Stalin. The early years of an elusive revolutionary. Farrar - Straus - Giroux, New York NY 1967.

Einzelnachweise

  1. http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/StalinJosef/index.html

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