Überflutung

Überflutung
Fluss-Hochwasser Esslingen Am Neckar Gemeinde Wernau im Januar 2004
Hochwassermarken am Schloss Pillnitz bei Dresden
Hochwasser in Alicante in Spanien
Hochwasser am Kölner Rheinufer, 1983.
Nach dem Hochwasser...
18. August 2002: Das Hochwasser der Elbe in Sachsen

Hochwasser wird der Zustand bei Gewässern genannt, bei dem der Wasserstand deutlich über dem normalen Pegelstand liegt. Dabei ist jedoch zwischen Meeren und Fließgewässern zu unterscheiden.

In Meeren und Gewässern mit merklichen Gezeiten (Tiden) bezeichnet Hochwasser den periodischen Eintritt des höchsten Wasserstands nach Eintreten der Flut und vor dem Übergang zur Ebbe. Hoch- und Niedrigwasser wechseln sich durchschnittlich alle 6 - 6½ Stunden ab, verursacht durch die Gravitation von Mond und Sonne. Besonders hohe Tiden bei Voll- und Neumond heißen Springhochwasser (vulgo Springflut); sie können bisweilen durch Gezeitenwellen oder Wind (Driftstrom) zu einer Sturmflut verstärkt werden und eine Flachküste meilenweit überschwemmen.

In Flüssen und kleineren Fließgewässern spricht man von Hochwasser, wenn der Wasserstand für längere Zeit (mehrere Tage) das Normalmaß deutlich übersteigt. Sie haben meist - je nach Art des Einzugsgebietes - eine jahreszeitliche Häufung, etwa bei der Schneeschmelze oder nach sommerlichen Starkregen. Bei starkem Hochwasser muss zunächst die Flussschifffahrt eingestellt werden, beim weiteren Ansteigen kann es zu Überschwemmungen kommen. Im Gebirge hingegen können anschwellende Wildbäche Brücken mitreißen und Muren oder Erdrutsche auslösen.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Grundsätzlich sind Hochwasser Bestandteile des natürlichen Geschehens. Zur Katastrophe (Flutkatastrophe) werden sie erst, wenn menschliche Werte betroffen sind. Man kann unterscheiden zwischen regelmäßig wiederkehrenden Hochwassern, ausgelöst etwa durch Gezeiten oder Schneeschmelze (Frühjahrshochwasser) und unregelmäßigen oder einmaligen Ereignissen wie Tsunamis, Sturmfluten und sogenannte „Jahrhundertfluten“ (Beispiel: das Elbehochwasser 2002).

Der Beitrag der globalen Erwärmung zum Hochwassergeschehen ist nicht klar zu benennen und von den örtlichen Verhältnissen abhängig (Steigerung von Extremereignissen, Verschiebung von Schnee zum Regen etc.). In manchen Regionen ist mit einer Steigerung des Jahresniederschlages, in anderen mit einer Verminderung oder einer anderen Verteilung zu rechnen.

Länder mit geringen Reliefhöhen wie die Niederlande, Deutschland (vor allem im Norden) und Dänemark versuchen, sich durch massive Deichbaumaßnahmen und Sperrwerke (zum Beispiel das Emssperrwerk bei Emden) vor Meereshochwasser zu schützen. Wird kein intensiver Hochwasserschutz betrieben, kann es wie in Bangladesch am Mündungsdelta des Ganges häufiger zu humanitären Katastrophen mit vielen tausend Toten kommen.

Hochwasser-Situationen entstehen auch im Landinneren durch das Anschwellen der Flüsse und Seen sowie durch die Gefahren des Wildbaches. Ebenso können durch Eisstau oder Windeinstau (z. B. Hamburger Sturmflut) Hochwassergefahren entstehen.

Hochwasserrisiko

Im Zuge der fortschreitenden Landnutzung wurden immer größere Flächen, die Hochwassergefahren ausgesetzt sind, genutzt. Somit stieg die Bedrohung durch Hochwasser, obwohl über die Jahrhunderte der bauliche Hochwasserschutz ständig verbessert wurde. Heute sind im Vergleich zu früheren Jahrhunderten Überflutungen viel seltener, sind in ihren Auswirkungen dann aber oft katastrophal, oder bekommen deswegen mehr Aufmerksamkeit.

Zudem können die menschliche Flächennutzung (Versiegelung der Landschaft) und der nicht sachgerechte Ausbau der Gewässer (lineare Regulierung, Verminderung der Retentionsräume) verschärfend auf Hochwasserstände wirken. Ein üblicher, sorgfältig geplanter Ausbau von Gewässern sorgt aber für niedrigere Hochwasserstände (Erweiterung des Abflussquerschnitts, siehe Maßnahmen zum Hochwasserschutz unten). Weiters können bestehende Regulierungen durch mangelnde Instandhaltung (z. B. wegen Bewuchs, Anlandungen) ihre Leistung verlieren, wenn sich dadurch der Abflussquerschnitt verringert. Signifikante Änderungen des Abflussgeschehens durch die Bodenversiegelung sind vor allem in kleinen Einzugsgebieten zu erwarten.

Das Hochwasserrisiko lässt sich durch vier Komponenten beschreiben:

  • (Stark-)Regenfälle in der historischen Vergangenheit und deren Dauer
  • Geomorphologie des betroffenen Regengebiets
  • Die Verwundbarkeit, das heißt die Empfindlichkeit der betroffenen Einrichtung oder Nutzung gegenüber Überflutungen und
  • Das Ausmaß und die Häufigkeit der Überflutung.

Kriegsrisiko

In Kriegssituationen kann eine vorsätzliche Überflutung sowohl als Verteidigungswaffe gegen Angreifer eingesetzt werden, als auch als Angriffswaffe. Unter anderem den Niederlanden hat diese Strategie oft Erfolg gegen Feinde gebracht. Siehe: Achtzigjähriger Krieg, Alkmaar, Inundierung. Von der letzteren Möglichkeit machte 1943 die britische Luftwaffe Gebrauch bei der Zerstörung deutscher Talsperren. Weitere Angriffe auf Staumauern gab es an der Dnjeprostroj- und der Supung-Talsperre.

Qualifikation von Hochwassern

Hochwasser werden zumeist mit einer statistischen Bewertung versehen. Grundlage sind langjährige, gemessene Abflussreihen an Pegeln. Aus diesen werden die Jahreshöchstwerte ausgewählt. Im Rahmen einer statistischen Analyse wird eine Verteilungsfunktion angepasst, aus der dann für bestimmte Wahrscheinlichkeiten Quantile, d.h. Hochwasserscheitel bestimmter Unterschreitungswahrscheinlichkeit, ermittelt werden. Da die Ausgangsreihe Jahreshöchstwerte beinhaltet, werden die Kehrwerte der Überschreitungswahrscheinlichkeiten auch als sogenannte Jährlichkeiten ausgedrückt. Diese Jährlichkeiten bezeichnen das statistische Wiederkehrintervall. Ein Ereignis mit der Überschreitungswahrscheinlichkeit Pü=0,01 hat eine Jährlichkeit von 100 Jahren, d.h. es wird (statistisch gesehen) einmal in 100 Jahren überschritten. In jedem Einzelnen dieser Jahre kann der jeweilige Hochwasserscheitel allerdings überschritten werden (die Wahrscheinlichkeit hierfür ist in jedem Jahr 0,01). Ein Hochwasser der Jährlichkeit 100a wird (statistisch) in 1000 Jahren etwa 10-mal überschritten, ohne das zwischen diesen Unterschreitungen eine Zeitspanne von 100 Jahren liegen muss. Je länger der betrachtete Zeitraum ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, das eine Überschreitung auftritt (stochastisches Risiko). Maßgebend ist hier der Multiplikationssatz der Wahrscheinlichkeitsrechnung für unabhängige Ereignisse. So ist die Unterschreitungswahrscheinlichkeit eines Hochwassers mit der Jährlichkeit T=100a in einem Jahr 0,99. Für den Zeitraum von zwei Jahren 0,99*0.99, für drei Jahre 0,99 hoch drei und so weiter. Die Unterschreitungswahrscheinlichkeit für den Zeitraum nimmt somit von Jahr zu Jahr ab, die Überschreitungswahrscheinlichkeit zu. Das Risiko, dass ein derartiges Hochwasser innerhalb eines Zeitraums von 25 Jahren überschritten wird, liegt z.B. bei 0,22, für den Zeitraum von 50 Jahren dagegen fast bei 0,40.

Hochwasserschutz

Maßnahmen zum Hochwasserschutz können folgende Aspekte umfassen:

  • Anpassung der Nutzung an die Hochwassergefährdung (Absiedelung, Änderung der landwirtschaftlichen Nutzung, sichere und schadensarme Gestaltung von Bauwerken)
  • Schutz vor dem Hochwasser durch
    • Rückhalt des Niederschlagswassers in der Fläche, oder durch Rückhaltebecken
    • Buhnenbauwerke, Wiederherstellung der natürlichen Flussgeometrie (eine große Uferlänge durch viele Bögen)
    • Schutz betroffener Gebiete oder Objekte durch Deiche (in Österreich auch als Hochwasserschutzdämme bezeichnet)
    • Erhöhung der Abfuhrkapazität der Gewässer durch Querschnittserweiterung und Flutmulden
  • Rechtzeitige Warnungen und Alarmierung durch automatische Pegelmessstationen.

Zwischen den einzelnen Maßnahmen bestehen Abhängigkeiten. Z. B. können Regulierungen und Deichbaumaßnahmen zu einer Verschärfung der Hochwassergefahr für Unterlieger oder Anrainer führen. Die Errichtung von Hochwasserrückhaltebecken (Retentionsbecken) verringert das Risiko einer häufigen Überflutung zu Lasten eines seltenen, aber katastrophalen Dammbruchs durch ein Totalversagen des Rückhaltebeckens.

Eine umfassende Strategie zur Verminderung der Folgen eines Hochwassers gibt das Hochwassermanagement.

Staatliche Schutzmaßnahmen in einzelnen Ländern

Deutschland

Hochwassereinsatz des THW

In Deutschland schreibt das Wasserhaushaltsgesetz vor, Flächen, die statistisch gesehen einmal in hundert Jahren überschwemmt werden können, als Überschwemmungsgebiete in amtlichen Karten auszuweisen und in die Bauleitplanung zu übernehmen. In solchen Überschwemmungsgebieten werden nach den Landesgesetzen oder Gemeindesatzungen weitere Vorschriften erlassen. So ist zum Beispiel bei Eingriffen die zuständige Wasserbehörde zu konsultieren. Die Bauleitplanung oder die Wasserbehörde kann Maßnahmen, wie eine Gebäudeerweiterung oder eine Aufforstung, auch auf privaten Grundstücken verbieten. Hochwassergefährdete Flächen (HW > 100, z. B. Versagen eines Deiches) sind in Deutschland ebenfalls zu kennzeichnen. Die Kommune ist verpflichtet, die Bevölkerung auf diese Gefahren hinzuweisen, damit eine private Vorsorge ermöglicht wird.

Gesetzliche Vorschriften über das Schutzniveau gibt es nicht. Es gibt lediglich ein Urteil des BGH, dass Hauseigentümer bei Flutschäden einen Amtshaftungsanspruch gegen den Träger des Hochwasserschutzes haben, wenn der Schutz nicht wenigstens gegen ein 50-jährliches Hochwasser gewährleistet ist. Dieser Mindestschutz ist (auch wegen dieser Rechtsprechung) weitgehend erreicht.

Am Oberrhein von Basel bis Iffezheim besteht, bedingt durch den Ausbau des Oberrheins, ein Schutz gegen ein 1000-jährliches Hochwasser. Im Oberrheingraben, nördlich von Iffezheim bestand früher ein Schutz gegen ein 200-jährliches Hochwasser. Durch den Ausbau des Oberrheins durch Frankreich gingen aber riesige Auen entlang des früheren natürlichen Flusslaufes verloren. Außerdem benötigt eine Flutwelle von Basel bis Mannheim zur Mündung des Neckars statt ca. 72 nur ca. 36 Stunden, so dass die Überlagerung mit der Flutwelle aus dem Neckar bei großflächigen schweren Regenfällen möglich ist. Das Schutzniveau ist abgesunken auf ein 100-jährliches Hochwasser, das 1999 beinahe erreicht wurde. Es wurde daher beschlossen, das Schutzniveau wieder durch Deicherhöhungen, Deichverstärkungen und Bau von Poldern auf ein 200-jährliches Hochwasser anzuheben. Das Programm soll bis 2015 abgeschlossen sein, stockt aber teilweise aus rechtlichen, teilweise aus finanziellen Gründen. Zuständig für die Koordination der Forschung und Ort für die Absprachen der Rheinanlieger zum Hochwasserschutz ist die „Internationale Kommission zum Schutz des Rheins“, die sich ursprünglich vor allem mit der Verwirklichung des Umweltschutzes am Rhein beschäftigte. Die IKSR hat auch einen Hochwasseratlas Rhein herausgegeben, der die wesentlichen Erkenntnisse enthält und bisher angestrebten Schutzziele definiert. Der Atlas kennzeichnet alle Gebiete, die bei einem 200-jährlichen Hochwasser überflutet werden.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Hochwasser wird auch zum Beispiel in Sachsen inzwischen angestrebt, Durchflussmengen von HQ200 schadlos ableiten zu können.

Österreich

In Österreich werden folgende Schutzziele angestrebt:

HQ30 Untergeordnete Objekte
HQ100 Standardschutz
HQ150 Ausbaugrad Wildbach

Darüber hinausgehende Schutzgrade werden bei besonderer Schutzerfordernis (z. B. für die Stadt Wien) angestrebt.

Bei allen Hochwasserschutzmaßnahmen ist jedoch zu beachten, dass stets ein Restrisiko besteht (Anlageversagen, Überschreitung des Bemessungshochwassers).

Niederlande

Das Parlament der Niederlande hat nach der verheerenden Sturmflut von 1953, als große Teile des Landes unter Wasser standen, festgelegt, dass ein Schutz gegen ein 1.250-jährliches Hochwasser erreicht werden muss. Dieses Schutzniveau gilt sowohl für Flüsse als auch die Küste. Dem Beschluss folgten gründliche wissenschaftliche Untersuchungen und ein technisch und finanziell aufwendiges Sicherungsprogramm. Das festgelegte Schutzniveau wurde 30 Jahre später, mit dem Abschluss der großen Küstenbauwerke, überall erreicht. Zur Zeit prüfen die Niederlande, ob durch Klimawandel, nämlich Klimaerwärmung oder vermehrte Klimaextreme, die früheren Einschätzungen der Dimension der 1.250-jährlichen Hochwasser nach oben angepasst werden müssen. Dann soll der Schutz weiter verstärkt werden.

USA

In den USA wurde der Hochwasserschutz vom dafür zuständigen US Army Corps of Engineers auf das Niveau eines 230-jährlichen Hochwassers festgelegt. Dieses Niveau ist auch gewährleistet, jedoch hat die Überflutung von New Orleans zu der Erkenntnis geführt, dass dieses Schutzniveau nicht ausreicht.

Organisation des Hochwasserschutzes

THW beim Bau eines Sandsackwalls

Deutschland

Der Katastrophenschutz fällt in die Zuständigkeit der jeweiligen Ordnungsämter, die für Rettungsmaßnahmen auf die Feuerwehren, das THW, die Bundeswehr u. a. zurückgreifen. In Deutschland arbeiten derzeit diverse Wasserrettungsorganisationen wie die DLRG und die Wasserwacht, wobei letztere sich um den Aufbau eines schlagkräftigen, überregional einsetzbaren Hochwasserrettungszuges bemüht. Seit den 80er-Jahren ist ein weltweiter Anstieg der Niederschlagsmengen zu verzeichnen, was immer öfter Überschwemmungen zur Folge hat.

Österreich

Die unmittelbare Hilfe und Abwehr im Hochwasserfall erfolgt durch die örtliche Feuerwehr. Langfristigere Hilfe erfolgt durch den Katastrophenhilfsdienst der Feuerwehr und Assistenzeinsätze des Bundesheeres.

Das meist benutzte Hilfsmittel beim Hochwasserschutz ist der Sandsack.

Die Errichtung, Erhaltung und Betrieb von Hochwasserschutzmaßnahmen erfolgt durch die individuell Betroffenen, Wassergenossenschaften, Kommunen und Wasserverbände.

Siehe auch

Weblinks


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