Betty Paoli

Betty Paoli
Betty Paoli, Lithographie von August Prinzhofer, 1847

Betty Paoli (* 30. Dezember 1814 in Wien; † 5. Juli 1894 in Baden bei Wien) war eine österreichische Lyrikerin, Novellistin, Journalistin und Übersetzerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Betty Paoli ist das Pseudonym von Barbara Elisabeth (Anna) Glück, der Tochter des Militärarztes Anton Glück. Sie erhielt zunächst eine gute Ausbildung, musste aber nach dem frühen Tod des Vaters und dem Verlust des Vermögens der Mutter mit 16 Jahren ihren Lebensunterhalt selbst verdienen, zunächst als Erzieherin in Russland und Polen. Von 1843 bis zu deren Tod 1848 war sie Gesellschaftsdame bei der Fürstin Maria Anna Schwarzenberg. Mit dieser bereiste sie Holland und Deutschland, wo sie Bettina von Arnim besuchte. Im Jahr 1843 verbrachte Betty Paoli mehrere Monate in Venedig, wo sie sich kunsthistorisch bildete. Nach dem Tod der Fürstin versuchte Paoli in Deutschland als Journalistin Fuß zu fassen, kehrte aber Anfang der 1850er Jahre nach Wien zurück und arbeitete weiterhin als Gesellschafterin.

Ihre ersten Gedichte erschienen 1832/33 in Prager und Wiener Zeitungen, anfangs noch unter dem Namen Betti Glück. Von 1855 bis zu ihrem Tod lebte sie als freie Schriftstellerin im Haus ihrer Freundin Ida Fleischl, der Mutter des Physiologen Ernst von Fleischl-Marxow, in Wien. Ihre enge Beziehung zu der jüdischen Familie Fleischl (später geadelte von Fleischl-Marxow) führte zu der Annahme, Betty Paoli stamme selbst aus einer jüdischen Familie.[1] [2]

Betty Paoli, Marie von Ebner-Eschenbach und Ida Fleischl-Marxow beim Kartenspiel (von links nach rechts).

Paoli arbeitete als Journalistin für die Zeitungen Lloyd und Presse und verfasste Theater-, Buch- und Ausstellungskritiken. In der Zeit der Direktion Heinrich Laubes war sie (unter dem Namen Branitz) als Übersetzerin französischer Salonstücke für das Burgtheater tätig. Paoli und Fleischl-Marxow wurden später kunstkritische Beraterinnen der Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach.

Mit einfühlsamen Gedichten und kritischen Aufsätzen wurde Betty Paoli zu einer wichtigen Figur der frühen Frauenbewegung. Ihre Gedichte fanden bei ihren Zeitgenossen höchste Anerkennung. Adalbert Stifter urteilte über ihren Gedichtband Nach dem Gewitter: „Das Weib ist durch und durch Genie, und es fehlt nur noch an Ruhe und Besonnenheit“, und für Grillparzer war sie „der erste Lyriker Österreichs“. Sie veröffentlichte auch mehrere Novellen und war eine begabte Essayistin.

Wegen eines sie seit Jahren quälenden Nervenleidens hatte sich Paoli ab Mitte Mai 1894 nach Baden zur Kur begeben. In der Albrechtsgasse 23, unweit von Schloss Weilburg, bewohnte sie ein Gartenhaus, in dem sie, bereits in Agonie verfallen, in den Morgenstunden des 5. Juli 1894 an Herzlähmung verstarb. [3]

Betty Paoli ruht in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 0, Reihe 1, Nummer 15). 1930 wurde der Paoliweg in Wien-Hietzing nach ihr benannt.

Ein Sonett aus den Neuesten Gedichten:

Bruch der Freundschaft.
Nessun maggior dolore.
Ob auch nur schwer, doch läßt es sich verwinden,
Wenn Liebe ihren flücht'gen Schwur uns bricht.
Wie sollten mit dem Lebensfrühling nicht
Auch seine Düfte und sein Glanz verschwinden?
Ich weiß ein bänger, schmerzlicher Empfinden:
Der Freundschaft, die einst uns'rer Seele Licht,
Zu starren in das todte Angesicht,
Und wieder einsam sich im All zu finden.
Was sonst dein Herz an Freuden auch verlor,
Verglichen mit so ungeheuerm Wehe,
Schnellt jedes anderen Schale hoch empor!
Dort ward doch nur Vergängliches zerschlagen;
Hier starb ein Göttliches, und schaudernd sehe
Ich die Vernichtung sich an Ew'ges wagen.

Werke (Auswahl)

  • Gedichte, 1841
  • Nach dem Gewitter (Gedichte), 1843
  • Die Welt und mein Auge (Novellen), 1844
  • Romancero (epische Gedichte), 1845
  • Neue Gedichte, 1850
  • Lyrisches und Episches, 1855
  • Julie Rettich – ein Lebens- und Charakterbild. Sommer, Wien 1866. (Online bei ALO).
  • Neueste Gedichte. Gerold, Wien 1870. (Online bei PGDA).
  • Grillparzer und seine Werke, 1875
  • —, Helene Bettelheim-Gabillon (Hrsg.): Betty Paolis gesammelte Aufsätze. Schriften des Literarischen Vereins in Wien, Band 9. Verlag des Literarischen Vereins in Wien, Wien 1908. (Online bei ALO).
  • —, Eva Geber (Hrsg.): Was hat der Geist denn wohl gemein mit dem Geschlecht? Mandelbaum-Verlag, Wien 2001, ISBN 3-85476-050-7.

Literatur

Weblinks

Online-Texte

 Wikisource: Betty Paoli – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Jüdisches Lexikon, Berlin 1927, Bd. IV/1, Sp. 773
  2. Salomon Wininger: Große Jüdische National-Biographie. Band II, S. 432
  3. † Betty Paoli. In: Neue Freie Presse, Abendblatt (Nr. 10727/1894), 5. Juli 1894, S. 2 Mitte. (Online bei ANNO)Vorlage:ANNO/Wartung/nfp

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