Blocksystem

Blocksystem

Das Blocksystem beim Filmverleih war ein System, bei dem große Filmverleiher Kinos dazu nötigten, ihr ganzes Jahresprogramm an Filmen zu spielen. Daher auch die Bezeichnung Blindbuchen, da die Kinobetreiber nicht wissen konnten, welche Filme sie im Laufe des Jahres zu spielen hatten. Das Blocksystem war eine der Methoden, mit denen sich die amerikanische Filmindustrie nach ihrer Eroberung des europäischen Filmmarkts eben diesen langfristig absichern wollten.

Der Vorteil für den Verleiher war, dass er sich des Absatzes seiner Filme und somit seines Marktanteils sicher sein konnte. Diese zweifelhafte Geschäftspraxis wurde von den europäischen Staaten im Zuge ihrer Kontingentgesetze zum Schutz ihrer Filmwirtschaft Mitte der 1920er-Jahre verboten.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Der Verleiher schließt mit dem Kinobesitzer einen Vertrag ab, bei dem dieser dem Bezug eines ganzen Jahresprogramms an Filmen vom Verleiher zustimmt. Der Verleiher wiederum versichert, die gewünschte Anzahl an Filmen – je nach Vertrag einen pro Woche oder mehr oder weniger – pünktlich zu liefern, inklusive aller „Kassenschlager“, also Blockbuster wie Ben Hur oder Die zehn Gebote. Der Kinobesitzer willigt ein, da der Verleiher droht, andernfalls keine Filme, oder zumindest keine Blockbuster, an ihn zu liefern. Dieses Druckmittel war dann erfolgreich, wenn der Verleih für regelmäßige Blockbuster bekannt war. Da diese einem Kinobetreiber den größten Publikumszustrom bescherten, konnte er es sich nicht leisten, auf solche Filme zu verzichten, besonders dann, wenn andere Kinos diese Filme zeigen. Die Auswirkungen wären aufgrund der verlorenen Kundenbindung auch beim übrigen Filmprogramm des Kinos spürbar.

Beim Blocksystem bezog der Kinobesitzer also ein Jahresprogramm eines Filmverleihs – zumeist eines amerikanischen Filmkonzerns –, ohne die Filme vorher zu begutachten und über ihre Vorführung zu entscheiden.

Geschichte

Erstmals eingeführt wurde das „Blockbuchen“ 1910 von der Motion Picture Patents Company (MPPC) in den USA. Die an der Ostküste im Raum New York ansäßige MPPC wurde 1915 gemäß dem Sherman Antitrust Act für illegal erklärt. Die von ihr eingeführten Geschäftspraktiken wurden jedoch von den in Hollywood zu dieser Zeit entstandenen „unabhängigen“ Filmgesellschaften übernommen.

Verbreitung und Anwendung

Während des Ersten Weltkrieges, der das bis dahin in der Filmwirtschaft weltweit dominierende Europa häufig behinderte, entstand in den USA eine konkurrenzfähige Filmindustrie. Diese drängte nach Kriegsende nach Europa und führte bereits am Heimmarkt erprobte Geschäftspraktiken wie das Blockbuchen ein. Dieses war Anfang der 1920er-Jahre in Europa weit verbreitet. Es wurde von den großen amerikanischen Filmkonzernen, die Produzent, Verleiher und Betreiber vieler großer Kinos zugleich waren, angewendet, um sich ihre Vormachtstellung auf dem europäischen Filmmarkt, die sie ab Beginn der 20er-Jahre rasch gewannen, langfristig abzusichern. Der Vorteil für sie war, dass auf diese Weise auch weniger zugkräftige Filme in die europäischen Kinos gebracht werden konnten, wodurch stets mit einem gewissen Mindestumsatz in Europa kalkuliert werden konnte. Neben dem Druckmittel der „Blockbuster-Verweigerung“ wurden als Lockmittel niedrigere Preise angewandt, wenn ein ganzes Jahresfilmprogramm bezogen wurde.

Verbot

Da das Blocksystem für die ohnehin bereits stark angeschlagene europäische Filmwirtschaft (siehe Stummfilmgeschichte) ein weiteres Erschwernis war, sich gegen die amerikanische Filmindustrie zu behaupten, wurden die europäischen Staaten rasch auf diese zweifelhafte Geschäftspraxis aufmerksam und verboten sie nach und nach.

In Deutschland wurde das Blocksystem mit Einführung des Kontingentgesetzes Anfang der 20er-Jahre verboten. Großbritannien folgte mit seinem Verbot im Sommer 1927 im Rahmen des Cinematographic Film Acts („Quotabill“).

Literatur

  • L'Estrange Fawcett: Die Welt des Films. Amalthea-Verlag, Zürich, Leipzig, Wien 1928 (übersetzt von C. Zell, ergänzt von S. Walter Fischer) S. 136–137
  • Roberta Pearson: Das Kino des Übergangs. In: Geoffrey Nowell-Smith (Hrsg): Geschichte des internationalen Films. Broschierte Sonderausgabe, Metzler Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-476-02164-5, S. 27–28

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Blocksystem — Blocksystem, die Gesamtheit der Einrichtungen, durch die im Eisenbahnverkehr hintereinander fahrende Züge gegen die Gefahr von Zusammenstößen gesichert werden. S. Blockeinrichtungen. Köchy …   Lexikon der gesamten Technik

  • Blocksystem — Blọck|sys|tem 〈n. 11; Eisenb.〉 Sperr u. Signalsystem zur Sicherung von Eisenbahnstrecken * * * Blocksystem,   in der ehemaligen Volksdemokratie marxistisch leninistischen Zuschnitts die Zusammenfassung und politisch ideologische Gleichschaltung… …   Universal-Lexikon

  • blocksystem — block system n. A system for controlling and safeguarding the flow of railway trains in which track is divided into blocks, each controlled by automatic signals. * * * …   Universalium

  • Blocksystem — Blọck|sys|tem 〈n.; Gen.: s, Pl.: e〉 Sperr u. Signalsystem zur Sicherung von Eisenbahnstrecken …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

  • Absolutes Blocksystem — (absolute block; block absolu; blocco assoluto). Bei dem a. B. müssen die Züge vor Halt zeigenden Blocksignalen unbedingt stehen bleiben und dürfen nur dann weiterfahren, wenn entweder das Blocksignal »Frei« zeigt oder dem Lokomotivführer vom… …   Enzyklopädie des Eisenbahnwesens

  • Automatisches Blocksystem — (automatic block installation; installation de blok automatique; disposizione di blocco automatico). Beim a. B. werden die Blocksignale durch den fahrenden Zug selbst auf Halt und Frei gestellt (s. Blockeinrichtungen) …   Enzyklopädie des Eisenbahnwesens

  • Blockeinrichtungen — (block system; installations du block système; installazione del sistema di blocco), Anlagen, die zur Sicherung und Regelung des Zugverkehrs auf offener Strecke (Fahren in Raumabstand), sowie zur Sicherung der Fahrten über Weichenstraßen auf… …   Enzyklopädie des Eisenbahnwesens

  • Blindbuchen — Dieser Artikel beschreibt eine ehemalige Geschäftspraxis der Filmindustrie. Für andere Bedeutungen siehe Block, Blockzeit und Kernzeit. Das Blocksystem beim Filmverleih war ein System, bei dem große Filmverleiher Kinos dazu nötigten, ihr ganzes… …   Deutsch Wikipedia

  • Blindbuchung — Dieser Artikel beschreibt eine ehemalige Geschäftspraxis der Filmindustrie. Für andere Bedeutungen siehe Block, Blockzeit und Kernzeit. Das Blocksystem beim Filmverleih war ein System, bei dem große Filmverleiher Kinos dazu nötigten, ihr ganzes… …   Deutsch Wikipedia

  • Blockbuchen — Dieser Artikel beschreibt eine ehemalige Geschäftspraxis der Filmindustrie. Für andere Bedeutungen siehe Block, Blockzeit und Kernzeit. Das Blocksystem beim Filmverleih war ein System, bei dem große Filmverleiher Kinos dazu nötigten, ihr ganzes… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”