Brodkey

Brodkey
Harold Brodkey in einer Zeichnung von Howard Coale, 1995

Harold Brodkey (* 25. Oktober 1930 als Aaron Roy Weintraub in Staunton, Illinois; † 26. Januar 1996 in New York City) war ein US-amerikanischer Schriftsteller.

Die verarmte russisch-jüdische Immigrantenfamilie Weintraub mit einer langen Tradition von Rabbinern und Gelehrten verkaufte den zweijährigen Harold Brodkey nach dem Tod der Mutter für 350 Dollar an die Adoptiveltern Doris Marie und Joseph («Joe») Brodkey. Brodkey wurde nach eigenen Aussagen von seinem Adoptivvater sexuell missbraucht. Die Nachstellungen endeten erst, als der Adoptivvater 1944 starb und die Familie verarmt zurückließ.

1946 begann Brodkey, in Harvard Literatur zu studieren. In den 1950er-Jahren schrieb er Kurzgeschichten, die hauptsächlich in den Zeitschriften «The New Yorker» und «Esquire» veröffentlicht wurden. Nach dem Studium ließ er sich als freier Schriftsteller nieder und unterrichtete sporadisch Literatur und Kreatives Schreiben an der Cornell University und am City College der City University of New York.

Brodkeys erster – autobiografisch geprägter – Kurzgeschichtenband First Love and Other Stories (1954) wurde mehrfach preisgekrönt. In den 1960er-Jahren lebte er zwei Jahre lang in einer homosexuellen Wohn- und Lebensgemeinschaft mit zwei Freunden zusammen; einer seiner Freunde starb später an Aids. 1978 heiratete Brodkey die Schriftstellerin Ellen Schwamm. Die Ehe, aus der eine Tochter stammt, währte bis zu seinem Tod.

Jahrelang kursierten Gerüchte in der Literaturszene, Brodkey arbeite an einem großen Roman, welcher schließlich 1991 als «Die flüchtige Seele» erschien und auf ein großes Medienecho stieß. In der Zwischenzeit hatte er nur sporadisch kürzere Erzählungen veröffentlicht, die 1988 gesammelt als «Nahezu klassische Stories» herausgegeben wurden und Brodkey in Deutschland erstmals einer größeren Öffentlichkeit bekannt machten.

1992 unternahm Brodkey, bereits sehr geschwächt, mit seiner Frau eine Vortragsreise nach Berlin und Venedig, 1993 teilte er in einem Essay im «New Yorker» der Öffentlichkeit mit, dass er an Aids erkrankt sei. 1994 erschien sein zweiter und letzter Roman «Profane Freundschaft».

Harold Brodkey starb im Januar 1996 in New York. Seine Tagebücher wurden postum als «Die Geschichte meines Todes» (1996) veröffentlicht.

Auszeichnungen

  • Prix de Rome American Academy Award (1959)
  • Creative Arts Public Service Grant (1972)
  • O. Henry Award (1975, 1976 und 1978)

Werke

  • Erste Liebe und andere Sorgen. Erzählungen. Dt. v. Elizabeth Gilbert. Diogenes, Zürich 1968, ISBN 3-257-20774-3 (1971 auch im dtv, ISBN 3-423-00736-2)
  • Unschuld. Nahezu klassische Stories. Band 1. (Div. Übers.) Rowohlt, Reinbek 1990, ISBN 3-499-13156-0
  • Engel. Nahezu klassische Stories. Band 2. (Div. Übers.) Rowohlt, Reinbek 1991, ISBN 3-499-13318-0
  • Profane Freundschaft. Roman. Dt. v. Angela Praesent. Rowohlt, Reinbek 1994, ISBN 3-499-22103-9
  • Die flüchtige Seele. Roman. Dt. v. Angela Praesent. Rowohlt, Reinbek 1995, ISBN 3-499-13993-6
  • Die Geschichte meines Todes. Dt. v. Angela Praesent. Rowohlt, Reinbek 1996, ISBN 3-499-22283-3
  • Venedig. Dt. v. Angela Praesent. Rowohlt, Reinbek 1997, ISBN 3-499-22443-7
  • Gast im Universum. Stories. Dt. v. Angela Praesent. Rowohlt, Reinbek 1998, ISBN 3-499-22687-1
  • Liebeserklärungen und andere letzte Worte. Essays. Dt. v. Angela Praesent. Rowohlt, Reinbek 2001, ISBN 3-498-00602-9

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