A Gest of Robyn Hode

A Gest of Robyn Hode

A Gest of Robyn Hode[1], zu übersetzen etwa mit „Die Geschichte von Robin Hood“, ist eine im 15. Jahrhundert in mittelenglischer Sprache verfasste und Anfang des 16. Jahrhunderts erstmals gedruckte Ballade. A Gest of Robyn Hode ist der anerkannt wichtigste Quellentext für die heutige Forschung zur literarischen und mutmaßlichen historischen Gestalt Robin Hoods. Übereinstimmend wird diese Dichtung zu den ältesten und zuverlässigsten Überlieferungen gezählt. Gegliedert ist die Gest of Robyn Hode in acht „fyttes“ (modernes Englisch: fits), was in etwa mit „Liedern“ übersetzt werden kann. Sie besteht aus 456 vierzeiligen Strophen. Bekannt ist die Ballade auch unter dem Titel A Lytell Geste of Robyn Hode.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Die Gest erzählt die Taten Robyn Hodes (Robin Hoods) und seiner Begleiter Litell Johnn (Little John), Scarlok (Will Scarlet) und Much, the millers son (Much, der Müllerssohn). Weitere Hauptpersonen sind der Ritter Richarde at the Lee (Richard of the Lee) und als Widersacher Robin Hoods der Sherif of Notyingham (Sheriff von Nottingham).

Die Gest of Robyn Hode spielt in der kleinen Region Barnsdale in der englischen Grafschaft Yorkshire. Der zeitliche Rahmen der Ballade ist nicht eindeutig zu klären; aufgrund der in der Gest of Robyn Hode beschriebenen rechtlichen, sozialen und militärischen Strukturen vermutet die Forschung, dass sich die dort geschilderten Handlungen im 13. Jahrhundert abgespielt haben könnten.

Handlung

Nach einer kurzen Einführung in die Charaktere der Hauptpersonen und den Ort der Handlung erzählen die ersten beiden „fyttes“ oder Lieder zunächst weniger von den Taten Robin Hoods, sondern drehen sich um den verarmten Ritter Richard of the Lee und dessen Auseinandersetzungen mit einem geldgierigen Abt. Robin Hood hilft Richard, indem er ihm Geld leiht. Im Laufe der Dichtung entwickelt sich zwischen Robin Hood und Richard of the Lee eine Art Freundschaft.

Im dritten Lied wird Little John unter falschem Namen ein Diener des Sheriffs, prügelt sich betrunken mit dessen Koch und stiehlt des Sheriffs Silber. Der Sheriff wird zum Versteck der Bande Robin Hoods gelockt, wo er gefangen genommen und zur Teilnahme an einem gemeinsamen Mahl gezwungen wird. Der Sheriff muss schwören, dass er keinem von Robins Gefährten jemals wieder etwas antun werde.

Im vierten Lied rauben Robin Hood und Little John aus dem Hinterhalt Mönche der St. Mary's Abtei aus.

Im fünften Lied arrangiert der Sheriff einen Bogenschützen-Wettbewerb, um Robin in eine Falle zu locken; ein Kampf zwischen den Männern des Sheriffs und Robins Gesetzlosen bricht aus.

Im sechsten Lied unternimmt der Sheriff eine letzte Anstrengung, um Robin Hood zu fangen, indem er Richard of Lee ins Gefängnis wirft. Robin eilt zu dessen Rettung, tötet den Sheriff und befreit Richard.

Im siebten und achten Lied begibt sich König Edward selbst in einer Verkleidung in den Sherwood Forest, um Robin und Richard of the Lee zu ergreifen. Während eines Bogenschieß-Wettbewerbs gibt sich der König zu erkennen und macht Robin zu einem Mitglied seines Hofstaates.

Das Ende der Gest schildert den Verrat an Robin Hood und dessen, durch einen Aderlass herbeigeführten Tod.[2]

Rezeption

A Gest of Robyn Hode entstand aus einer Verschmelzung mehrerer älterer Balladenzyklen um die Taten Robin Hoods. Deren Datierung ist nicht sicher; vermutet werden Zeiträume um das Jahr 1400 (nach Francis J. Child) bis 1450 (nach James C. Holt), wobei das spätere Datum nach Urteil der meisten Historiker heute als das Wahrscheinlichere gilt. Diese Balladen hatten wiederum selbst ältere Vorbilder, die vermutlich zurück bis ins 13. Jahrhundert datieren. Der erste schriftliche Hinweis auf deren Existenz stammt aus einer um das Jahr 1377 von William Langland verfassten Sammlung volkstümlicher Gedichte mit dem Titel The Vision of Piers Plowman. In einem der Gedichte brüstet sich ein gewisser Sloth, dass er sich zwar kaum an das Vaterunser erinnern könne, dafür aber Verse über Robin Hood auswendig kenne.

Erstmals gedruckt wurde die Ballade unter dem Titel A Gest of Robin Hood, früher auch bekannt als die Lettersnijder Edition, in den Jahren von 1500 bis 1510 von Jan van Doesbroch in Antwerpen; eines dieser Exemplare befindet sich heute in der National Library of Scotland in Edinburgh.

Einen weiteren frühen Druck der Gest gab Wynkyn de Worde in London unter dem abweichenden Titel A Lytell Geste of Robyn Hode um die Jahre 1506 bis 1510 heraus. Womöglich erschien damit de Wordes Version sogar früher als die Antwerpener Ausgabe. Ein Exemplare der Lytell Geste of Robyn Hode befindet sich heute in der Universitätsbibliothek Cambridge.

Um das Jahr 1560 gab William Copland die Ballade unter dem Titel A Mery Geste of Robyn Hoode heraus. Copland zog für seine Gest die beiden älteren Versionen heran, verarbeitete aber auch andere ihm bekannte Fragmente der Gest, darunter ein gedruckter Text von Richard Pynson etwa aus dem Jahr 1530 und einige Fragmente aus der sogenannten Douce Collection, die ihrerseits wiederum aus Fragmenten einer anderen frühen Druckversion der Gest, vermutlich von Wynkyn de Worde, besteht. Ein Exemplar der Ausgabe Coplands liegt heute in der Britischen Nationalbibliothek.

Der Literaturwissenschaftler Francis J. Child (1825 – 1896) sammelte die Gest of Robyn Hode und weitere Balladen um Robin Hood in seinem noch heute anerkannten Standardwerk The English And Scottish Popular Ballads[3] (herausgegeben 1882 – 1889). Child stellte als einer der ersten Wissenschaftler fest, dass der Gest mehrere ältere Balladenzyklen zugrunde liegen müssen. Eines der Argumente, die er hierfür anführte, ist die Schilderung in der Gest, dass einer von Robin Hoods Gefährten den mehr als 80 Kilometer weiten Weg von Nottingham nach Barnsdale, dem Hauptort der Handlung, in weniger als einem Tag zurücklegte – was mit den im Mittelalter zur Verfügung stehenden Verkehrsmitteln schlicht unmöglich war. Child sah darin einen Beleg, dass in der Gest bereits die Orte und Handlungen mindestens zweier älterer Balladenzyklen miteinander verschmolzen waren.

Literatur

Textausgaben

  • A Gest of Robyn Hode (Lettersnijder edn.“). Antwerp: Van Doesbroch, ca. 1510. (heute in der National Library of Scotland)
  • A Lytell Geste of Robyn Hode. London: Wynkyn de Worde, ca. 1506-10. (heute in der Cambridge University Library)
  • A Mery Geste of Robyn Hoode. London: Copland, ca. 1560. (heute in der British Library)
  • Fragments of an early printed version, perhaps by Wynkyn de Worde, of the Gest. (heute in der Douce Collection, Bodleian Library, Oxford.]
  • The Gest of Robin Hood. Toronto: Clawson, William H., 1909. (University of Toronto Library)

Sekundärliteratur

  • Bellamy, John. Crime and Public Order in England in the Later Middle Ages. London: Routledge, 1973.
  • Bellamy, John. Robin Hood: An Historical Inquiry. London: Croom Helm, 1985.
  • Dobson, R. B., and J. Taylor. Rhymes of Robin Hood: The Early Ballads and the Gest. In Carpenter, 1995.
  • Fowler, D. C. A Literary History of the Popular Ballad. Durham: Duke University Press, 1968.
  • James C. Holt: Robin Hood. Die Legende von Sherwood Forest, Düsseldorf 1991. ISBN 3-430-14771-9
  • Child, F. J., ed. The English and Scottish Popular Ballads. 5 vols. Rpt. New York: Dover, 1965.

Einzelnachweise

  1. http://www.lib.rochester.edu/camelot/teams/gest.htm
  2. Kindlers Literaturlexikon
  3. http://web.archive.org/web/20080213102959/http://www.jonathandewbre.com/RobinHood/robin.htm

Weblinks

  • Robin Hood Project an der University of Rochester, u.a. mit Volltext zu A Gest of Robyn Hode und weiterführenden Informationen zu anderen Balladen über Robin Hood

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