Buch Tobias

Buch Tobias

Das Buch Tobit (nach der Vulgata; in der Lutherbibel Tobias; Abkürzung: Tob) ist ein deuterokanonisches bzw. apokryphes Buch des Alten Testaments, das wahrscheinlich um 200 vor Christus auf Aramäisch in Palästina oder der ägyptischen Diaspora verfasst wurde. Von seiner Form her kann man es als eine lehrhafte Novelle einordnen.

Das Buch wurde nicht in den jüdischen Kanon aufgenommen, ist aber Teil der Septuaginta und wird von Katholiken und Orthodoxen Christen – nicht aber von Protestanten – als Teil der Bibel angesehen.

Nur die griechische Übersetzung ist vollständig erhalten. Im 20. Jahrhundert wurden aber in den Qumranhöhlen auch aramäische und hebräische Fragmente entdeckt.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Das Buch beginnt damit, dass nach einer kurzen Einleitung Tobit in der Ich-Form seine wechselvolle Lebensgeschichte erzählt. Wie beiläufig wird dabei auch erwähnt, dass er auf einer Reise nach Medien einem gewissen Gabael Geld zur Aufbewahrung übergeben hatte. Deutlich wird in der Erzählung, dass Tobit – anders als andere Israeliten – treu den Geboten Gottes und barmherzig gegenüber seinen Stammes- und Volksgenossen gelebt hat. Unter anderem begräbt er verbotenerweise ermordete Israeliten, und erleidet dafür die Verfolgung durch die Machthaber Ninives. Als er – in Konsequenz seiner Barmherzigkeit – erblindet, muss er sich die Klage seiner Frau anhören:

Tob 2,14c EU: Wo ist denn der Lohn für deine Barmherzigkeit und Gerechtigkeit? Jeder weiß, was sie dir eingebracht hat. (Zitate hier wie im Folgenden aus der Einheitsübersetzung.)

Der Bericht endet mit einem Gebet um Hilfe, in dem Tobit sich nicht auf seine Gerechtigkeit beruft, sondern auch seine Schuld anerkennt.

Dann erfolgt ein Schauplatzwechsel. Dort, wo Tobit sein Geld hinterlegt hatte, wird eine Frau – Sara – von den Mägden ihres Vaters beschimpft, weil ein Dämon – Aschmodai – ihre sieben bisherigen Männer alle getötet hat. Kurz erwägt sie, Selbstmord zu begehen, doch dann wendet sie sich stattdessen im Gebet an Gott und bittet ihn, sie sterben zu lassen oder ihr sein Erbarmen zu zeigen:

Tob 3,13a.15e EU: Lass mich von dieser Erde scheiden [...] Doch wenn es dir nicht gefällt, mich sterben zu lassen, dann blick auf mich herab, und hab Erbarmen mit mir, damit ich nicht länger solche Beschimpfungen hören muss.

Gott erhört das Gebet der beiden und sendet seinen großen Engel Raphael zur Hilfe.

Gerade an diesem Tag erinnert sich Tobit seines Geldes in Medien und ruft seinen Sohn Tobias, um ihn darüber zu informieren. Da er den Tod erwartet, ermahnt er seinen Sohn, Gott in den Menschen zu dienen und vor allem großzügig zu helfen, wo immer er kann:

Tob 4,8.11 EU: Hast du viel, so gib reichlich von dem, was du besitzt; hast Du wenig, dann zögere nicht, auch mit dem Wenigen Gutes zu tun. [...] Wer aus Barmherzigkeit hilft, der bringt dem Höchsten eine Gabe dar, die ihm gefällt.

Unter Raphaels Führung, der sich in Menschengestalt als Begleiter angeboten hat, reist Tobias nach Medien, trifft und heiratet Sara, besiegt Aschmodai und kehrt sicher mit dem Geld seines Vaters und einem Heilmittel für dessen Blindheit zu ihm nach Ninive zurück. Tobit wird geheilt, und Saras Hochzeit mit Tobias wird sieben Tage lang fröhlich gefeiert.

Als Tobit und Tobias Raphael die Hälfte des mitgebrachten Geldes als Lohn auszahlen wollen, offenbart dieser ihnen seine wahre Identität und kehrt zu Gott zurück. Tobit singt einen Lobpreis auf den barmherzigen Gott.

Kurz vor seinem Tod ruft Tobit seinen Sohn und rät ihm Ninive zu verlassen und wieder nach Medien zu ziehen, da Ninive zerstört werden wird. Nachdem auch seine Mutter Hanna gestorben ist, bricht Tobias nach Medien auf, und lässt sich bei seinem Schwiegervater nieder. Er wird 127 Jahre alt, und kurz vor seinem Tod erfährt er noch, dass Ninive, so wie es sein Vater vorausgesagt hatte, tatsächlich zerstört wurde:

Tob 14,15b EU: So konnte er sich noch vor seinem Tod über den Fall Ninives freuen.

Interessant sind die Stellen, in denen versklavte Nicht-Israeliten vorkommen. Deren Glück im Diesseits scheint keinen Stellenwert zu haben; ein Gedanke, der viele Schriften des AT durchzieht.

Textüberlieferung

Bereits im 19. Jahrhundert wurde angenommen, dass es für das Buch Tobit eine semitischsprachige Vorlage gebe. Durch die Funde von Qumran konnte diese These bestätigt werden. Es fanden sich vier Manuskripte in aramäischer Sprache (4Q196-4Q199) und eine Handschrift in hebräischer Sprache (4Q200). Welche von diesen beiden Fassungen ursprünglicher ist, läßt sich kaum entscheiden. Die Herkunft des Stoffes vermutlich aus der östlichen Diaspora und einige aramaisierende syntaktische Besonderheiten im hebräischen Text sprechen insgesamt eher für ein aramäisches Original.

Der griechische Text ist in zwei Rezensionen, einer Kurz- und einer Langfassung, erhalten. Die Kurzfassung (GI) wird u. a. vom Codex Vaticanus und vom Codex Alexandrinus vertreten. Die Langfassung (GII) repräsentiert v. a. der Codex Sinaiticus. Daneben gibt es eine Mischfassung (GIII). Auch die lateinische Texttradition kennt eine kürzere (in der Vulgata) und eine längere (in der Vetus Latina) Fassung. Die Vulgata-Fassung unterscheidet sich jedoch ebenfalls von der griechischen Kurzfassung. Die Qumran-Fragmente stehen insgesamt den beiden Langfassungen näher, die damit ursprünglicher sein dürften.

Weiterhin gibt es Übersetzungen ins Arabische, Armenische, Koptische, Äthiopische und Syrische, die von der griechischen Fassung abhängig sind. Ebenso existieren mittelalterliche Übertragungen ins Hebräische und Aramäische, die keinerlei Bezug zu den alten Texten aus Qumran erkennen lassen.

Bearbeitungen

Der Stoffkreis um Tobias wurde in der Folge immer wieder aufgenommen und war beispielsweise im 16. Jahrhundert ein beliebtes Dramenmotiv.

  • Georg Gotthart: Laeben deß frommen vnnd Goettsfoerchtigen Tobiæ (Tobias), 1617 in Solothurn aufgeführt, 1619 in Augsburg gedruckt.
  • Nach Musik von Georg Friedrich Händel und einem neuen Libretto stellte John Christopher Smith ein Oratorium Tobit (1764?) zusammen.
  • 1775 schrieb Joseph Haydn für Wien ein zu seiner Zeit hochberühmtes Oratorium Il Ritorno di Tobia auf ein Libretto von Gian Gastone Boccherini, dem Bruder des Komponisten und Cellisten Luigi Boccherini.

Literatur

  • Beate Ego: Buch Tobit. In: Werner Georg Kümmel, Hermann Lichtenberger (Hrsg.): Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Bd. 2: Unterweisung in erzählender Form. Gütersloh 1973–1999, S. 871–1007.
  • Joseph A. Fitzmyer: Tobit (Commentaries on Early Jewish Literature). Berlin u.a.: de Gruyter 2003. ISBN 3-11-017574-6
  • Michaela Hallermayer: Text und Überlieferung des Buches Tobit (Deuterocanonical and cognate literature studies 3). Berlin u.a.: de Gruyter 2008. ISBN 978-3-11-019496-8
  • Robert Hanhart: Text und Textgeschichte des Buches Tobit. Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse Folge 3,139 / Mitteilungen des Septuaginta-Unternehmens 17. Göttingen 1984. ISBN 3-525-82421-1
  • Helen Schüngel-Straumann: Tobit. Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament (HThKAT), Freiburg im Breisgau 2000. ISBN 3-451-26819-1

Siehe auch

Weblinks


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