Business Improvement District

Business Improvement District

Ein Business Improvement District (kurz BID) (auch: Business Improvement Area, Business Revitalization Zone, Innovationsbereich, Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs- und Tourismusbereichen (PACT)) ist ein räumlich festgelegter, innerstädtischer Bereich (Quartier), in dem Grundstückseigentümer auf weitgehend freiwilliger Basis zeitlich begrenzte Maßnahmen zur Verbesserung des Umfeldes und der Attraktivität des Bereiches finanzieren und durchführen. BIDs werden in von konsumnahen Dienstleistungen, insbesondere von Einzelhandel geprägten Gebieten wie Fußgängerzonen eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft des Konzepts

BIDs wurden in nordamerikanischen Innenstädten als Reaktion auf die wachsende Konkurrenz durch Einkaufszentren entwickelt. Einer der Vorteile von Einkaufszentren gegenüber den gewachsenen Innenstädten ist, dass sie ein zentrales Management haben, das für eine gesunde Einzelhandelsstruktur sorgt, ein sauberes und einheitliches Erscheinungsbild wahrt und Werbemaßnahmen der Mieter koordiniert. Diese Eigenschaften von Einkaufszentren sollten durch BIDs auch Innenstädte erreichen. Das erste BID wurde 1970 in Toronto (Kanada) eingerichtet: Bloor West Village gilt heute als eine der BID-Erfolgsgeschichten.

Aufgrund ihres Erfolgs in Nordamerika gelten sie auch in Deutschland als zukunftsträchtiges Stadtentwicklungskonzept. Das erste BID in Deutschland wurde im Februar 2005 in Hamburg-Bergedorf beantragt, bewilligt und inzwischen erfolgreich umgesetzt. Ein weiteres prominentes deutsches Beispiel ebenfalls aus Hamburg ist der Neue Wall.

Inhaltliche Grundlagen

Der Business Improvement District ist ein räumlich abgegrenzter, meist innerstädtischer Bereich, in dem die Grundeigentümer sich selbst für eine bestimmte Zeit zur Finanzierung von Maßnahmen zur Umfeldverbesserung oder anderer gemeinsamer Interessen verpflichten (Selbstbesteuerung). Dazu ist regelmäßig ein Quorum der Grundeigentümer erforderlich, in dem eine qualifizierte Mehrheit der Einrichtung des BID zustimmt oder der Einrichtung nicht widerspricht. Darauf hin kann die Kommune eine Satzung erlassen, durch die alle Grundeigentümer zur finanziellen Beteiligung an den Maßnahmen des BID verpflichtet werden (Vermeidung von Trittbrettfahrern).

Typische Handlungsfelder eines BID sind Maßnahmen zur Umfeldverbesserung, z.B. Reinigung von Graffiti, Verbesserung der Sauberkeit oder Ersatz von Material. Aber auch Investitions- und Marketingmaßnahmen sind prinzipiell im Rahmen eines BID möglich. Das in einem BID kooperierende Gebiet umfasst in der Regel etwa 50-100 Grundstücke. Die Investitionen liegen durchschnittlich bei ungefähr 1,5 Mio. Euro und werden über mehrere Jahre verteilt [Mensing (2006)]. In New York City übersteigen die Projektvolumina teilweise 11 Mio.$. Im US amerikanischen Durchschnitt sind die Investitionssummen jedoch meistens geringer. Viele BIDs, die sich nicht auf infrastrukturelle Maßnahmen sondern eher auf das Marketing konzentrieren, verfügen über Budgets von ca. 200.000 €.

Ein BID ist ein typisches Beispiel einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft (PPP), in der öffentliche Rechtssetzungsbefugnis und private Initiative zusammen wirken. Durch die gesetzlich legitimierte Ausweitung der Verantwortung für die Quartiersentwicklung von kommunalen auf private Akteure können BID als paradigmatisch für neue Instrumente der urban governance angesehen werden, die unter dem Leitbild einer unternehmerischen Stadtpolitik derzeit weltweit an Bedeutung gewinnen.

Vorteile

  • BID schließt die Möglichkeit für Trittbrettfahrer aus, sich ohne finanzielle Beteiligung (Kosten) an den Erfolgen von Marketingmaßnahmen oder Maßnahmen zur Verbesserung des Geschäftsumfelds zu bereichern
  • durch gesetzliche Grundlage und die Beteiligung der satzungsberechtigten Kommunen entsteht eine große Finanzierungssicherheit
  • für langfristigere Maßnahmen werden durch Finanzierungssicherheit Türen geöffnet
  • in funktionierenden Geschäftsquartieren entsteht die Möglichkeit zur Sicherung des Status quo oder sogar zur weiteren Verbesserung der Lagegunst

Kritik

Kritiker weisen auf die Gefahr hin, dass BIDs lediglich zu einer Verdrängung von Problemen aus dem öffentlichen Blickfeld der Geschäftsstraßen in innerstädtische Randlagen führen könnten. Des Weiteren besteht die Gefahr, dass sich die Kommunen ihrerseits als sog. Trittbrettfahrer positionieren und ihrer eigentlichen Daseinsvorsorge im öffentlichen Raum nicht mehr ausreichend nachkommen könnten. Ein weiteres Auseinanderdriften der unterschiedlichen Quartiere in den deutschen Städten könnte Folge der BIDs sein. Hier wird sich in Zukunft ein sozial- und gesellschaftsverträgliches Konzept auf Basis europäischer Werte (Modell der europäischen Stadt und ihrer Unteilbarkeit[1]) etablieren müssen.

Der Weg zum BID

Zur Realisierung von BID im eigentlichen Sinne ist eine landesgesetzliche Grundlage erforderlich. Solche gesetzlichen Grundlagen existieren in Deutschland derzeit in Hamburg, Hessen, Bremen, Schleswig-Holstein, Saarland und Nordrhein-Westfalen. Das Gesetz schreibt den jeweiligen Verfahrensweg zur Einrichtung eines BID vor. Vor der Durchführung eines Quorums ist die Beantragung bei der zuständigen Kommune erforderlich. Dazu sind entsprechende Vorarbeiten, insbesondere die Festlegung von Maßnahmen, Finanzierungsumfang, Reichweite und Träger der Aufgabe, durchzuführen. Eine öffentliche Diskussion vor der Beantragung hilft bei der Einschätzung der Zustimmungschancen im Konsensquorum. Der Zeitraum vor der Beantragung ist unterschiedlich, meist aber mehrere Monate bis Jahre lang. In diesem Zeitraum spricht man von einem „BID to come”. Nach der Beantragung findet eine Information aller Grundeigentümer bzw. Pächter statt. Wird dabei eine Höchstgrenze von Widersprüchen nicht überschritten (z.B. in Hamburg 33%), kann das BID per Satzung eingerichtet und der Aufgabenträger mit der Maßnahmendurchführung beauftragt werden.

Rechtliche Grundlagen

Die BauGB-Novelle 2007 führte § 171 f BauGB ein. Nach Maßgabe des Landesrechts können Gebiete festgelegt werden, in denen in privater Verantwortung standortbezogene Maßnahmen durchgeführt werden, die auf der Grundlage eines mit den städtebaulichen Zielen der Gemeinde abgestimmten Konzepts der Stärkung oder Entwicklung von Bereichen der Innenstädte, Stadtteilzentren, Wohnquartiere und Gewerbezentren sowie von sonstigen für die städtebauliche Entwicklung bedeutsamen Bereichen dienen. Zur Finanzierung der Maßnahmen und gerechten Verteilung des damit verbundenen Aufwands können durch Landesrecht Regelungen getroffen werden. Das in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallende Bodenrecht enthält damit nunmehr eine Öffnungsklausel zugunsten der Länder. Wie sich die rechtliche Situation bezüglich der Zwangsabgabe in den kommenden Monaten vor den Gerichten behaupten wird, bleibt zu erwarten. Am 27. August 2010 ist durch das Hamburgische Oberverwaltungsgericht [2] die erste obergerichtliche Entscheidung zu Business Improvement Districts gefällt worden in dem eine Klage gegen das Hamburgische Business Improvement District zurückgewiesen worden ist. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ist jedoch zugelassen worden.

Bundesländer mit gesetzlicher Grundlage

  • Hamburg (Gesetz zur Stärkung der Einzelhandels- und Dienstleistungszentren vom 28. Dezember 2004, mit Änderung vom 27. November 2007)
  • Schleswig-Holstein Gesetz über die Einrichtung von Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs- und Tourismusbereichen (PACT-Gesetz)
  • Bremen (Bremisches Gesetz zur Stärkung von Einzelhandels- und Dienstleistungszentren, Juli 2006)
  • Hessen (Gesetz zur Stärkung von innerstädtischen Geschäftsquartieren (INGE), Januar 2006)
  • Saarland (Gesetz zur Schaffung von Bündnissen für Innovation und Dienstleistungen (BIDG), Dezember 2007)
  • Nordrhein-Westfalen (Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISGG), Juni 2008)

Alle Gesetzesgrundlagen werden mit Hintergrundmaterialien und -informationen auf dem Internetportal der HCU Hamburg dokumentiert: Urban Improvement Districts

Weiterentwicklung des Modells

In der Fachöffentlichkeit in Deutschland wird seit einiger Zeit die Übertragung des BID-Modells auf andere städtische Gebiete diskutiert. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff der Housing Improvement Districts (HID) für die Anwendung des Modells in Wohnquartieren genutzt. Hamburg hat im Herbst 2007 als erstes Bundesland auf Grundlage des § 171 f BauGB (siehe oben) einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt und am 20. November 2007 das "Gesetz zur Stärkung von Wohnquartieren durch private Initiativen" verabschiedet, das zum 1. Dezember 2007 in Kraft getreten ist. Weitere regelmäßig aktualisierte Informationen zum Thema HID und den Fachdiskussionen über private Initiativen in der Stadtentwicklung mit einer Vielzahl von Informationsquellen und Literatur gibt es auf dem Internetportal www.urban-improvement-districts.de der HafenCity Universität.

Siehe auch

Literatur

  • Heiß, Eric (2006): Wozu Business Improvement District (BID)? Ein Vergleich zwischen BID und städtebaulicher Sanierungsmaßnahme als Instrumente zur Stärkung von Geschäftszentren, Berlin, Techn. Univ., Diplomarbeit
  • Kreutz, Stefan (2008): Stärkung von Wohnquartieren Eine kritische Betrachtung des Modells der Housing Improvement Districts, in: RaumPlanung, Heft 136, Februar 2008, 11-15
  • Mensing, Mario (2006): BID in der Praxis, erschienen in: cima direkt Zeitschrift für Stadtentwicklung und Marketing, Lübeck
  • Müller-Stüler, Felix: Konzeptpapier zur BID-Gesetzgebung, Potsdam

Weblinks

Allgemein
Rechtsgrundlagen
Beispiele

Einzelnachweise

  1. Vgl. dazu Heinze Artikel in Raumplanung 2006
  2. Hamburgische Oberverwaltungsgericht, Aktenzeichen: 1 Bf 149/09

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