Byzantinismus

Byzantinismus

Byzantinismus ist ein von Kritikern gebrauchter, abwertender Begriff für „kriecherische“ Unterwerfung und Ergebenheit sowie für die Einführung besonders anspruchsvoller und ausgefeilter Rituale, die auf die äußerliche Betonung von so nicht bestehenden Rangunterschieden abzielen.

Mit der Kennzeichnung solchen Verhaltens als „byzantinisch“ wird auf das aus neuzeitlicher, westeuropäischer Sicht völlig unakzeptable Hofzeremoniell angespielt, das sich im Byzantinischen Reich um die Person des Byzantinischen Kaisers herum entwickelt hatte. Dazu zählte beispielsweise der durch mechanische Vorkehrungen in die Höhe schwebende Thron, die Heerscharen weiß gekleideter Eunuchen und der Gebrauch der Proskynese, also das Gebot, sich bei Annäherung an die geheiligte Person des Kaisers flach zu Boden zu werfen.

Das in Konstantinopel im Lauf der Jahrhunderte entstandene, an frühere Caesarenherrlichkeit anknüpfende und auf vollständige Unterwerfung und beinahe Anbetung abzielende Hofzeremoniell wurde an den absolutistischen Höfen Europas und auch am Hofe des osmanischen Sultans in späteren Zeiten gerne nachgeahmt, möglicherweise sogar gelegentlich überboten. Um so mehr wurde nach der Überwindung des Absolutismus durch Aufklärung und Französische Revolution jeder Versuch der verbliebenen Monarchen Europas, die vergangene Zeit des Gottesgnadentums wenigstens äußerlich wieder aufleben zu lassen, von bürgerlichen Kräften missbilligt.

Der Vorwurf des Byzantinismus wurde u.a. gegenüber Napoleon I. und Wilhelm II. erhoben.

Siehe auch

Literatur

  • Dirk von Pezold: Caesaromanie und Byzantinismus bei Wilhelm II. Köln, Universität, Diss. 1972.

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