Cäsarenwahnsinn

Cäsarenwahnsinn
Der Begriff „Cäsarenwahnsinn“ bezog sich ursprünglich auf Kaiser Caligula

Cäsarenwahnsinn bezeichnet eine spezifische Form des Größenwahns und der Paranoia, die insbesondere bei einigen römischen Kaisern aufgetreten sein soll. Der Begriff bezeichnet weniger eine Krankheit im medizinischen Sinne als vielmehr ein Bündel von Merkmalen eines zur Herrschaft ungeeigneten Monarchen.

Geprägt wurde der Ausdruck „Cäsarenwahnsinn“ 1894 vom späteren Friedensnobelpreisträger Ludwig Quidde, der die wesentlichen Elemente wie folgt benannte: Glaube an die eigene Göttlichkeit, Verschwendungssucht, „theatralischer Schein“, „Heißhunger nach militärischen Triumphen“ und eine Neigung zum Verfolgungswahn. Quidde bezog seine Aussagen explizit auf Kaiser Caligula (37–41 n. Chr.), doch war seinen Zeitgenossen klar, dass implizit auch Kritik am deutschen Kaiser Wilhelm II. intendiert war. Quidde ging davon aus, dass manche Herrscher unter dem „Eindruck einer scheinbar unbegrenzten Macht“ glaubten, nicht mehr an Recht und Gesetz gebunden zu sein und, beeinflusst von der Schmeichelei ihrer Umgebung und der eigenen Propaganda, an die eigene Übermenschlichkeit oder gar Göttlichkeit zu glauben begännen. Tacitus bezeichnete dies als furor principum (dt. „Fürstenwahnsinn“).[1]

Als typische Fälle von Cäsarenwahn gelten neben Caligula besonders Nero, Commodus und Elagabal. Auch Domitian und Caracalla werden in diesem Zusammenhang häufig genannt. Problematisch ist diese Etikettierung aus Sicht der heutigen Althistoriker deshalb, weil vielfach damit zu rechnen ist, dass das Bild, das die antike Überlieferung von diesen Herrschern zeichnet, zumindest teilweise absichtlich verzerrt und überzeichnet ist: Was in den Quellen als Wahnsinn erscheint, ist mitunter einfach der Tyrannentopik geschuldet. Manch ein Kaiser, der sich nicht an die komplizierten Regeln des Prinzipats halten wollte oder konnte und daher durch mangelnde Rücksichtnahme auf die Empfindlichkeiten der Senatoren deren Unmut erregte, wurde von Historikern wie Tacitus oder Cassius Dio gleichsam zur Strafe als Irrer dargestellt (vgl. Damnatio memoriae). Dennoch ist Quiddes Konzept bis zu einem gewissen Grad sinnvoll.

Eine römische Vorbeugemaßnahme gegen Cäsarenwahn war die Anwesenheit eines Sklaven auf dem Wagen eines siegreichen Triumphators, der ihn an seine Sterblichkeit zu erinnern hatte. Dieser flüsterte ihm ins Ohr: Respice post te, hominem te esse memento (in etwa: Schau hinter dich, und erinnere dich daran, dass du ein Mensch bist).

Quiddes Schrift mit dem Titel Caligula. Eine Studie über römischen Cäsarenwahnsinn beendete seine Karriere als Historiker abrupt, da er wegen Majestätsbeleidigung zu einer Haftstrafe verurteilt und daraufhin sozial geächtet wurde. Der Caligula wurde im Kaiserreich mit 31 Auflagen bis zum Jahr 1926 zum meistverkauften politischen Pamphlet.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tacitus, Historien III 72.

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