Gottesgnadentum

Gottesgnadentum
Bildplatte in der Reichskrone des Heiligen Römischen Reichs: Christus, flankiert von zwei Engeln, und der Sinnspruch (Per) Me Reges Regnant (Durch mich regieren die Könige)
Perikopenbuch Heinrichs II.: Christus selbst verleiht Heinrich II. und seiner Gemahlin Kunigunde die Königswürde.
Darstellung des Gottesgnadentums Kaiser Otto III., Liuthar-Evangeliar, um 1000

Das Gottesgnadentum ist eine Begründung für monarchische Herrschaftsansprüche. Der Begriff entwickelte sich aus dem Titelzusatz Dei Gratia (lateinisch: „[durch die] Gnade Gottes“). Es findet seinen Ausgangspunkt bei den Karolingern, speziell bei Pippin dem Jüngeren, in Bezug auf seine Herrschaft als fränkischer König, sowie Karl dem Großen, der seine Herrschaft als römisch-deutscher Kaiser im Hochmittelalter kirchlich legitimiert sah und der sein Reich als Einheit von Staat, Kirche und Religion verstand. In der um das Jahr 1000 geschaffenen Reichskrone des Heiligen Römischen Reichs verweist der alttestamentarische Sinnspruch (Per) Me Reges Regnant – Durch mich regieren die Könige (Buch der Sprichwörter 8, 15) auf das Gottesgnadentum ihrer Träger.

Das Gottesgnadentum beinhaltet die Legitimation des Herrschers durch den Willen Gottes („Stellvertreter Christi auf Erden“). Der Absolutismus vertritt davon ausgehend die Position, dass der König weder absetzbar noch in einer anderen Weise an der Ausübung seiner Regentschaft zu hindern sei. Prominente Beispiele dafür sind: Ludwig XIV. von Frankreich, Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, das Erzhaus Habsburg oder die russischen Zaren.

Das Gottesgnadentum wird auch aus dem Neuen Testament abgeleitet, genauer aus dem Brief des Paulus an die Römer (Röm 13,1-7, Pflichten gegenüber dem Staat EU). Die Grundlage bildet die Vorstellung, dass jede staatliche Gewalt von Gott verliehen ist und ein Widerstand gegen diese Gewalt einen Verstoß gegen den Willen Gottes darstellt.

Noch König Ludwig II. von Bayern griff im 19. Jahrhundert auf die Vorstellung vom Gottesgnadentum zurück, als er im Schloss Neuschwanstein den Thronsaal nach der Form einer byzantinischen Kirche errichten ließ und anstelle eines Altares einen Thron setzen wollte, der jedoch nie fertiggestellt wurde.

Auch heute noch prangt auf den britischen Münzen der Zusatz D.G. (für Dei Gratia) hinter dem Namen von Königin Elisabeth II. Die Monarchen von Dänemark, Liechtenstein, Monaco, den Niederlanden und des Vereinigten Königreichs führen in ihrem großen Titel bis heute den Zusatz „von Gottes Gnaden“. Nach dem Artikel 56 der spanischen Verfassung von 1978 wird der spanische König zwar einfach als Rey de España bezeichnet, doch ebenso wird ihm darin das Recht zugestanden, alle traditionellen Titel der Krone weiter zu führen (podrá utilizar los demás que correspondan a la Corona). So ist also auch der König von Spanien „von Gottes Gnaden“. Der Titel des spanischen Diktators Francisco Franco war bis zu seinem Tod ebenfalls Führer Spaniens von Gottes Gnaden.

Im Zeitalter der konstitutionellen Monarchien ist zu unterscheiden zwischen der (in demokratischen Staaten überholten) Legitimation eines absoluten Herrschers und der Frage, wer das Staatsoberhaupt eingesetzt hat. Ein Monarch, der seine Stellung der Erbfolge verdankt, kann, wenn er gläubig ist, nicht umhin, seine Stellung als „von Gottes Gnaden“ zu verstehen.

Literatur

  • Georg Flor: Gottesgnadentum und Herrschergnade: über menschliche Herrschaft und göttliche Vollmacht. Köln 1991, ISBN 3-88784-287-1.
  • Thomas Benner: Die Strahlen der Krone: die religiöse Dimension des Kaisertums unter Wilhelm II. vor dem Hintergrund der Orientreise 1898. Marburg 2001, ISBN 3-8288-8227-7.
  • Thomas Buske: Von Gottes Gnaden – Könige und alle Menschen Preußen ein Paradigma. Neustadt a.d. Aisch 2000, ISBN 3-87707-544-4.
  • Fritz Kern: Gottesgnadentum und Widerstandsrecht im früheren Mittelalter – zur Entwicklungsgeschichte der Monarchie. Wiss. Buchges., Darmstadt 1980, ISBN 3-534-00129-X.

Siehe auch


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