Luisa Isabel Álvarez de Toledo y Maura

Luisa Isabel Álvarez de Toledo y Maura

Luisa Isabel Álvarez de Toledo y Maura, kurz Isabel Álvarez de Toledo (* 21. August 1936 in Estoril; † 7. März 2008 in Sanlúcar de Barrameda, Cádiz; getaufte Luisa Isabel María del Carmen Cristina Rosalía Joaquina, war eine spanische Adelige, 21. Duquesa de Medina Sidonia, 17. Marquesa de Villafranca del Bierzo, 18. Marquesa de los Vélez, 25. Condesa de Niebla und dreifache Grande de España.

Luisa Isabel Álvarez de Toledo trug als Chefin des Hauses Medina Sidonia den ältesten Herzogstitel Spaniens. Ihr Wohnsitz war meist das Familienschloss Medina Sidonia in Sanlúcar de Barrameda, das eines der wichtigsten privaten Archive Europas beherbergt und von ihr in ihre Stiftung Fundación Casa Medina Sidonia eingebracht wurde.

Wegen ihrer republikanischen Ideale und ihres Widerstandes gegen den Franquismus wurde sie in der Presse auch La Duquesa Roja (Die Rote Herzogin) genannt.

Sie war als Schriftstellerin und Historikerin tätig und widmete einen großen Teil ihres Lebens der Erhaltung, Katalogisierung und Erforschung des Familienarchives Archivo de la Casa de Medina-Sidonia.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Luisa Isabel war das einzige Kind von Joaquin Álvarez de Toledo y Caro (1894-1955), dem in Estoril (Portugal) im Exil lebenden 20. Duque de Medina Sidonia und von María del Carmen Maura y Herrera, Tochter von Gabriel Maura Gamazo, Montaner y Abarca, dem 1. Duque de Maura und Sohn von Antonio Maura, fünfmaliger Präsident der spanischen Regierung unter Alfonso XIII anfangs des 20. Jahrhunderts.

Schon im Oktober 1936 entschloss sich die Familie, in das seit 1297 zum Familienbesitz gehörende Schloss in Sanlúcar de Barrameda zurückzukehren, in einer der ärmsten Gegenden Spaniens. Die sorgfältige Erziehung durch ihre Mutter, der Umgang mit den Kindern auf der Straße und die Erlebnisse in dem von ihrer Mutter im Schloss geführten Spital sowie die krassen sozialen Gegensätze der Zeit prägten ihre Persönlichkeit. Der offene Widerstand gegen soziale Ungerechtigkeiten beschäftige sie bis an ihr Lebensende.

Luisa Isabel war 10 Jahre alt, als ihre Mutter starb und sie zu ihren Großeltern, der Condesa de la Mortera und dem Historiker Gabriel Maura Gamazo nach Madrid zog. Mit 18 wurde sie zusammen mit der Infanta Pilar de Borbón, der Schwester des gegenwärtigen Königs Juan Carlos I., in die Gesellschaft eingeführt. Am 16. Juli 1955, kurz vor ihrem 19. Geburtstag, heiratete sie José Leoncio González de Gregorio in Mortera, Cantabria (bei Santander). Nach dem Tod ihres Vaters am 11. Dezember 1955 kehrte sie nach Sanlúcar de Barrameda zurück und wurde zur Erbin, Chefin des Hauses und Trägerin des Titels der Herzogin von Medina Sidonia erklärt. Sie brachte drei Kinder zur Welt, trennte sich aber schon 1960 von ihrem Mann (eine Scheidung war im damaligen Spanien nicht möglich).

Sie ließ 1962 das Familienarchiv aus einem Lager in Madrid in das Schloss in Sanlúcar de Barrameda schaffen und begann mit der Restaurierung des Schlosses und der Katalogisierung und Erforschung des Archives, mit dem sie sich bis an ihr Lebensende befasste.

Im Rahmen einer privaten Initiative zur Bodenreform stiftete sie immer wieder Teile der zum Schloss gehörenden Ländereien an bäuerliche Genossenschaften, bis nur noch das Schloss und 30 Hektar Wald in ihrem Besitz blieben.

Sie stand der damals noch illegalen PSOE Partido Socialista Obrero Espanol (Spanische Sozialistische Arbeiterpartei) nahe und äußerte sich positiv zu Fidel Castros kubanischer Revolution, bei anderer Gelegenheit aber auch deutlich gegen den Kommunismus.

Wenn sie soziales Unrecht witterte, legte sie sich immer wieder mit der Obrigkeit an. Sie führte einen Schweigemarsch der Austernfischer von Sanlucar de Barrameda an, denen ihr Gewohnheitsrecht auf freien Fang genommen werden sollte, und musste deshalb eine Geldstrafe zahlen. Ihr wurde der Diplomatenpass entzogen, der ihr als Mitglied des Hochadels zustand, weil sie im Dezember 1966 den durch den Absturz eines amerikanischen B-52-Atombombers vom 17. Januar 1966 geschädigten Bauern von Palomares einen Boykott eines Verfassungs-Referendums empfahl. Als sie 1967 mit den Bauern von Palomares für eine Entschädigung für die Verseuchung ihrer Felder und Fischgründe demonstrierte, wurde sie zu zwölf Monaten Haft verurteilt, von denen sie acht Monate im Gefängnis von Alcalá de Henares absitzen musste, nachdem sie eine von der Regierung angebotene Begnadigung gegen ein Schuldeingeständnis abgelehnt hatte. Dies brachte ihr in der Presse den Titel der Roten Herzogin ein, den sie selbst jedoch immer vermied.

1967 wurde in Frankreich ihr erster Roman La Huelga unter dem Titel La Grève (der Streik) veröffentlicht, der von Weinbauarbeitern handelte, deren Streik von der Brutalität der Polizei und der parteiischen Justiz unterdrückt wurde. Streiks waren damals verboten, ihr Buch wurde deshalb ebenfalls verboten.

Nach ihrem Gefängnisaufenthalt verlor sie in einem bitteren Prozess das Sorgerecht für ihre Kinder, da das Gericht ihre politischen Aktivitäten als Beweis mangelnder persönlicher Stabilität ansah.

Am 5. April 1970 verließ sie Spanien, nachdem weitere Strafverfahren gegen sie wegen des Buches La Huelga und verschiedener Zeitungsartikel angestrengt wurden, in denen sie zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt werden sollte. Ihr 6 Jahre langes Exil in Frankreich verbrachte sie teils in Paris, teils in Hasparren (Pyrénées-Atlantiques). Auf Vortragsreisen besuchte sie zahlreiche andere Länder. Nach Francos Tod und einer Amnestie kehrte sie am 15. Oktober 1976 aus dem Exil in Frankreich nach Madrid zurück.[1]

Danach widmete sie sich überwiegend dem etwa zwei Millionen Dokumente in über sechstausend Mappen oder Bündeln umfassenden Archiv, dessen ältestes Dokument aus dem Jahr 1228 stammt. Im Archiv finden sich Urkunden über die Geschichte des Hauses Medina Sidonia und seiner Besitzungen, aber auch über andere Adelshäuser. Es enthält Unterlagen unterschiedlichster Art wie gerichtliche und administrative Register, Abrechnungen der Domänen, Verträge, Testamente und Kirchenbücher, aber auch alte arabische Karten aus dem 16. und 17. Jahrhundert und die Aufzeichnungen über die den Hafen von Sanlúcar de Barrameda verlassenden Schiffe, die die Herzöge von Medina Sidonia zu führen hatten.

Mit unermüdlicher Neugier entdeckte sie Dokumente, aus denen sie ableitete, dass Amerika lange vor Kolumbus von arabisch-andalusischen Seefahrern, von Marokkanern und afrikanischen Muslimen entdeckt wurde, die Handel mit Häfen in Brasilien, Guyana und Venezuela gehabt hätten. Sie veröffentlichte darüber die Bücher No fuimos nosotros (Wir waren es nicht) und África versus América, mit denen sie sich natürlich erneut gegen den Zeitgeist stellte.

Im Jahr 1978 erreichte sie, dass das Schloss in Sanlúcar de Barrameda samt Inhalt, insbesondere samt dem Archiv, seitens des Staates als Gebäude von kulturellem Interesse anerkannt wurde. Am 16. November 1990 gründete sie die Fundación Casa de Medina Sidonia, der sie das Schloss samt Archiv übertrug und die am 11. März 1991 vom spanischen Kultusministerium zugelassen und registriert wurde.

Die Gründung des Archives führte zum endgültigen Zerwürfnis mit ihren Kindern. 2005 ließ sie sich von ihrem Mann scheiden, der zwei Wochen vor ihr am 23. Februar 2008 starb.

Auf dem Sterbebett heiratete sie am 7. März 2008 ihre langjährige Sekretärin Liliana Maria Dahlmann und bestellte sie zur Präsidentin ihrer Stiftung Fundación Casa Medina Sidonia.[2]

Die Zukunft der Stiftung scheint jedoch aufgrund finanzieller Schwierigkeiten und seitens der Erben angestrengter Gerichtsverfahren nicht gesichert zu sein.[3]

Werke

  • La Grève, éditions Hachette, Le Livre de Poche, 1970 (La Huelga, der Streik)[4]
  • La Base, éditions Bernard Grasset, 1971 [4]
  • Historia de una Conjura: la supuesta rebelión de Andalucía en el marco de las conspiraciones de Felipe IV y la Indepencia de Portugal, Ed. Diputación de Cádiz, 1985 (nur der erste Band wurde veröffentlicht)[5]
  • El Poder y la Opinión bajo Felipe IV, Eigenverlag, 1987[5]
  • No fuimos nosotros: del tráfico transoceánico precolombino a la conquista y colonización de América, Nice, Ed. La Tribune des Alpes Maritimes en Espana, 1992[5]
  • Alonso Pérez de Guzmán, General de la Invencible, Ed. Universidad de Cádiz, 1994, zwei Bände[5]
  • África versus América, La Fuerza Del Paradigma, Ed. Centro de Documentación y Publicaciones Islámicas, 2000[5]

Die Bücher sind sämtlich vergriffen. Die Fundación Casa Medina Sidonia erklärte sich in ihrer Website bereit, einzelne der folgenden Werke nachzudrucken und zu binden:

Romane

  • La Base
  • La Huelga
  • La Cacería
  • Presente infinito
  • La ilustre Degeneración
  • Palomares
  • Mi cárcel

Geschichtsbücher:

  • Historia de una Conjura
  • Felipe II en su contexto
  • Felipe II y Portugal
  • Política económica en los estados de Medina Sidonia (1549-1587)
  • De la mar y las Indias. La Armada invencible (1563-1589)
  • La crisis de un Reinado 1590-1615
  • Entre el Corán y el Evangelio
  • África versus América (2 Bände)

Kleinere Geschichtsbücher:

  • El poder y la opinión bajo Felipe IV
  • Las almadrabas de los Guzmanes
  • El castillo de Santiago y la contienda de los reyes
  • Socorros que se han de dar a los envenenados o asfixiad

Geschichtsbücher über das Haus Medina Sidonia:

  • El palacio de los Guzmán
  • El archivo
  • Los Guzmanes I (1283-1492)
  • Los Guzmanes II (1492-1664)
  • Los Guzmanes III (1665-1955)
  • Las casas incorporadas (1400-1774)
  • El Testamento político de Espana (1775). Pedro Alcantara de Guzmán XIV Duque de Medina Sidonia (1724-1779)

Weblinks

 Commons: Palace of the Dukes of Medina Sidonia in Sanlúcar de Barrameda – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rückkehr der Roten Herzogin aus dem Exil, El Pais vom 16. Oktober 1976 (spanisch)
  2. Artikel im Telegraph (englisch)
  3. Memo über die Zukunft der Stiftung (spanisch)
  4. a b zitiert aus "La duchesse rouge" Olivier Page, 2003
  5. a b c d e zitiert aus "Rapport de recherche: une mission en Espagne", Laura Giraudo digitalisat auf google books

Siehe auch

Film

  • Reisewege Andalusien - Das Land der Weißen Dörfer. Dokumentation, 45 Min., Buch und Regie: Barbara Dickenberger, Produktion: SR, Erstsendung: 28. März 2007, Inhaltsangabe vom SR, (u.a. mit der Herzogin Luisa Isabel Álvarez de Toledo y Maura)

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