6. Sinfonie (Schubert)

6. Sinfonie (Schubert)

Die Sinfonie Nr. 6 C-Dur D 589 ist eine Sinfonie von Franz Schubert. Zur Unterscheidung von der in der gleichen Tonart stehenden „Großen Sinfonie in C-Dur“ wird die sechste auch die „Kleine C-Dur“ genannt.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Die Sinfonie entstand von Oktober bis 1817 bis Februar 1818, ein Jahr nach der 5. Sinfonie. Im Unterschied zu einer Vorbereitungszeit von wenigen Wochen für frühere Sinfonien Schuberts dauerte diese für die 6. Sinfonie fünf Monate.

Möglicherweise wurde das Werk kurz nach Vollendung in einem Privatkonzert des «Hatwig'schen Orchesters» uraufgeführt. Die erste öffentliche Aufführung fand am 14. Dezember 1828 - wenige Wochen nach Schuberts Tod - im großen Redoutensaal der Wiener Hofburg im Rahmen eines Abonnementkonzerts der «Gesellschaft der Musikfreunde in Wien» mit Johann Baptist Schmiedel als Dirigent statt. Eine weitere Darbietung dieser Sinfonie gab es dann allen Anschein nach bereits am 12. März 1829 im Rahmen eines Concert spirituel im Landständischen Saal in Wien.[1]

Am 19. Januar 1861 warf die Wiener «Deutsche Musik-Zeitung» die Frage auf, ob es sich bei der im Programm von 1828 angekündigten „Sinfonie in C“ um die „Sechste“ handelte oder um die „Große Sinfonie in C-Dur“ (die damals als „Siebte“ gezählt wurde). Diese Unsicherheit wurde vom Juristen Leopold von Sonnleithner eindeutig beantwortet, der die Aufführungen im Dezember und März besucht hat.[2][3]

Besetzung

Zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagotte, zwei Hörner, zwei Trompeten, Pauken, Streichquintett

Satzbezeichnungen

  1. Adagio - Allegro
  2. Andante
  3. Scherzo. Presto - Trio. Più lento
  4. Allegro moderato

Musik

Von Orchestertutti begleitet, hebt die bedächtige Allegro-Induktion des ersten Satzes an. Diese ist als Einleitung für das Allegro-Thema unentbehrlich, das an Joseph Haydns 100. Sinfonie (die «Militärsinfonie») erinnert. Der Schluss des Satzes überrascht mit einer lebhaften Stretta.

Das Andante des zweiten Satzes enthält ein lyrisches volksliedartiges Thema kombiniert mit Schuberts individueller Musiksprache. Der Satz ist gekennzeichnet von Gegensätzen zwischen bedächtigen und introvertierten Abschnitten einerseits und marschartigen Abschnitten und italienischer Opernmusik andererseits.

Das Presto des dritten Satzes bezeichnet Schubert - dem Beispiel der 1. Sinfonie seines großen Vorbilds Ludwig van Beethoven folgend - als Scherzo. Die Energie der Musik geht quer durch alle Stimmen in alle Richtungen. Im Gegensatz dazu findet sich im Trio des Satzes eine gleichförmige Entwicklung.

Der vierte Satz der Sinfonie orientiert sich in seinem Sonatensatz ohne Durchführung, einer überdurchschnittlich langen Coda und eines aneinander reihenden statt dynamischen Stils am Beispiel der italienischen Ouvertüre. Es fehlt jedoch ein derartig temperamentvoller Einsatz des Orchesters wie bei Gioachino Rossini, dessen Musik zu der Zeit überaus populär war und das Finale der Sinfonie ebenso inspirierte wie die Komposition zweier Ouvertüren (D 590 und D 591), die Schubert kurz nach Vollendung der Sinfonie komponierte.

Rezeption

Am 4. Februar 1829 schrieb die «Allgemeine Musikalische Zeitung»:

„Am 14ten [Dezember 1828], im k. k. grossen Redouten-Saale: Zweytes Gesellschafts-Concert [...]: Neue Symphonie in C Dur, von Franz Schubert (aus dessen Nachlasse): ein schönes, fleissig gearbeitetes Werk, dessen vorzüglich ansprechende Sätze das Scherzo und Finale sind. Was man vielleicht daran tadeln könnte, wäre, dass das blasende Orchester allzu reichlich bedacht ist, wogegen die Streichinstrumente fast im Durchschnitt nur subordinirt erscheinen.“

Allgemeine Musikalische Zeitung: 4. Februar 1829

„Diese Sinfonie passt in kein Schema“, schrieb der Musikforscher Alfred Einstein in Anspielung auf die Gegensätze im dritten Satz.

Antonín Dvořák war zu seiner Zeit einer der wenigen Bewunderer der frühen Sinfonien Schuberts, in denen er - trotz des Einflusses von Haydn und Mozart - im „Charakter der Melodien“, der „harmonischen Progression“ und den „vielen exquisiten Details der Orchestrierung“ Schuberts Individualität erkannte. So machte er während seiner Lehrtätigkeit in New York seine Studenten auch mit Schuberts 6. Sinfonie vertraut.

Literatur

  • Renate Ulm (Hrsg.): Franz Schuberts Symphonien. Entstehung – Deutung – Wirkung. dtv/Bärenreiter, München/Kassel 2000, ISBN 3-423-30791-9.

Einzelnachweise

  1. Demgegenüber vertritt der Wiener Musikhistoriker Otto Biba unter Hinweis auf ein Schreiben des Komponisten Josef Hüttenbrenner von 1842 die These, dass 1829 die „Große“ C-Dur-Sinfonie zur Aufführung gekommen sei. vgl. Otto Biba: Die Uraufführung von Schuberts Großer C-Dur-Symphonie – 1829 in Wien. Ein glücklicher Aktenfund zum Schubert-Jahr. In: Musikblätter der Wiener Philharmoniker 51, Wien 1997 S. 287-291. Diese Auffassung wurde von der Schubert-Forschung zurückhaltend aufgenommen, siehe: Vorwort. In: Werner Aderhold (Hrsg.): Sinfonie Nr. 8 in C. Neue Schubert-Ausgabe, Serie V, Band 4a. Bärenreiter, Kassel 2003 (BA 5554), ISMN M-006-49713-3.
  2. Schreiben von Leopold Sonnleithner vom 20. Januar 1861, abgedruckt in: Otto Erich Deutsch (Hrsg.): Schubert – Die Erinnerungen seiner Freunde. 2. Auflage. VEB Breitkopf und Härtel, Leipzig 1966, DNB 458893935, S. 497 f.; ebenfalls abgedruckt in: Renate Ulm (Hrsg.): Franz Schuberts Symphonien. Entstehung – Deutung – Wirkung. dtv/Bärenreiter, München/Kassel 2000, ISBN 3-423-30791-9, S. 170 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  3. Auch bei Heinrich Kreißle von Hellborn (1865) wird der Sachverhalt in seinem Werkverzeichnis eindeutig beschrieben

Weblinks


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