CI-Camp 95 Ziegenhain

CI-Camp 95 Ziegenhain

Das STALAG IX A Ziegenhain war ein während des gesamten Zweiten Weltkrieges bestehendes Kriegsgefangenenlager in Hessen, das nach Kriegsende in anderer Funktion weitergenutzt wurde.

Nach dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 erfolgte reichsweit die Errichtung von Kriegsgefangenenlagern. Das STALAG IX A Ziegenhain war das größte Kriegsgefangenenlager auf dem Gebiet des heutigen Landes Hessen. Bis 1945 wurden hier Kriegsgefangene unterschiedlicher Nationen interniert, zunächst Polen und Franzosen; unter ihnen befand sich der spätere französische Staatspräsident François Mitterrand. Es kamen hinzu Gefangene aus der Sowjetunion, Belgien, Großbritannien, den Niederlanden, Südosteuropa und US-Amerikaner. Gegen Kriegsende wurden auch italienische „Militärinternierte“ hier gefangen gehalten. Die Höchstzahl aller Gefangenen betrug 53.08??? im Sept. 1944. Der größte Teil der Kriegsgefangenen musste außerhalb des Lagers in Arbeitskommandos Zwangsarbeit in der Landwirtschaft und in der Industrie leisten.

Eine große Anzahl der historischen Baracken ist erhalten geblieben.

Mehrere tausend sowjetische Kriegsgefangene, die seit November 1941 im STALAG IX A Ziegenhain eintrafen, hatten, der Nazi-Ideologie entsprechend, in einem separaten Lagerbereich unter besonders unmenschlichen Bedingungen zu leiden. Die Todesrate unter ihnen war außerordentlich hoch.

Inhaltsverzeichnis

Friedhöfe

Zum STALAG IX A Ziegenhain gehörten zwei getrennt voneinander angelegte Friedhöfe. Der heutige Gemeindefriedhof des Ortes Trutzhain war der Bestattungsort für die verstorbenen westalliierten und polnischen Kriegsgefangenen. Die sowjetischen und serbischen Toten wurden hingegen auf dem weit abgelegenen Waldfriedhof anonym, mitunter in Massengräbern, verscharrt. Auch die italienischen Militärinternierten lagen dort bis 1958 begraben.

CI-Camp 95 Ziegenhain

Nach der Befreiung des Kriegsgefangenenlagers am 30. März 1945 diente das STALAG IX A der US-Army zunächst als Civil Internment Camp 95 (CIC 95) zur Internierung von Mitgliedern der Waffen-SS, der NSDAP, SA und SS, Wehrmachtssoldaten sowie Frauen. Das Lager bestand bis zum Sommer 1946.

Dr. med. Hans Dietz NSDAP-Mitglied (* 14. Februar 1908; † 19. August 1983) interniert von April 1945 bis April 1948, davon ab Mitte Oktober 1945 bis Frühjahr 1946 im CI-Camp 95 Ziegenhain, schreibt in seinen >Lebenserinnerungen< vom Dezember 1946:

„Im Herbst 1945 wurden wir <von Frankreich> nach Deutschland verlegt und kamen schließlich Mitte Oktober nach Ziegenhain. Dort konnten wir etwas aufatmen, da die äußeren Bedingungen langsam, Schritt für Schritt besser wurden. Nun überwanden wir allmählich den ersten schweren Schock und fanden wieder den Anschluss an das Leben. Aber noch lag der Schatten des furchtbaren Hungers lähmend über uns und schien alle Regungen geistigiger und seelischer Art zu unterdrücken. Erst als wir in brieflichen Verkehr <Anfang 1946> mit unseren Angehörigen treten durften und durch Pakete der dauernde entsetzliche Hunger sein Ende nahm, begannen sich die Lebensgeister wieder zu regen. Auch sah ich Dich <seine Frau> und die <5> Kinder wieder vor mir, unterstützt durch die vielen Photos, die Du mir schicktest. Aber noch lebten wir eng zusammengepfercht wie die Schafe, einer stolperte über den anderen. In einem Raum von der normalen Größe eines Wohnzimmers waren 17 Menschen untergebracht mit ihrem getrennten ‚Hausrat‘ und Betten. So verging der Winter 45/46 ,an dessen Ende wir in das große Zeltlager Darmstadt verlegt wurden.“

DP-Lager 95-443 Ziegenhain

Nach Kriegsende lösten antisemitische Übergriffe und das Pogrom von Kielce unter den osteuropäischen Juden im Sommer 1946 eine Massenflucht aus. Bis 1949 emigrierten etwa 200.000 überwiegend polnische Juden in die westlichen Besatzungszonen Deutschlands. Anfang August 1946 richtete die US-Army in den leer stehenden Baracken des STALAG IX A Ziegenhain das DP-Lager 95-443 Ziegenhain ein.

Für die Displaced Persons (DPs) wurde es zur Durchgangsstation für die ersehnte Ausreise nach Palästina, Großbritannien, Kanada, Australien, Südamerika oder in die USA. Durchschnittlich belief sich die Belegzahl des DP-Lagers 95-443 Ziegenhain, das Ende November 1947 aufgelöst wurde, auf 2000 Personen. Dem Lager angeschlossen war ein TBC-Sanatorium in Steinatal.

Flüchtlinge und Heimatvertriebene

Als Folge des Zweiten Weltkrieges kam es zur größten Bevölkerungsumwälzung des 20. Jahrhunderts. Etwa 12 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und dem Sudetenland wurden bis 1950 von den vier deutschen Besatzungszonen aufgenommen. Als mögliches Quartier für die Flüchtlinge und Vertriebenen bot sich das geräumte Lager in Ziegenhain an. Im Januar 1948 pachtete der Kreis Ziegenhain das Gelände des ehemaligen STALAG IX A für fünf Jahre. Im Frühjahr 1948 erfolgten die ersten Einweisungen und binnen kurzer Zeit entwickelte sich durch eine gezielte Ansiedlungspolitik die „Flüchtlingssiedlung“ in einen florierenden Handwerks-, Gewerbe- und Industriestandort. Als Folge dieser wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung kam es am 1. April 1951 zur Gründung der selbstständigen Gemeinde Trutzhain.

Weblinks

50.9028138888899.27204444444447Koordinaten: 50° 54′ 10,1″ N, 9° 16′ 19,4″ O


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