Angeborene Hüftluxation

Angeborene Hüftluxation

Bei der angeborenen Hüftluxation steht der Oberschenkelknochenkopf nicht in der Beckenpfanne (Acetabulum), sondern darüber am Darmbein. Im angelsächsischen Sprachgebrauch wird die Situation treffend mit congenital dislocation of the hip (CDH) bezeichnet. Damit wird der Unterschied zur dysplastischen Säuglingshüfte („Spreizhose“) deutlich, welche unbehandelt jedoch auch in eine dann erworbene Hüftluxation übergehen kann.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Ursache ist die genetisch bedingte Hüftdysplasie. Das kleine und flache Acetabulum hat nie den (deformierten) Femurkopf aufgenommen. Der Femurhals steht steil und verdreht. Durch die Luxation des Hüftgelenks ist das betroffene Bein scheinbar (funktionell) deutlich verkürzt. Der Patient hinkt und leidet weniger an Schmerzen als an der funktionellen Beeinträchtigung.

Diagnostik

Wie bei allen Neugeborenen und Säuglingen ist eine Röntgenaufnahme des Beckens oder gar eine Computertomografie nicht indiziert, allein schon aufgrund der in diesem Alter erheblich erhöhten Strahlenempfindlichkeit. Zum Anderen sind die relevanten Strukturen Hüftkopf und -pfanne nicht oder nur teilweise verknöchert, so dass sie auf dem Röntgenbild nicht direkt zu sehen wären. Seit den 1980er Jahren beruht bildgebende Diagnostik auf der Sonografie, lediglich in Ausnahmefällen käme die Kernspintomografie oder intraoperative Arthrografie noch in Betracht.

Behandlung

Das Problem lässt sich nur operativ lösen. Das „physiologische“ Drehzentrum der Hüfte muss wiedergewonnen werden. Das ist nur mit einer Endoprothese möglich. Der Einbau ist heikel und verlangt besondere (zementfreie) Implantate. Bei der präoperativen Planung kann man sich an der (gesunden) Gegenseite orientieren.

Pfanne

Die natürliche Gelenkpfanne ist klein und kaum geneigt, die Ränder (Pfeiler) sind schmal und dünn. Deshalb lassen sich allenfalls extrakleine Prothesenpfannen implantieren. Sphärische verbrauchen weniger Knochen als konische. Schraubpfannen sind vielleicht zuverlässiger, aber schwerer zu wechseln als Pressfit-Pfannen. Jedenfalls drohen schon beim Fräsen des Pfannenlagers die Perforation des ohnehin dünnen Pfannenbodens und der Verlust des vorderen Pfannenpfeilers. Deshalb ist es wohlweislich, die von Dietrich Schöllner entwickelte Sockelpfanne („Pedestal Cup“) zu verwenden.

Schaft

Durch den jahrzehntelangen Hochstand des oberen Oberschenkelknochenkopfs sind die Hüftmuskeln verkürzt und kontrahiert. So ist es in aller Regel unmöglich, einen normalen Endoprothesenschaft zu implantieren und mit dem Aufsteckkopf zu reponieren. Nötig ist eine subtrochantere Verkürzung des Oberschenkelknochenschafts um einige Zentimeter. Mit einem (drehstabilen) „S-ROM-Schaft“[1] lässt sich die Osteotomie schienen. Die Last wird von der Hülse im intertrochanteren Femur aufgenommen.

Eine Osteosynthese ist nicht nötig, weil die Osteotomie durch die postoperative Belastung komprimiert wird. Die beiden Sägeschnitte sollten schräg sein, um die Verdrehung des oberen Fragments zu verhindern.

Lagerung und Zugang

Wie alle „schweren“ Hüften muss die angeborene Hüftluxation in Seitenlage operiert werden. Der Einbau der Sockelpfanne verlangt den dorsalen Zugang. Der C-Bogen des Bildwandlers wird über den Patienten gedreht, so dass die AP-Beurteilung möglich ist.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Durchmesser und Länge des Schaftes und Offset, Länge und Dreheinstellung des Halses sind beim S-ROM-System so variabel wie keinem anderen.

Literatur

  • Anwar MM, Sugano N, Masuhafu K, Kadowaki T, Takaoka K: Total hip arthroplasty in the neglected congenital dislocation of the hip: a five- to 14-year follow-up study. Clinical Orthopaedics & Related Research 295 (1993)
  • Callaghan JJ, Rosenberg AG, Rubash HE: The Adult Hip, 2 Bände. Lippincott Williams & Wilkins 2007 ISBN 9780781750929
  • Döhler R: Lexikon orthopädische Chirurgie. Springer, Berlin 2003 ISBN 3-540-41317-0
  • Döhler R: Total hip replacement in neglected congenital dislocation of the hip. SICOT, Marrakesch 2007
  • Park M-S, Kim K-H, Jeong W-C: Transverse subtrochanteric shortening osteotomy in primary total hip arthroplasty for patients with severe hip developmental dysplasia. Journal of Arthroplasty 7/22 (2007), S. 1031-1036
  • Stafilas K, Koulouvaris P, Mavrodontidis A, Zacharis K, Mitsionis G, Xenakis T: Surgical difficulties and complications in total hip arthroplasty of neglected congenital dislocation of the hip. Journal of Bone and Joint Surgery [Br] 86-B, Suppl. II (2004), S. 184 (Abstract)
  • Zieger M, Dörr U: Sonographie des kindlichen Hüftgelenks, Springer, Berlin 1990 ISBN 3-540-51012-5

Weblinks

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