Kreuzzug gegen Mahdia

Kreuzzug gegen Mahdia

Der Kreuzzug gegen Mahdia (auch Barbareskenkreuzzug genannt) des Jahres 1390 war ein franko-genuesischer Feldzug gegen die nordafrikanische Festung Mahdia als Piratenstützpunkt. Geleitet wurde das Unternehmen von Herzog Ludwig II. von Bourbon.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Die Kreuzfahrerflotte auf ihrem Weg nach Afrika. Darstellung aus einer Ausgabe der Chroniken des Jean Froissart, 15. Jahrhundert.

Dieser Kreuzzug war eine Antwort auf die im Mittelmeer vorherrschende muslimische Piraterie und den damit einhergehenden Menschenhandel, die seinerzeit ein großes Problem darstellten. Den Raubzügen der nordafrikanischen Korsaren fielen nicht nur Besatzungsmitglieder und Passagiere gekaperter Schiffe zum Opfer, sondern es wurden auch die südeuropäischen Küstenregionen zum Zwecke des Menschenhandels heimgesucht und deren Bewohner verschleppt. Die Gefangenen wurden zumeist auf den Sklavenmärkten verkauft oder an Harems geliefert. Sklaverei war ein fester Wirtschaftsfaktor der islamischen Gesellschaft bis weit in das 19. Jahrhundert.

Nicht zuletzt Genua war von der Kaperei betroffen. Ende des Jahres 1389 schickte die Handelsrepublik eine Delegation zum französischen König Karl VI. nach Toulouse mit der Bitte um einen gemeinsamen Waffengang gegen die an der nordafrikanischen Küste im heutigen Tunesien gelegene Hafenstadt Mahdia, die als Korsarenbasis galt. Nicht zuletzt hatte Genua jedoch auch Interesse an der Einrichtung eines Handelsstützpunktes an der nordafrikanischen Küste.

Verlauf

Mit der Durchführung des Unternehmens, das sowohl der römischen Papst Bonifaz VIII. als auch der avignonesische Gegenpapst Clemens VII. als Kreuzzug deklarierten, wurde der Onkel des Königs, Herzog Ludwig II. von Bourbon, betraut, ein Veteran des Hundertjährigen Krieges. Genua stellte die Flotte mit etwa 100 Galeeren, die unter dem Kommando von Giovanni Centurione Anfang Juli 1390 in See stach. Nach der Ankunft Ende Juli begann die Belagerung von Mahdia. Nachdem ein sarazenisches Entsatzheer aufmarschiert war, entwickelte sich ein zermürbender Stellungskrieg. Im Kreuzfahrerlager brachen Seuchen aus, und die Moral sank auf einen Tiefpunkt.

Angesichts des nahenden Herbstes ließ sich Ludwig II. schließlich Mitte September auf Friedensgespräche mit den Sarazenen ein. Man einigte sich auf einen Waffenstillstand für zehn Jahre, die Stadt Mahdia sollte für fünfzehn Jahre ihre Steuern statt an den hafsidischen Kalifen in Tunis an Genua abführen, und darüber hinaus sollte Ludwig II. für seine Ausgaben entschädigt werden.[1]

Die Kreuzritter verließen Ende September Nordafrika. Auf dem Rückweg wurden einige Häfen auf Sardinien angegriffen, die als Nachschubbasis für die Piraten gedient hatten. Dabei wurde u.a. Cagliari für Genua erobert.

Rezeption und Nachwirkung

Aufgrund des geschlossenen Waffenstillstandes konnte der Kreuzzug als Erfolg rezipiert werden, und die französischen Teilnehmer wurden bei ihrer Heimkehr als Helden gefeiert. Der Enthusiasmus trug dazu bei, dass viele Franzosen 1396 dem Aufruf König Sigismunds von Ungarn zum Kreuzzug von Nikopolis Folge leisteten.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Rainer Lanz, Ritterideal und Kriegsrealität im Spätmittelalter , S. 178.

Literatur

  • Aziz S. Atiya: The Crusade in the Later Middle Ages. London 1938.
  • Joseph Delaville Le Roulx: La France en Orient au XIVe siècle. Expéditions du maréchal Boucicaut. Paris 1886.
  • Harry W. Hazard: Moslem North Africa, 1049−1394. In: Kenneth M. Setton et al. (Hrsg.): A History of the Crusades. 2. Aufl., University of Wisconsin Press, Madison 1969−1989. Band 3, S. 457−485
  • Rainer Lanz: Ritterideal und Kriegsrealität im Spätmittelalter. Das Herzogtum Burgund und Frankreich. Diss. Universität Zürich, 2006, S. 171−187, ISBN 0-306-80304-6, hier online (pdf, 2.7 MB).
  • Léon Mirot: Une expédition française en Tunisie au XIVe siècle. Le siège de Mahdia (1390). In: Revue des études historiques 97, 1931, S. 357−406
  • Jonathan Riley-Smith: The Crusades: A History. 2. Aufl., Yale University Press, New Haven 2005, S. 272 ff.

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