Carl Eduard Cramer (Publizist)

Carl Eduard Cramer (Publizist)
Carl Eduard Cramer

Carl Eduard Cramer (* 26. April 1817 in Langenbach; † 30. April 1886 in Leipzig) war ein Privatgelehrter und kleinbürgerlicher, demokratischer Publizist in Leipzig. 1848 übernahm er als Redakteur die Sächsischen Vaterlandsblätter. Er war einer der Führer des gemäßigten antirepublikanischen Flügels der sächsischen Vaterlandsvereine und trat für die „demokratische Monarchie“ ein.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Carl Eduard Cramer war der Vater von Rudolf Lavant (eigentlich Richard Cramer). Er war Mitglied des von seinem Freund Robert Blum gegründeten Leipziger Schriftstellervereins.

Er zog aus dem Vogtland nach Leipzig. 1817 kam er als Sohn einer Pfarrersfamilie in Langenbach zur Welt. Auch bei den Vorfahren gab es vorwiegend Kantoren und Pfarrer, die in Bayern und Thüringen ihr Amt ausübten.

Seine Frau Friederike Henriette war die Tochter eines königlichen Postmeisters aus Hof in Bayern. Wenn wir ihre Ahnenreihe weiter zurückverfolgen, stoßen wir vor allem auf Handwerker und Kaufleute.

Carl Eduard Cramer war Mitglied des Deutschen Vaterlandvereins in Leipzig. Den provisorischen Ausschuss dieser Vereinigung gehörte er neben Robert Blum und Professor Heinrich Wuttke an. Die gleichen Namen sind auch in einem Verzeichnis über „Leipzigs Wühler und Wühlerinnen“ zu finden, in das der Begriff Wühler mit Revolutionär gleichgesetzt wird.

Der Deutsche Vaterlandverein in Leipzig teilte sich auf in ein rechtes Zentrum und ein linkes Zentrum. Das rechte Zentrum den C.E. Cramer angehörte hieß Bertling’scher Vaterlands-Verein.

Jeder Wühler wurde nach seinem Charakter dargestellt:

C.E. Cramer; simpler Wühler. Motto: „Immer langsam voran, dass ich mit den Vaterlandblättern nachkommen kann.“ Ist wie Bertling auf der Tribüne gern breit und doktrinär; in seiner Ansicht fest (jedoch „sieht er keine Reaktion“) und im Wirken sehr tätig ; große Figur, schwarzbraun, mit Henriquatre (Spitzbart).

Die Freundschaft Cramers mit Blum war sehr eng. Robert Blum wollte 1841 die „Sächsischen Vaterlandsblätter“ kaufen, aber ihm wurde die Konzession verweigert. 1844 übernahmen Robert Blum, C. E. Cramer, J. Georg Günther u. Dr. Rudolph Rüder die Zeitschrift als Redakteure. Mit „Ein fliegendes Blatt aus dem Vaterlande“ stemmte sich 1846 C.E.Cramer mit Erfolg gegen das Verbot der „Sächsischen Vaterlandsblätter“ [1]. Ab Mitte 1848 waren nur noch C. E. Cramer u. Dr. Rudolph Rüder die Redakteure. In einem Einführungsbeitrag gab er seine politischen Ansichten bekannt, die von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung seines Sohnes wurde:

„Es gibt Zeitblätter, die eine Ehre darin setzen, weit hinten in der Türkei oder in Indien herumzuschweifen, dagegen auf die Entwicklung der vaterländischen Dinge mit einer Geringschätzung, mit einem Hochmut herabsehen, dass ihre erhabene Anschauung wahrhaft; komisch erscheint. Andere begnügen sich mit dem Ruhm, einen Sack voll Neuigkeiten vor der hungrigen Masse auszuschütten, und es dem Zufall zu überlassen, ob jemand in diesem bunten Durcheinander wechselnder Erscheinungen einen festen sicheren Standpunkt gewinnen werde. Einige stehen eingestandener Maßen unter höherer Autorität und singen dann gelehrig das Lied nach, das ihnen vorgesungen wird. Andere rühmen sich zwar viel ihrer Unparteilichkeit, die beiden Teilen gleichmäßig Gehör schenken, können aber doch zu Zeiten den Pferdefuß so wenig verbergen, dass ihr bald offeneres, bald versteckteres Spiel doch nur ein Liebäugeln mit der Gewalt ist;…
…Anders die ‚Sächsischen Vaterlands-Blätter‘ von Anfang an haben sie erklärt., dass sie das konstitutionelle Leben in seiner ganzen volkstümlichen Entfaltung und Reinheit, die Herrschaft des Rechts, neben der Ordnung auch das Walten der Freiheit wollen, weil nur unter ihrem Schutze erstarkt, was Grosses und Schönes in der Menschenbrust lebt, dass sie es als ihre Aufgabe betrachten, den Samen des Guten auszustreuen, um hier Ideen und Ansichten anzuregen und zu berichtigen, dort eine genauere Kenntnis unserer Verfassung, überhaupt des ganzen konstitutionellen Lebens zu vermitteln und die Flamme der Vaterlandsliebe zu reinerer, stärkerer Glut anzufachen, dass sie sich aber auch unter dem Schutze eines das Gute wollenden Regenten nicht scheuen würden, Missbräuche zu enthüllen, den unterdrückten bei zu stehen und jeglicher gerechten Klage als lauteres Organ zu dienen.“[2]

In einer anderen Ausgabe stehen folgende Sätze Cramers:

„Alle Macht- und Rechtsvollkommenheit im Staate hat ihre alleinige Quelle und ihren unveräußerlichen Bestand im Volke. Der Staat hat die Verpflichtung, die freie Association zur Begründung der Wohlfahrt der Einzelnen hilfreich zu unterstützen, und die Einrichtungen zu beseitigen, in denen die sozialen Missverhältnisse ihren Grund haben. Aufhebung aller Privilegien, Errichtung von Unterrichts- und Bildungsanstalten, welche allen die gleiche Möglichkeit geistiger Entwicklung bieten, gleiche und gerechte Verteilung der Steuern, Entfesselung des Bodens sind die wesentlichsten Bedingungen zur Sicherstellung der geistigen und materiellen Volkswohlfahrt.“[3]
Carl Eduard Cramer

Ende 1847 begannen Cramer und der volkstümliche demokratische Politiker Robert Blum mit der Herausgabe eines populären Staatslexikons, das zugleich der bedeutendste Artikel Blums während seiner Tätigkeit als Herausgeber gewesen ist.

R. Blum wurde für seine Teilnahme am Wiener Oktoberaufstand 1848 von der „siegreichen Reaktion“ standrechtlich erschossen. Das enge Verhältnis der beiden Revolutionäre geht daraus hervor, dass der Märtyrer Blum noch am Morgen vor seiner Hinrichtung einen Brief an seinen Kampfgefährten Cramer schrieb:

Brief an C. Cramer vom 9. November 1848.

Lieber Freund!
Es ist 5 Uhr, und um 6 Uhr werde ich – erschossen. Also nur zwei Worte: Lebe wohl, Du und alle Freunde. Bereite meine Frau langsam vor auf das Geschick – des Krieges. Schreibe Günther meinen letzten Gruß. Ich sterbe als Mann – es muß sein.
Lebt wohl! Lebt wohl!
Blum[4]

Am Morgen des 13. November war Carl Cramer bei Jenny Blum erschienen, mit der undankbarsten aller Aufgaben, sie war ihm noch von Blum selbst erteilt worden. Sohn Hans erinnert sich: „Die furchtbare Scene wird mir stets unvergesslich sein. Ich begriff eher wie meine arme Mutter, was Cramer sagen wollte, als er auf ihren Vorschlag, sie wolle selbst nach Wien reisen, zögernd erwiderte: ‚Ich fürchte – Sie kommen zu spät.‘“[5]

1849/50 vertrat der Schriftsteller Cramer den 27. Wahlbezirk in der II. Kammer des Sächsischen Landtags.[6]

Man muss davon ausgehen, dass Carl Cramer seine Tätigkeit als Redakteur der „Sächsischen Vaterlandsblätter“ etwa 1853 aufgab.

Immer wieder wurde Cramer wegen seiner politischen Artikel in den Vaterlandsblättern zu Gefängnisstrafen, die auch oft in Geldstrafen umgewandelt wurden, bestraft. Es existieren z.B. aus dem Bestand des "Vereinigten Kriminalamtes" die Akten Rep. I Nr. 7372, 12 818 und 15 259c. Diese Akten wurden zwischen 1845 und 1851 angelegt und sind 66, 145 und 271 (in der Regel doppelseitig beschrieben) Blatt stark. Er ist darin wegen Verbreitung beunruhigender Gerüchte, wegen Ehrenverletzung und wegen der öffentlichen Herabsetzung der Religion und Aufreizung gegen die Regierung aufgeführt.

Der letzte Eintrag von 1853 lautet:

7.lt. Crim. Akt. Nr. 15065 i.J. 1853 wegen öffentlicher Herabwürdigung der Religion und Aufreizung gegen die Regierung im Gnadenwege mit 3 Wochen Gefängnis bestraft worden ist.

Danach finden sich keine Spuren mehr, weder seines politischen, noch seines redaktionellen Wirkens.

Literatur

  • Franz Ulrich Nordhausen: Leipzig’s Wühler und Wühlerinnen. Selbstverlag, 1849
  • Handbuch der Staatswissenschaften und Politik Ein Staatslexikon für das Volk. Begründet von Robert Blum, Leipzig: Verlag von Heinrich Matthes Zweiter Band 1851 S.VII
  • Denkwürdigkeiten eines Sozialdemokraten. Erster Band, Wilhelm Blos, 1914, S. 148
  • Hans Uhlig: Leben und Werk Rudolf Lavants. Dissertation, Greifswald 1965
  • Blum Briefe und Dokumente, Reclam, Leipzig 1981 S. 90f.,93,95,125
  • Wolfgang Emmerich: Lavant, Rudolf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, S. 745.
  • Ralf Zerback: Robert Blum. Eine Biografie. Lehmstedt, Leipzig 2007, S. 289, 297, ISBN 978-3-937146-45-4
  • Peter Reichel: Robert Blum. Ein deutscher Revolutionär 1807–1848. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 69, 175, ISBN 978-3-525-36136-8

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. „Ein fliegendes Blatt aus dem Vaterlande“ GVK PPN 348408986 47S.
  2. Sächsische Vaterlandsblätter: Carl Eduard Cramer 1817–1886, vom 17. August 1844, Nr. 131, Seite 525 f.
  3. Sächsische Vaterlandsblätter: Carl Eduard Cramer 1817–1886, vom 10. Oktober 1848, Nr. 175
  4. Sächsische Vaterlandsblätter: Carl Eduard Cramer 1817–1886, vom 9. Dezember 1848, Nr. 227, Seite 952
  5. Ralf Zerback: Robert Blum. Eine Biografie. Lehmstedt, Leipzig 2007, S.297
  6. Statistisches Bureau im Ministerium des Innern (Hrsg.): Staatshandbuch für das Königreich Sachsen 1850, S. 46

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