Cuticula (Pflanzen)

Cuticula (Pflanzen)

Die Cuticula der Pflanzen ist ein wachsartiger Überzug, der nur von Epidermiszellen[1] in Blättern, jungen Sprossen und anderen, der Luft ausgesetzten Geweben ohne Periderm gebildet wird. Durch ihre hydrophoben Eigenschaften verringert sie Wasserverluste; bei Pflanzen in trockenen Gebieten auf 0,01% dessen, was eine gleich große, freie Wasseroberfläche abgeben würde. An Stellen, an denen jedoch Austausch nötig ist, kann die Cuticula auch porös oder rissig sein.[2] Die Rhizodermis weist gar keine Cuticula auf, um die Wasser- und Nährstoffaufnahme nicht zu behindern.

Inhaltsverzeichnis

Chemische Bestandteile

Die Cuticula besteht aus einer unlöslichen, cuticulären Membran, imprägniert mit und bedeckt von löslichen Wachsen. Cutin ist die am besten bekannte, strukturelle Komponente der cuticulären Membran. Die Cuticula kann auch einen nicht-verseifbaren Kohlenwasserstoff namens Cutan enthalten.[3] Die epicuticulären Wachse, die die Cuticula bedecken, bestehen einer Mischung aus hydrophoben, aliphatischen Verbindungen, Kohlenwasserstoffen mit einer Kettenlänge von 16 bis 36.[4] Das Cutin wird als Monomer in der Epidermis synthetisiert und dann in der Cuticula vernetzt. Gleiches gilt für die Wachsein- und Auflagerungen, die jedoch einfach in und durch die Cuticula diffundieren. Hierzu werden sie vermutlich in kurzkettigen Kohlenwasserstoffen gelöst, die am Bestimmungsort verdunsten. Es sind aber auch Lipid-Transferproteine beteiligt.[5]

Struktur und Funktion

Die Cuticula von Pflanzen kann Wachstum folgen, im Gegensatz zu der von Insekten, die sich häuten müssen.[2] Dies liegt daran, dass Vernetzungen der Cutinmatrix durch Cutinasen aufgelöst und dann weitere Monomere eingebaut werden können.[5] Wenn die Cuticula stärker als die Epidermis wächst, kommt es zur Cuticularfältelung. Diese führt zu einer schlechteren Benetzbarkeit, Wassertropfen können aufgrund der Oberflächenspannung nur noch die Spitzen der Cuticularfalten berühren und sich so schlechter halten.[2] So dient die Cuticula auch der Verteidigung, da bei Regen Viruspartikeln, Bakterienzellen und Sporen oder wachsenden Pilzfilamenten abgewaschen werden. Bei Pflanzen an sehr trockenen Standorten lassen sich auch sehr dicke Cuticulae finden. Diese sind chemisch und mechanisch schwer angreifbar und widerstehen auch Kauwerkzeugen von kleineren Tieren.[2]

Auf die Cuticula können zusätzlich epicuticuläre Wachse aufgelagert werden. Diese Kristalloide können zahlreiche Formen annehmen, als Nadeln, Platten oder Pakete, scheinbar wirr oder planvoll angeordnet, etc. Starke Wachsausscheidungen sind bereits mit bloßem Auge erkennbar, sie wirken reifartig, wie beispielsweise Pflaumen oder Kohlblätter. Die Wachsbeläge senken die Transpiration weiter, reflektieren oder streuen einfallende Strahlen, erhöhen Luftturbulenzen über der Oberfläche, sodass der Wärmeaustausch erhöht wird und senken die Benetzbarkeit, wie auch die Cuticularfalten. Letzteres ist bei der Lotusblume (Nelumbo nucifera) besonders stark ausgeprägt, sodass der Effekt nach ihr als Lotoseffekt benannt ist (beschrieben von Barthlott und Neinhuis, 1997[6]). Dicke Wachsschichten können ebenso wie eine dicke Cuticula vor Fraß schützen, da die Mandibeln und die Tarsen der Tiere verklebt werden.[5]

Während es sich bei der Cuticula um eine Akkrustierung (Auflagerung) handelt, kann es auch zu Inkrustierungen (Einlagerungen) von Suberin oder Cutin kommen. So können die Zellwände nicht nur Wasser-, sondern im Falle des Kork auch Luftundurchlässig werden (eindrucksvoll demonstriert am Sektkorken). Es können auch anorganische Substanzen in die Zellwand eingelagert werden, wie zum Beispiel Calciumcarbonat und Calciumoxalat bei der Schirmalge Acetabularia. Kieselsäure lässt sich bei Gräsern und Kieselalgen (Diatomeen) finden. Die Zellwand wird durch die Einlagerung zwar härter, aber auch spröder (unelastischer).[5]

Evolution

Evolutionär kann die Cuticula in eine Reihe von Innovationen gestellt werden, zusammen mit Stomata, Xylem, Phloem und Interzellularen im Mesophyll-Gewebe des Stammes, später auch des Blattes. Diese Entwicklungen liegen mehr als 450 Millionen Jahre zurück, während des Überganges vom Wasser zum Land.[7] Zusammen ermöglichte sie den Pflanzen durch die Verlagerung des Gasaustausches ins Innere den Wasserverlust zu verringern. Eingeschlossen durch eine wasserdichte Membran und begrenzt durch Öffnungen mit variabler Breite, können die Stomatazellen Transpiration und CO2-Austausch regulieren.

Einzelnachweise

  1. Kolattukudy, PE (1996): Biosynthetic pathways of cutin and waxes, and their sensitivity to environmental stresses. In: Plant Cuticles. Ed. by G. Kerstiens, BIOS Scientific publishers Ltd., Oxford, pp 83-108
  2. a b c d A. Bresinsky, Ch. Körner, J. W. Kadereit, G. Neuhaus, U. Sonnewald: Strasburger – Lehrbuch der Botanik. 36. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2008. ISBN 978-3-8274-1455-7, S. 133.
  3. Tegelaar, EW, et al. (1989): Scope and limitations of several pyrolysis methods in the structural elucidation of a macromolecular plant constituent in the leaf cuticle of Agave americana L., Journal of Analytical and Applied Pyrolysis, 15, 29-54
  4. Baker, EA (1982): Chemistry and morphology of plant epicuticular waxes. In: Cutler, DF, Alvin, KL and Price, CE The Plant Cuticle. Academic Press, 139-165
  5. a b c d Weiler, Elmar; Lutz Nover (2008): Allgemeine und molekulare Botanik, Thieme Verlag, S. 118ff.
  6. Barthlott, W & Neinhuis, C (1997): Purity of the sacred lotus, or escape from contamination in biological surfaces. Planta 202, 1-8
  7. Raven, J.A. (1977): The evolution of vascular land plants in relation to supracellular transport processes. Advances in Botanical Research, 5, 153-219

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