Wassertransport in Pflanzen

Wassertransport in Pflanzen

Der Wassertransport in Pflanzen ist ein Prozess, bei dem Pflanzen über ihre Wurzeln Wasser und Nährstoffe aufnehmen, diese über die Leitgefäße im Xylem weiter leiten und Wasser über Transpiration abgeben. Die Leitung erfolgt über den Transpirationsstrom.

Wasseraufnahme in die Wurzel

Von den drei Grundorganen Blatt, Spross und Wurzel ist die Wurzel auf die Aufnahme von Wasser und Ionen aus dem Boden spezialisiert und daher im Normalfall unterirdisch gelegen. Speziell wird diese Aufgabe in der Wurzelhaarzone von den Wurzelhaaren wahrgenommen, in der diese eine große Oberfläche für Stoffaustausch zur Verfügung stellen. Neben der Wasseraufnahme ist auch die Aufnahme von Ionen eine zentrale Funktion. Diese liegen stark verdünnt vor (10 − 4 mol/L) und in ungünstigem Verhältnis (also in einem anderen, als von der Pflanze benötigt). Die Aufkonzentrierung der Ionen (sprich: gelösten Nährsalze) ist ein energieaufwändiger Prozess.[1]

Wasser liegt im Boden in verschiedenen Formen vor. Das Grundwasser ist für viele Pflanzen nicht erreichbar, da ihre Wurzeln nicht tief genug reichen. In den oberen Bodenschichten liegt Wasser als Haftwasser (adsorbiert an Bodenpartikel, auch Quellwasser genannt) und als Kapillarwasser (durch Kapillarkräfte) gebunden vor. Das Matrixpotential des Haftwassers ist meist so negativ, dass es für Pflanzen nicht verfügbar ist. Pflanzen bedienen sich somit des Kapillarwassers, um ihren Bedarf zu decken.[2] Eine Wasseraufnahme durch die Wurzel ist möglich, wenn das Wasserpotential der Wurzel geringer ist, als das des umgebenden Bodens. Das Wasserpotential des Bodens bestimmt sich nicht aus dem osmotischen Potential, da Ionen meist zu verdünnt vorliegen (s.o.), sondern in erster Linie aus dem Matrixpotential. Je trockener Böden werden, desto weiter sinkt das Wasserpotential, d.h. eine Wasseraufnahme durch die Wurzel wird schwieriger. Das Wasserpotential des Bodens beträgt typischer Weise –0,02 MPa. In Salzböden kann es weniger als –0,2 MPa betragen, in trockenen Böden –2 MPa und in Wüsten und Salzsteppen kann es noch weit niedriger liegen. Hingegen kann es nach Niederschlägen oder in der Nähe des Grundwassers auch etwa 0 betragen.[3], [4]. Das Wasserpotential der Wurzel kann durch osmotisch aktive Substanzen schwanken und außerdem stark je nach Art[3]. So können sich Pflanzen an ihre Umgebung anpassen und weiterhin Wasser aufnehmen. Das osmotische Potential beruht einerseits auf aus dem Boden aufgenommenen Ionen, insbesondere Kaliumionen sowie andererseits auf in der Zelle gelösten, organischen Verbindungen. Das Wasserpotential einer normalen Wurzel liegt bei –0,2 bis –0,5 MPa, bei Halophyten unterhalb von –2 MPa und bei Wüstenpflanzen sogar unterhalb –10 MPa[2].

Wasser kann auf drei Wegen in die Wurzel eindringen: über den Apoplasten, den Symplasten und transzellulär (also sowohl über den Apoplasten, wie auch über den Symplasten).[5] Zunächst tritt Wasser aus dem Apoplasten in den Symplasten über. Dies führt zu einem Abfall des Wasserpotentials im Apoplasten und Wasser fließt aus dem direkt angrenzenden Boden nach. Damit sinkt jedoch auch dessen Wasserpotential und Wasser fließt auch aus der näheren Umgebung nach. Jedoch ist dieser Prozess durch die begrenzte Wasserleitfähigkeit des Bodens auf maximal einige cm beschränkt. Sobald die Wasservorräte an einer Stelle erschöpft sind, folgt die Wurzel dem sich zurückziehendem Wasser durch Wachstum in andere Regionen und beutet diese aus – gleiches gilt für Ionen. Bei niedrigen Temperaturen, bei vielen Arten zählen schon Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt hinzu, erhöht sich der Transportwiderstand des Wassers im Boden, die Permeabilität der Plasmamembran für Wasser lässt nach und das Wurzelwachstum verringert sich. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt gefriert gar das Haftwasser. Der resultierende Wassermangel, als Frosttrocknis bezeichnet, wird oft als Erfrieren fehlgedeutet.[3]

Da das Wasserpotential nach innen, zum Zentralzylinder hin, abnimmt, diffundiert das Wasser in diese Richtung. Durch den Casparystreifen in der Endodermis ist jedoch die apoplastische Route blockiert und das Wasser wird in den Symplasten gezwungen.[2] Wenn reichlich Wasser vorhanden ist und kein Wasser durch Transpiration entfernt wird, kann sich im Zentralzylinder ein positiver, hydrostatischer Druck aufbauen, der Wurzeldruck. Der Caspary-Streifen verhindert hier wie eine Dichtung, dass sich der Druck ausgleicht, indem das Wasser zurück in das Rindenparenchym fließt. Somit steigt das Wasser an. Auf welche Weise genau der Wurzeldruck aufgebaut wird, ist noch nicht exakt geklärt, auf jeden Fall ist für seine Erzeugung Energie nötig. Wahrscheinlich entsteht er durch die sekundär aktive Einlagerung von anorganischen Ionen in die Leitgefäße des Xylems aus dem Xylemparenchym. Der Wurzeldruck beträgt im Normalfall 0,1 MPa, bei einigen Arten, wie[2] der Tomate jedoch auch über 0,6 MPa. Bei mangelnder Wasserversorgung oder starker Transpiration herrscht jedoch im Wurzelbereich ein negativer hydrostatischer Druck, der das negative Wasserpotential in erster Linie bestimmt und nicht mehr osmotischer Term.[3] Im Normalfall überwiegt in der Nacht der Wurzeldruck, nach Sonnenaufgang jedoch schnell der Transpirationssog.

Wassertransport und -abgabe

Während die Wurzel Wasser aufnimmt, verliert die restliche Pflanze Wasser durch Transpiration an ihre Umgebung. Diese Transpiration ist zwangsläufig vorhanden, wenn die Pflanze ein höheres Wasserpotential besitzt, als ihre Umgebung. Transpiration findet nur dann nicht statt, wenn Pflanze und Außenmedium im Gleichgewicht miteinander stehen, also ein identisches Wasserpotential aufweisen. Dies geschieht bei 20 °C erst ab einer relativen Luftfeuchtigkeit von 99–97,5%. Solch hohe, relative Luftfeuchtigkeit wird nur selten erreicht, z.B. in der Nacht, in Folge von Abkühlung. Am Tag liegt die relative Luftfeuchtigkeit bei 40–60%. Wenn die Pflanze nicht mit ihrer Umgebungsluft im Gleichgewicht steht, verliert sie permanent Wasser. Dieses verliert sie zu einem kleinen Teil (bis zu 10 %) über die Cuticula und vor allem über die Stomata. Der Wasserverlust über die Stomata ist mit der notwendigen CO2-Aufnahme über selbige verbunden. Da Kohlendioxid in der Luft nur in Spuren vorhanden ist (0,037 %), verliert die Pflanze für jedes aufgenommene CO2-Molekül mehrere hundert Wassermoleküle.[2]

Das Wasser, das die Epidermis an die Umgebung verliert, saugt diese von den inneren Pflanzenteilen nach. Dieses Nachsaugen setzt sich fort über die Leitungsbahnen des Xylems bis in die Wurzel und zieht so das Wasser aus der Wurzel bis in die Blattspitzen. Dieser Effekt nennt sich Transpirationssog[2]. Der Transpirationssog ist nicht alleine für den Wasserstrom in Pflanzen verantwortlich, wäre aber von der Stärke her ausreichend. Um eine Wassersäule um zehn Meter entgegen der Schwerkraft anzuheben wird ein Unterdruck von 0,1 MPa aufgebracht werden sowie zusätzlich 0,2 MPa um die Reibungskräfte des Wassers im Xylem zu überwinden. Wenn man bedenkt, dass die größten Bäume der Welt über 110 m groß sind (einzelne Exemplare von Sequoia sempervirens in Kalifornien), so müsste in diesem Fall über 3 MPa an Unterdruck aufgebracht werden, um einen Wasserfluss bis in die Spitzen zu gewährleisten. Das entscheidende Problem ist hierbei die Zerreißfestigkeit des Wassers. Ist der Unterdruck stärker als die Kohäsionskraft des Wassers, beginnt dieses zu sieden. Dem Sieden des Wassers stehen nicht nur die Kohäsionskräfte zwischen den einzelnen Molekülen, sondern auch die Adhäsionskräfte zur Wand des Leitgefäßes entgegen.[6] In Experimenten in einem Glasröhrchen hielt gasfreies Wasser Unterdrücken von bis zu –30 MPa stand, bevor es zerriss. Im Leitgewebe von Pflanzen werden zwar nur selten Unterdrücke von -4 MPa unterschritten, aber es kommt dennoch zu Embolien durch Bildung von Gasblasen, da das transportierte Wasser mit gelösten Gasen und Ionen verunreinigt ist. Diese Embolien stellen für die Pflanze ein ernsthaftes Problem dar, da sie den weiteren Wassertransport blockieren.[2]

Der Wasserverlust durch Transpiration führt also zum Transpirationssog und dieser zu einem Wasserfluss von der Wurzel bis in die Spitze, dem Transpirationsstrom. Die Transpiration nutzt der Pflanze in zahlreicher Weise. Einerseits werden die Blätter durch die Verdunstungskälte gekühlt. Des Weiteren werden Ionen (gelöste Nährsalze) im Xylem transportiert.[2] Jedoch zeigten Pflanzen in Experimenten auch bei 15-fach verringerter Transpiration keine Wachstumsprobleme. Auch ohne Transpiration existiert ein interner Wasserstrom, der als Ionentransport vollständig ausreicht. Dieser kommt zustande durch den Wurzeldruck, Wachstumswasser und den internen Wasserkreislauf in Phloem und Xylem, sowie Guttation in speziellen Fällen. Wachstumswasser ist Wasser, das der Volumenvergrößerung der Pflanze dient. Dieses kann gerade bei krautigen Pflanzen insbesondere in Phasen des Wachstums einen erheblichen Anteil ausmachen, beim Mais z.B. 10–20% des Transpirationswassers. Der interne Wasserkreislauf in Phloem und Xylem wird dadurch erzeugt, dass Wasser im Xylem nach oben und zu den Spitzen fließt, im Phloem jedoch für den Assimilattransport in umgekehrter Richtung und beide Systeme miteinander verbunden sind. Somit dient die Transpiration wohl nicht in erster Linie dem Transport, sondern ist schlicht unvermeidlich, speziell durch die unumgängliche Aufnahme von Kohlenstoffdioxid.[3]

Einzelnachweise

  1. Peter Schopfer, Axel Brennicke: Pflanzenphysiologie. Begründet von Hans Mohr. 6. Auflage. Elsevier, München 2006, ISBN 978-3-8274-1561-5, 313ff.
  2. a b c d e f g h Weiler, Elmar; Lutz Nover (2008): Allgemeine und molekulare Botanik, Thieme Verlag, S. 238.
  3. a b c d e A. Bresinsky, Ch. Körner, J. W. Kadereit, G. Neuhaus, U. Sonnewald: Strasburger – Lehrbuch der Botanik. 36. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-1455-7, S. 263.
  4. Weiler/Nover 238f
  5. Peter Schopfer, Axel Brennicke: Pflanzenphysiologie. Begründet von Hans Mohr. 6. Auflage. Elsevier, München 2006, ISBN 978-3-8274-1561-5.
  6. Peter Schopfer, Axel Brennicke: Pflanzenphysiologie. Begründet von Hans Mohr. 6. Auflage. Elsevier, München 2006, ISBN 978-3-8274-1561-5.

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