Die Europäische Union und der Wettbewerbsfall Microsoft

Die Europäische Union und der Wettbewerbsfall Microsoft

Der Microsoft Wettbewerbsfall bei der Europäischen Union wurde mit der Anklage der Europäischen Kommission, Microsoft missbrauche seine marktbeherrschende Stellung (gemäß dem Wettbewerbsrecht), erhoben. Den Anfang machte Novell mit seiner Anklageschrift 1993 gegen die Lizenzpolitik von Microsoft. Diese resultierte schließlich in einer Anordnung der EU an Microsoft, bestimmte Informationen über deren Serverprodukte preis zu geben, sowie eine Microsoft Windows Version ohne Windows Media Player herauszugeben.

Inhaltsverzeichnis

Erste Klage

Im Jahre 1993 bezichtigte die US-Firma Novell Microsoft, mit wettbewerbswidrigem Vorgehen Konkurrenten den Zugang zum Markt zu versperren. Zu diesem Zeitpunkt beruhte die Klage auf der Lizenzpolitik Microsofts, für jeden verkauften Computer, sei dieser mit dem Windows Betriebssystem ausgestattet oder nicht, eine Lizenzgebühr zu verlangen. 1994 kam es zu einer aussergerichtlichen Einigung, im Zuge dessen Microsoft auf einige beanstandete Lizenzpraktiken verzichtete .[1]

1998 schloss sich Sun Microsystems dieser Auseinandersetzung an und beklagte sich über den Mangel an Informationen über einige Schnittstellen der Windows NT Versionen. Dieser Fall weitete sich aus, als die EU anfing zu ermitteln, wie die Streaming Media Technologien in Windows integriert sind .[2]

Urteil

Aufgrund des anhaltenden Wettbewerbsmissbrauchs von Microsoft hat die EU für diesen Fall 2003 einen vorläufigen Entschluss gefasst und dem Unternehmen angeordnet, eine Windows-Version mit und ohne Media Player sowie die nötigen Informationen, die die konkurrierenden Software-Netzwerke benötigen, um mit Window Desktops und Servers komplement zu sein, anzubieten.[3] Im März 2004 veranlasste die EU Microsoft zu einer Zahlung von 497 Mio.  ($794 Mio. oder £381 Mio.). Dies war zu dieser Zeit die höchste Geldbuße, die jemals von der EU verhängt wurde, zuzüglich der vorherigen Strafen, in denen Microsoft 120 Tage zur Verfügung gestellt wurden, um die Serverinformationen preiszugeben, und 90 Tage, um eine neue Windows Version ohne Media Player bereitzustellen.[4] [5] [6]

Im folgenden Monat veröffentlichte Microsoft ein Schreiben, das beleidigende Kommentare über den Schiedsspruch enthielt, einschließlich: „Die Kommission zielt auf eine neue Gesetzesform, die negative Auswirkungen auf das gewerbliche Schutz- und Urheberrecht, wie auch auf die Innovationsfähigkeit führender Unternehmen haben wird.“[7] Die gesamte Geldbuße wurde im Juli 2004 von Microsoft beglichen.[8]

Im Jahre 2004 wurde Neelie Kroes zur EU-Wettbewerbskommissarin ernannt. Eine ihrer ersten Aufgaben bestand darin, die von der Europäischen Union auf Microsoft verhängte Ordnungsstrafe, die als „die Europäische Union und der Wettbewerbsfall Microsoft“ bekannt ist, zu beaufsichtigen. Dieser Fall endete mit einer Aufforderung an Microsoft, die für eine wirtschaftliche Interoperabilität notwendigen Dokumente freizugeben, sowie mit einer Geldbuße von €497 Mio. Kroes erklärte, dass ihrer Meinung nach offene Standards und Open Source jeglicher Art von Eigentum vorzuziehen sei:[9]

„Die Kommission muss ihre Aufgaben erfüllen … Sie darf sich nicht auf einen einzigen Verkäufer beruhen, darf geschlossene Standards nicht akzeptieren und muss den Lock-in-Effekt einer bestimmten Technologie abweisen, welcher die absolute Kontrolle über die Informationen die sie inne hat, in Gefahr bringen würde.“

Weiterer Verlauf

Unter dem ausgehandelten Namen „Windows XP N“ bietet Microsoft eine übereinstimmende Version seines Flagship Betriebssystem ohne Windows Media Player an.[10] Betreffend der Forderung nach den Informationen über den Server, hat Microsoft genau am Tag des Fristablauftermins den Quellcode, jedoch ohne Beschreibungen, für das Windows Server 2003 Service Pack 1 für die Mitglieder der Work Group Server Protocol Program (WSPP) frei gegeben.[11] Zudem hat Microsoft Berufung gegen den Fall eingelegt und die EU hatten eine Woche lang Anhörungen darüber. Neelie Kroes erklärte:[12]

„Microsoft beklagt sich darüber, dass die Schuldenbeschreibung des Beschlusses nicht deutlich genug sei, oder dass diese geändert habe. Diese Beschreibung ist für mich inakzeptabel, denn die Schuldenbeschreibung für Microsoft wurde im Beschluss von 2004 klar erläutert und hat sich seitdem auch nicht geändert. Sogar der aus einer engeren Auswahlliste von Microsoft vorgeschlagene und im Oktober 2005 ernannte Monitoring Trustee findet, dieser Beschluss sei deutlich und erläutere klar, was von Microsoft verlangt wird. Ich muss sagen, dass ich mir es nur schwer vorstellen kann, dass ein Unternehmen wie Microsoft mit den Prinzipien Protokolle zu dokumentieren um Interoperabilität zu erreichen, nicht vertraut ist.“

Im Juni 2006 verkündete Microsoft dass sie damit begonnen haben, der EU die verlangten Informationen bereitzustellen. Gemäß BBC habe jedoch darauf hin die EU gemeint, es sei zu spät.

Am 12. Juli 2006 verhängte die EU Microsoft eine weitere Geldstrafe in der Höhe von 280,5 Mio. € (US $448,58 Mio.), 1,5 Mio. € (US $2,39 Mio.) pro Tag ab 16. Dezember 2005 bis 20 Juni 2006. Am 31. Juli 2006 drohte die EU damit, die Geldbuße auf 3 Mio. € (US $4,80 Mio.) pro Tag zu erhöhen, wenn Microsoft bis dann ihre Auflage nicht erfüllt hat.[13]

Am 17. September 2007 hat Microsoft die eingelegte Berufung gegen den Fall der Europäischen Kommission verloren. Die 497 Mio. € Geldbuße, sowie auch die Forderung nach den Interoperabilitätsinformationen über den Server und den Zusammenschluss des Media Players, wurden aufrechterhalten. Darüber hinaus hatte Microsoft bis 80% der Rechtskosten der Kommission zu zahlen, während die Kommission für 20% der Rechtskosten von Microsoft aufkommen musste. Das Berufungsgericht hat jedoch den Schiedsspruch der Kommission, mit dem ein neutraler Monitoring Trustee zukünftig uneingeschränkten Zugang in die interne Unternehmensorganisation haben soll, abgewiesen.[14] [15] Am 22. Oktober 2007 kündigte Microsoft an, sie würden einwilligen und keine Berufung mehr gegen das Urteil einlegen und reichte während den ihnen zustehenden zwei Monaten (bis zum 17. November 2007) keine Klage ein.[16] [17]

Microsoft verkündete, dass sie von Handelsverkäufern interoperationaler Software 0,4% anstatt 5,95% der Einnahmen durch Patentlizenzgebühren verlangen werde und versprach zudem, keine Patentabgaben für einzelne quelloffene Entwickler zu fordern. Die Interoperabilitätsinformationen alleine sind mit einer einmaligen Gebühr von 10.000 € (US $15992) erhältlich.[18]

Weil Microsoft den Kartellentscheid vom März 2004 nicht erfüllte, wurde dem Unternehmen am 27. Februar 2008 von der EU eine weitere Buße von 899 Mio. € (US $1,44 Mrd.) verhängt. Dies ist die höchste Strafsumme, die während den 50 Jahren bestehenden EU Wettbewerbspolitik jemals verhängt wurde. Dieser letzter Beschluss folgt einer vorangehenden Busse in der Höhe von 280,5 Mio €., die wegen Nichteinhaltung einer Auflage während der gegeben Zeitspanne vom 21. Juni 2006 bis 21. Oktober 2007 auferlegt wurde.[19] Mit dem Ziel die €899 Mio. Busse aufzuheben, legte Microsoft am 9. Mai 2008 beim Europäischen Gerichtshof Erster Instanz eine Klage ein, mit der offiziellen Begründung, dass Microsoft diese Handlung als eine „konstruktive Bemühung, Klarheit durch das Gericht zu beschaffen“ sieht.[20]

In ihrem Jahresbericht für 2008 schrieb Microsoft:[21]

„Die Europäische Kommission prüft eingehend das Design der für andere Unternehmen erhältlichen High-Volume Microsoftprodukte, sowie die Bedingungen unter denen wir bestimmte Technologien wie beispielsweise Dateiformate, Programmierschnittstellen und Protokolle die für diese Produkte verwendet werden, herstellen. 2004 ordnete uns die Kommission an, neue Versionen von Windows herzustellen, in denen bestimmte Multimedia Technologien nicht mehr vorhanden sind und unseren Konkurrenten genaue Auskünfte darüber zu geben, wie bestimmte geschützte Windows Kommunikationsprotokolle für ihre eigenen Produkten verwendet werden können. Die Einwirkung der Kommission auf das Produktdesign könnte unsere Fähigkeit in Windows oder andere zukünftige Produkte zu innovieren einschränken, die Entwicklungsattraktivität von Windowsprodukten reduzieren und die Kosten für unsere Produktentwicklungen erhöhen. Die Verfügbarkeit von Lizenzen für Protokolle und Dateiformate könnte es unseren Konkurrenten ermöglichen, die Funktion unserer Eigenprodukte besser zu kopieren, was wiederum zu einer Senkung unserer Verkaufszahlen führen könnte.“

Weitere Untersuchungen

Im Mai 2008 gab die EU bekannt, dass sie die Format Unterstützung der Microsofts OpenDocument untersuchen werde.[22]

Im Januar 2009 hat die Europäische Kommission mit der Begründung, dass „Microsoft durch die Zusammenlegung des Internet Explorers mit dem Windows Betriebssystem den Wettbewerb unter den Webbrowsern schädige, die Produktinnovation untergrabe und schlussendlich die Auswahl für den Endverbraucher einschränke“, bekannt gegeben, dass sie die Verbindung des Internet Explorer zum Windows Betriebssystem von Microsoft untersuchen würde.[23] [24] Microsoft stellte daraufhin klar, dass sie den Internet Explorer nicht mit der in Europa erhältlichen Windows-7-E-Version zusammenlegen würde.[25] [26] [27] [28] [29] [30]

Am 16. Dezember 2009 willigte die EU ein einen Browser-Wettbewerb zuzulassen. Microsoft muss mit einem Pop-up-Screen dem Benutzer aber die Möglichkeit lassen, einen von zwölf bekannten Produkten, die auf BrowserChoice.eu erhältlich sind, auszuwählen.[31]

Siehe auch

  • Vereinigte Staaten Microsoft-Kartellverfahren
  • Kritik an Microsoft
  • Microsoft Rechtsstreitigkeiten

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Lamia Abu-Haidar: Microsoft investigated in Europe, CNET News.com. 16. Oktober 1997. Abgerufen am 1. Juli 2006. 
  2. Declan McCullagh: EU looks to wrap up Microsoft probe, CNET News.com. 1. Juli 2002. Abgerufen am 1. Juli 2006. 
  3. Ina Fried: EU closes in on Microsoft penalty, CNET News.com. 6. August 2003. Abgerufen am 1. Juli 2006. 
  4. Entscheidung der Kommission vom 24. März 2004 in einem Verfahren nach Artikel 82 des EG-Vertrags (Sache COMP/C-3/37.792 Microsoft). Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Brüssel, den 21. April 2004.
  5. Microsoft hit by record EU fine, CNN. 24. März 2004. Abgerufen am 19. Mai 2006. 
  6. Michael Parsons, Best, Jo: EU slaps record fine on Microsoft, CNET News.com. 24. März 2004. Abgerufen am 1. Juli 2006. 
  7. Ina Fried: Microsoft commentary slams EU ruling, CNET News.com. 21. April 2004. Abgerufen am 1. Juli 2006. 
  8. Matt Hines: Microsoft pays EU in full, CNET News.com. 2. Juli 2004. Abgerufen am 1. Juli 2006. 
  9. Open Source als Industriepolitik
  10. Ingrid Marson: Still 'no demand' for media-player-free Windows, CNET News.com. 18. November 2005. Abgerufen am 1. Juli 2006. 
  11. Neil Macehiter: Microsoft ups the ante with the E.C., ITworld.com. 25. Januar 2006. Abgerufen am 1. Juli 2006. 
  12. Dawn Kawamoto: 'No alternative' to Microsoft fine, CNET News.com. 12. Juli 2006. Abgerufen am 27. Mai 2009. 
  13. David Lawsky, Zawadzki, Sabina: EU fines Microsoft $357.3 million for defiance, Reuters. 12. Juli 2006. 
  14. Microsoft verliert kartellrechtlichen Beschwerde. BBC News, 17 September 2007
  15. Urteil des Gerichts erster Instanz (Große Kammer), Rechtssache T-201/04. 17. September 2007, Luxemburg.
  16. Microsoft Bogen schließlich zu EU-Kartellverfahren Maßnahmen. Reuters. 22. Oktober 2007.
  17. Appeal Frist ist vorbei
  18. EU zwingt Microsoft zu Käfig Open-Source-Patent Hunde. ITnews, 24. Oktober 2007.
  19. Geldbußen EU 899 Millionen Microsoft
  20. Update: Microsoft Rechtsmittel $ 1.3B EU-Strafe
  21. news.cnet.com
  22. EU sagt zu Microsofts Open-Source-Studie Schritt
  23. Microsoft wird durch die EU erneut angeklagt
  24. ursprünglichen EG-Erklärung
  25. Working to Fulfill our Legal Obligations in Europe for Windows 7. Microsoft Corporation (11. Juni 2009). Abgerufen am 15. Juli 2009.
  26. Windows 7 Pre-Order Offer. Microsoft Corporation. Abgerufen am 15. Juli 2009.
  27. No IE onboard Windows 7 in Europe. BBC (12. Juni 2009). Abgerufen am 15. Juli 2009.
  28. Windows 7 to be shipped in Europe without Internet Explorer. Ars Technica. Abgerufen am 15. Juli 2009.
  29. Bobbie John (12. Juni 2009): European version of Windows 7 will not include browser. guardian.co.uk. Abgerufen am 15. Juli 2009.
  30. Kelly Fiveash (14. Juli 2009): Windows 7 still baking in oven, insists Microsoft. The Register. Abgerufen am 15. Juli 2009.
  31. Microsoft-Browser Entscheidungen und die Europäer bei BBC, 1. März 2010

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