- Einfache Warenproduktion
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Die einfache Warenproduktion ist eine angebliche historische Epoche und Phase, die dem Kapitalismus vorausgeht, mit der gemäß der nachträglichen Interpretation seiner Freundes Friedrich Engels der Ökonom Karl Marx die Darstellung des kapitalistischen Wirtschaftssystems am Anfang des 1867 erschienenen ersten Bandes seines Werkes Das Kapital begonnen haben soll.
Mit diesem Ausdruck bezeichnet Engels 1894 im Vorwort des dritten Bandes von Kapital eine Form der Produktion von Waren, welche in logischem und historischem Sinne der kapitalistischen Warenproduktion vorausgeht:
„Es versteht sich ja von selbst, daß da, wo die Dinge und ihre gegenseitigen Beziehungen nicht als fixe, sondern als veränderliche aufgefaßt werden, auch ihre Gedankenabbilder, die Begriffe, ebenfalls der Veränderung und Umbildung unterworfen sind; daß man sie nicht in starre Definitionen einkapselt, sondern in ihrem historischen resp. logischen Bildungsprozeß entwickelt. Danach wird es wohl klar sein, warum Marx am Anfang des ersten Buchs, wo er von der einfachen Warenproduktion als seiner historischen Voraussetzung ausgeht, um dann weiterhin von dieser Basis aus zum Kapital zu kommen - warum er da eben von der einfachen Ware ausgeht und nicht von einer begrifflich und geschichtlich sekundären Form, von der schon kapitalistisch modifizierten Ware[1]“
Schon mehrfach zuvor, seit seiner Rezension 1859 zu Marx' Schrift Zur Kritik der politischen Ökonomie hatte Engels seine Auffassung von Marx' Darstellungsmethode als einer logisch-historischen dargestellt.
Nach Engels Vorstellung haben in den historischen vorkapitalistischen Agrargesellschaften die Warenbesitzer ihre Waren bewusst nach der Menge der in die Produktion der einzelnen Ware investierten Arbeitszeit ausgetauscht. Insofern vertritt Engels eine prämonetäre Werttheorie.
Diese Auffassung wurde vom orthodoxen Marxismus und Marxismus-Leninismus, aber auch dem Trotzkisten Ernest Mandel und westlichen Marxisten wie Wolfgang Fritz Haug übernommen, wird aber von Autoren der neuen Marx-Lektüre wie Michael Heinrich als eine Fehlinterpretation von Marx' Ansatz angesehen.
Einzelnachweise
- ↑ MEW, Bd. 25, S. 20
Literatur
- Rolf Hecker: Einfache Warenproduktion, (verfasst für, aber inhaltlich verändert erschienen in Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus, Band 3, 1997)
- Nadja Rakowitz: Einfache Warenproduktion. Ideal und Ideologie, ça ira-Verlag, Freiburg i. Br. 2003, ISBN: 3-924627-65-7
- Genese einer Vorstellung (Leseprobe, html)
- Christopher J. Arthur: The Myth of ‘Simple Commodity Production’ (englisch), 2005
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