Endoprothesenregister

Endoprothesenregister

Ein Endoprothesenregister oder Implantatregister erfasst alle Erstimplantationen und Revisionen von künstlichen Gelenken wie zum Beispiel von Hüft- und Knieendoprothesen. Erste solche Register wurden nach Problemen mit Hüftgelenken 1979 in Schweden und Finnland angelegt[1].

Inhaltsverzeichnis

Zweck und Funktionsweise

Sobald eine Prothese ausgebaut werden muss, werden diese Daten mit dem Einbau, der Jahre zurückliegen kann, zusammengeführt. Ein Endoprothesenregister ermöglicht eine Qualitätssicherung im Bereich der Endoprothetik. Revisionen (Rezidivioperationen) einer Prothese werden durch ein Register über die Jahre reduziert.

Endoprothesenregister erfassen die Marke und das Modell des Implantats und des Knochenzements. Somit dient das Register als Frühwarnsystem bei Produkten, die im Körper des Patienten nicht funktionieren. Langzeitergebnisse erlauben somit eine Beurteilung über die Qualität der verwendeten Produkte. Mit dem schon 1979 eingeführten Hüftgelenksimplantatregister (Swedish National Hip Arthroplasty Register) etwa konnten Folgeeingriffe um ca. 70 Prozent reduziert werden.[2]

Durch die Erfassung jeder einzelnen Operation können auch Aussagen über die Qualität der Krankenhäuser getroffen werden. In Schweden existiert ein aktiver Dialog zwischen Register und Krankenhaus. Krankenhäuser mit schlechten Ergebnissen werden kontaktiert und es wird analysiert, welchen Umständen die Ergebnisse geschuldet sind.

Besondere Brisanz hat das Thema nach einer Rückholaktion schadhafter Hüftgelenke der Firma DePuy, einer Johnson & Johnson-Tochter, 2011 bekommen, wo zehntausende Patienten weltweit von einem möglichen Austausch betroffen waren, darunter 5500 in Deutschland.[3] Daher sind neben der Medizin inzwischen auch die Implantathersteller an diesem Qualitätssicherungswerkzeug interessiert.

Nationales

Die meisten europäischen Länder, Australien und Kanada führen ein Register. In den USA wird die Einrichtung eines Registers seit Jahren diskutiert.

Deutschland

In Deutschland wurde die Einrichtung eines Endoprothesenregisters seit Jahren diskutiert,[4][5][6] und ist zum 1. Januar 2011 geplant.

Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) führt seit Oktober 2011 das Deutsche Endoprothesenregister (EPRD) in einer Erprobungsphase. Laut ihrer Auskunft handelt es sich um die europaweite größte Datenbank zu künstlichen Hüft- und Kniegelenken (von den jährlich ca. 400.000 eingesetzten Knie- und Hüftprothesen deutschlandweit sind etwa 35.000 Austauschprothesen)[7]. Ab April 2012 soll dann der Regelbetrieb dieses zentralen Melderegisters für Deutschland laufen. Die EPRD kooperiert bisher mit der AOK und dem Verband der Ersatzkassen, eine Einbindung der Daten von Privatpatienten ist bisher noch nicht geklärt. [1]

Österreich

Basisdaten
Titel: Einrichtung eines Implantatregisters für den Bereich der Hüftendoprothetik
Langtitel: Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend die Einrichtung eines Implantatregisters für den Bereich der Hüftendoprothetik
Typ: Verordnung
Geltungsbereich: Republik Österreich
Rechtsmaterie: Verwaltungsrecht
Fundstelle: BGBl. II Nr. 70/2007
Gesetzestext: i.d.g.F (RIS)
Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung!

In Österreich ist ein zentrales Implantatregister der gesamten Endoprothetik nicht vorgesehen, wohl sind aber zahlreiche dezentrale Fachdatenbanken seit den 1990ern in Aufbau und Anwendung.

Es war schon im Medizinproduktegesetz (MPG) von 1997 im § 73Vorlage:§/Wartung/RIS-Suche geregelt, dass die Gesundheit Österreich (ÖBIG) ein Implantatregister führen darf (und insbesondere aus Datenschutzgründen wie), und seit 2007 ist im § 10Vorlage:§/Wartung/RIS-Suche Implantatregister der Medizinproduktebetreiberverordnung[8] festgesetzt, dass alle österreichischen Krankenanstalten[9] eines zu führen haben.

Die Fachgesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie und das ÖBIG hatten schon früher ein Österreichisches Register für Hüftendoprothetik gestartet, und seit Februar 2008 nahmen auf Initiative der Fachgesellschaft für Unfallchirurgie auch einzelne unfallchirurgische Abteilungen daran teil[10], und auch, weil der Gesundheitsminister nach § 74Vorlage:§/Wartung/RIS-Suche angehalten ist „unter Bedachtnahme auf schwerwiegende Interessen der öffentlichen Gesundheit und im Hinblick auf die Gewinnung verbesserter Erkenntnisse über die Nutzen-/Risikobewertung bestimmter Arten oder Gruppen von Medizinprodukten“ Fachregister vorzuschreiben, wurde es Juli d.J. auch gesetzlich verankert.[11]

Datenbanken kleineren Umfangs gibt es auch zu anderen Fachbereichen. Solche auf Freiwilligkeit basierende Projekte sind durchaus bewährt, die – in Österreich ohnehin seltenen – Material- und Konstruktionsmängel aufzufinden und allenfalls zum einzelnen Patienten zurückzuverfolgen.[12] Von der DePuy-Affaire Frühjahr 2011 war Österreich nur in Bereich um 50 mögliche Fälle betroffen[13][14]

Finnland und Schweden

Nachdem es zu Problemen mit der sogenannten Christiansen-Hüftprothese kam, gründeten Schweden und Finnland 1979 die weltweit ersten Endoprothesenregister[1]. In Schweden werden die Daten landesweit im The Swedish National Hip Arthroplasty Register ( Svenska Höftprotesregistret)[15] erfasst, das von der Joint Replacement Unit (JRU) am Department of Orthopaedics der Medizinfakultät der Göteborg University geführt wird.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c Harro Albrecht: „Gefährliche Ersatzteile.“ In: Die Zeit, 27. Oktober 2011, Nr. 44, S. 51 (online-Version)
  2. Årsrapport/Annual Report. Jahresberichte der Svenska Höftprotesregistret. (jru.orthop.gu.se → Documents)
  3. Udo Ludwig, Ansgar Mertin, Barbara Schmid: Giftige Geschäfte. In: Der Spiegel 16/2011, 18. April 2011.
  4. DIMDI DAHTA Health Technology Assessment: Gelenkendoprothesenregister für Deutschland (pdf)
  5. Endoprothesenregister und deren Beitrag zur Sicherheit der Patientenversorgung mit Gelenkimplantaten. In: Bundesgesundheitsblatt 52 (6), 2009, 589-593.(Abstract, springerlink.com)
  6. Raphael Held, Sebastian Gaiser: White Paper: Gelenkendoprothesenregister für Deutschland – Potenzielle Einsparungen im Gesundheitswesen.
  7. Marc Meißner: Gelenkersatz: Register für Endoprothesen gestartet. In: Deutsches Ärzteblatt 2011; 108(15): A-813 / B-665 / C-665
  8. Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend über das Errichten, Betreiben, Anwenden und Instandhalten von Medizinprodukten in Einrichtungen des Gesundheitswesens (Medizinproduktebetreiberverordnung - MPBV)Vorlage:§§/Wartung/RIS-Suche StF: BGBl. II Nr. 70/2007 (i.d.g.F. ris.bka)
  9. Medizinproduktebetreiber in Sinne der Verordnung
  10. Hüftendoprothesen-Register, gesundheit Austria
  11. Hüftendoprothesenregister (1562/A(E) XXIV. GP, Parlamentarische Materialien
  12. Aussagen Univ.-Prof. Reinhard Windhager, Leiter der UniKlinik für Orthopädie in Wien; Gerald Bachinger, Leiter der NÖ Patientenanwaltschaft. Zitiert in Sorgloser Hüftschwung mit Implantaten. In: kurier.at. 19.4, abgerufen am 30. Juli 2011.
  13. Rückholaktion für Hüftprothesen - Schadenersatzklagen gegen Hersteller?, oe1.orf.at
  14. Parlamentarische Anfrage betreffend schadhafte Hüftprothesen-Implantate 8683/J XXIV. GP
  15. Joint Replacement Unit, jru.orthop.gu.se

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