Carl Linde

Carl Linde

Carl Paul Gottfried von Linde (* 11. Juni 1842 in Berndorf (Oberfranken), heute zu Thurnau; † 16. November 1934 in München) war ein deutscher Ingenieur, Erfinder und Gründer eines heute internationalen Konzerns, der Linde AG.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Nach Ablegung der Abiturprüfung am Humanistischen Gymnasium (heute: Carl-von-Linde-Gymnasium) in Kempten (Allgäu) begann Carl von Linde 1861 ein Studium am Polytechnikum Zürich, wo Rudolf Clausius, Gustav Zeuner und Franz Reuleaux seine Lehrer waren. 1864 beendete er sein Studium. Reuleaux vermittelte ihm eine Lehrstelle in der Baumwollfabrik Kottern in Kempten, die er im selben Jahr antrat. Es war aber nur kurze Zeit, bevor er nach München zog, um als Konstrukteur bei der Lokomotivenfabrik Krauss zu arbeiten.

1866 heiratete er Helene Grimm: Aus der 53 Jahre währenden Ehe folgten sechs Kinder. 1868 folgte er einem Ruf der Polytechnischen Schule München, wo er zunächst - mit erst 26 Jahren - außerordentlicher Professor, 1872 dann ordentlicher Professor für Maschinenbau wurde. Am Polytechnikum richtete Linde ein Maschinenlabor ein, an dem unter anderem Rudolf Diesel ausgebildet wurde.

1871 veröffentlichte Linde einen Aufsatz über verbesserte Kältetechnikverfahren. Viele Brauereien interessierten sich dafür und bald versorgte Linde sie mit den neuen Maschinen, an denen er ständig arbeitete.

Linde schuf wesentliche Grundlagen der modernen Kältetechnik. 1871 konzipierte er eine mit Methylether arbeitende Kältemaschine, die er in der Maschinenfabrik Augsburg (heute MAN AG) herstellen ließ. Die zweite, 1876 folgende Generation von Kühlmaschinen arbeitete mit Ammoniak. Das Prinzip der Abkühlung von Gas, das vorher mechanische Arbeit geleistet hatte, war beiden gemeinsam.

Ein Preisausschreiben für eine Kühlanlage zum Auskristallisieren von Paraffin war 1873 für den Hochschullehrer der Anreiz zum Bau einer Kühlmaschine, die beim Bierbrauen die Gärung bei konstanter Temperatur zuließ. Brauereien in ganz Europa (so Dreher in Triest, die Mainzer Actien-Bierbrauerei, Spaten in München, Heineken in den Niederlanden, Carlsberg in Dänemark) interessierten sich prompt für die neue Kältetechnik.

Am 21. Juni 1879 gab der Erfinder sein Lehramt auf und rief mit zwei Brauern und drei anderen Gründern die "Gesellschaft für Linde's Eismaschinen AG" ins Leben (heute Linde AG). Nach relativ kurzer Zeit war das Unternehmen in Europa führend auf kältetechnischem Gebiet, auch begünstigt durch einen milden Winter 1883/1884. Es kam deshalb zu einer Knappheit bei Natureis, das zum Kühlen des Gerstensaftes in Bierkellern eingesetzt wurde. Bisherige Vorbehalte der Brauer gegen das Kunsteis schmolzen dahin, Kühlmaschinen waren plötzlich gefragt und Linde lieferte umgehend.

Kühlhäuser für Lebensmittel und mehrere Eiswerke ließ Linde nach und nach sogar selbst bauen. Doch auch auf Eislaufbahnen, in Molkereien und bei der Verflüssigung von Chlor und Kohlensäure war sein Verfahren gefragt. Die Firma florierte, 1890 zog sich Linde aus dem operativen Geschäft in den Aufsichtsrat seiner Aktiengesellschaft zurück. In den Jahren 1892 bis 1910 nahm er seine Professur wieder auf.

Auf der Grundlage der Arbeiten von James Prescott Joule, Sir William Thomson (Lord Kelvin of Largs) und der Einführung des Gegenstromverfahrens konnte Linde 1895 erstmals größere Mengen Luft verflüssigen (Linde-Verfahren). Damit schuf er die Möglichkeiten für physikalische Tieftemperaturuntersuchungen und zur Trennung der Luftbestandteile durch fraktionierte Destillation. 1901 folgte die Errichtung einer Anlage zur Gewinnung von Sauerstoff und (ab 1903) Stickstoff.

Linde war Mitglied von wissenschaftlichen und Ingenieurvereinigungen, unter anderem gehörte er dem Kuratorium der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an. 1903 war er an der Gründung des Deutschen Museums beteiligt. Er wurde vom bayerischen König Ludwig II 1897 in den nicht erblichen Adelsstand erhoben. Linde war 1916 der erste Preisträger des Siemens-Rings.

Ab 1910 zog sich Linde als Direktor seiner inzwischen ungeheuer erfolgreichen Aktiengesellschaft zurück und reichte sie an seine Söhne Friedrich und Richard weiter. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 versetzte der Linde AG einen starken Schlag; das Unternehmen erholte sich aber und die Gewinne fingen schon wieder an zu steigen, bevor Linde 1934 im Alter von 92 Jahren starb. Carl von Linde wurde im alten Teil des Waldfriedhofs in München im Grab Nr. 139-W-9b bestattet.

Linde-Verfahren

Verflüssigung von Luft

Siehe: Hauptartikel zum Linde-Verfahren.

Das Linde-Verfahren ist eine von Carl von Linde entwickelte technische Methode zur Verflüssigung von Luft. Angesaugte Luft wird komprimiert, die dabei entstehende Wärme wird durch eine Wasserkühlung abgeführt. Daraufhin wird die Luft wieder entspannt, wobei sie sich aufgrund des Joule-Thomson-Effektes abkühlt. Bei einem Druckgefälle von 200 zu 20 bar erfolgt eine Abkühlung von etwa 45 Kelvin. Diese abgekühlte Luft kühlt in einem Gegenstrom-Wärmeaustauscher nachkommende verdichtete Luft vor, welche die nächste nachkommende Luft vorkühlt. Die kontinuierliche Wiederholung führt zur fortschreitenden Temperaturerniedrigung, die schließlich beim Unterschreiten ihres Siedepunkts die Verflüssigung von Luft zur Folge hat. Mit dem gleichen Verfahren werden auch Wasserstoff sowie Helium verflüssigt, wobei diese Gase mit flüssiger Luft vorgekühlt werden müssen.

Siehe auch

Literatur

  • Mayer, Kurt; Michaelis, Karl: Linde, Carl Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, S. 577–581.
  • Carl Linde. Aus meinem Leben und von meiner Arbeit. Oldenbourg Verlag München (1979), ISBN 3-486-23411-0. Unveränderter Nachdruck der 1916 erschienenen Aufzeichnungen mit 36 Bildtafeln und einem Anhang

Weblinks


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