- Carl von Linde
-
Carl Paul Gottfried Linde, seit 1897 Ritter von Linde (* 11. Juni 1842 in Berndorf; † 16. November 1934 in München) war ein deutscher Ingenieur, Erfinder und Gründer eines heute internationalen Konzerns, der Linde AG.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Linde wurde als drittes von neun Kindern im evangelisch-lutherischen Pfarrhaus Berndorf geboren. Aus beruflichen Gründen – sein Vater übernahm eine Pfarrei – zog die Familie nach Kempten (Allgäu), wo bei Carl nach häufigen Besuchen in der Aktienbaumwollspinnerei der Wunsch reifte, Ingenieurwissenschaften zu studieren. Nach Ablegung der Abiturprüfung am Humanistischen Gymnasium (heute: Carl-von-Linde-Gymnasium) in Kempten begann Carl Linde 1861 ein Studium am Polytechnikum Zürich, wo Rudolf Clausius, Gustav Zeuner und Franz Reuleaux seine Lehrer waren. 1864 beendete er sein Studium ohne Abschluss, da er nach einem Studentenprotest zwangsexmatrikuliert wurde. Reuleaux vermittelte ihm eine Lehrstelle in der Baumwollfabrik Kottern in Kempten, die er im selben Jahr antrat. Es war aber nur kurze Zeit, bevor er nach München zog, um als Leiter des Konstruktionsbüros bei der Lokomotivenfabrik Krauss zu arbeiten.
1866 heiratete er Helene Grimm: Aus der 53 Jahre währenden Ehe folgten sechs Kinder. 1868 folgte er einem Ruf der Polytechnischen Schule München, wo er zunächst – mit erst 26 Jahren – außerordentlicher Professor, 1872 dann ordentlicher Professor für Maschinenbau wurde. Am Polytechnikum richtete Linde das erste Maschinenlabor Deutschlands ein, in dem unter anderem Rudolf Diesel ausgebildet wurde.
1871 veröffentlichte Linde einen Aufsatz über verbesserte Kältetechnikverfahren. Viele Brauereien interessierten sich dafür und bald versorgte Linde sie mit den neuen Maschinen, an denen er ständig arbeitete.
Linde schuf wesentliche Grundlagen der modernen Kältetechnik. 1871 konzipierte er eine mit Methyläther (Dimethylether) arbeitende Kältemaschine, die er in der Maschinenfabrik Augsburg (heute MAN SE) herstellen ließ. Die zweite, 1876 folgende Generation von Kühlmaschinen arbeitete mit Ammoniak. Das Prinzip der Abkühlung von Gas, das vorher mechanische Arbeit geleistet hatte, war beiden gemeinsam.
Ein Preisausschreiben für eine Kühlanlage zum Auskristallisieren von Paraffin war 1873 für den Hochschullehrer der Anreiz zum Bau einer Kühlmaschine, die beim Bierbrauen die Gärung bei konstanter Temperatur zuließ. Brauereien in ganz Europa, so als erste 1877 Dreher in Triest, ferner die Mainzer Actien-Bierbrauerei, Spaten in München, Heineken in den Niederlanden, Carlsberg in Dänemark) interessierten sich prompt für die neue Kältetechnik.
Am 21. Juni 1879 gab der Erfinder sein Lehramt auf und rief mit zwei Brauern und drei anderen Gründern die Gesellschaft für Lindes Eismaschinen AG ins Leben (heute Linde AG). Im Gegensatz zu den anderen Gesellschaftern brachte er in das Unternehmen kein Kapital, aber seine Patente ein. Nach relativ kurzer Zeit war das Unternehmen in Europa führend auf kältetechnischem Gebiet, auch begünstigt durch einen milden Winter 1883/1884. Es kam deshalb zu einer Knappheit bei Natureis, das bei der temperaturregulierten Gärung mit untergäriger Hefe benötigt wurde. Bisherige Vorbehalte der Brauer gegen das Kunsteis schmolzen dahin, Kühlmaschinen waren plötzlich gefragt und Linde lieferte umgehend.
Kühlhäuser für Lebensmittel und mehrere Eiswerke ließ Linde nach und nach sogar selbst bauen. Doch auch auf Eislaufbahnen, in Molkereien und bei der Verflüssigung von Chlor und Kohlensäure war sein Verfahren gefragt. Die Firma florierte, 1890 zog sich Linde aus dem operativen Geschäft in den Aufsichtsrat seiner Aktiengesellschaft zurück. In den Jahren 1892 bis 1910 nahm er seine Professur wieder auf.
Auf der Grundlage der Arbeiten von James Prescott Joule, Sir William Thomson (Lord Kelvin of Largs) und der Einführung des Gegenstromverfahrens konnte Linde 1895 erstmals größere Mengen Luft verflüssigen (Linde-Verfahren). Damit schuf er die Möglichkeiten für physikalische Tieftemperaturuntersuchungen und zur Trennung der Luftbestandteile durch fraktionierte Destillation. 1901 folgte die Errichtung einer Anlage zur Gewinnung von Sauerstoff und (ab 1903) Stickstoff.
Im Süden Münchens, in Höllriegelskreuth, ließ Linde 1903 eine Fertigungsstätte bauen, die noch heute der größte Standort des Linde-Konzerns ist.
Linde war Mitglied von wissenschaftlichen und Ingenieurvereinigungen, unter anderem gehörte er dem Kuratorium der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an. 1903 war er an der Gründung des Deutschen Museums beteiligt. Er wurde von Prinzregent Luitpold 1897 mit dem Verdienstorden der Bayerischen Krone ausgezeichnet und aufgrund der Ordensstatuten in den persönlichen Adelsstand erhoben. Linde war 1916 der erste Preisträger des Siemens-Rings.
Ab 1910 zog sich Linde als Direktor seiner inzwischen ungeheuer erfolgreichen Aktiengesellschaft zurück und reichte sie an seine Söhne Friedrich und Richard weiter. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 versetzte der Linde AG einen starken Schlag; das Unternehmen erholte sich aber und die Gewinne fingen schon wieder an zu steigen, bevor Linde 1934 im Alter von 92 Jahren starb. Carl von Linde wurde im alten Teil des Waldfriedhofs in München im Grab Nr. 139-W-9b bestattet.
Linde-Verfahren
Das Linde-Verfahren ist eine von Carl von Linde entwickelte technische Methode zur Verflüssigung von Luft. Angesaugte Luft wird komprimiert, die dabei entstehende Wärme wird durch eine Wasserkühlung abgeführt. Daraufhin wird die Luft wieder entspannt, wobei sie sich aufgrund des Joule-Thomson-Effektes abkühlt. Bei einem Druckgefälle von 200 zu 20 bar erfolgt eine Abkühlung von etwa 45 Kelvin. Diese abgekühlte Luft kühlt in einem Gegenstrom-Wärmeaustauscher nachkommende verdichtete Luft vor, welche die nächste nachkommende Luft vorkühlt. Die kontinuierliche Wiederholung führt zur fortschreitenden Temperaturerniedrigung, die schließlich beim Unterschreiten ihres Siedepunkts die Verflüssigung von Luft zur Folge hat. Mit dem gleichen Verfahren werden auch Wasserstoff sowie Helium verflüssigt, wobei diese Gase mit flüssiger Luft vorgekühlt werden müssen.
Siehe auch
Schriften
- Aus meinem Leben und von meiner Arbeit. Oldenbourg Verlag, München 1979, ISBN 3-486-23411-0. Unveränderter Nachdruck der 1916 erschienenen Aufzeichnungen mit 36 Bildtafeln und einem Anhang
Filme
- Der Eiskönig Carl von Linde, Dokumentation
Literatur
- Kurt Mayer; Karl Michaelis: Linde, Carl Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, S. 577–581.
Weblinks
- Literatur von und über Carl von Linde im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Luftverflüssigungsanlage von Dr. Carl von Linde beim Deutschen Museum
- Wolfgang Gillmann: Pionier, Gelehrter, Unternehmer. In: Handelsblatt online vom 20. Januar 2010
- Eintrag über Carl Paul Gottfried von Linde in der Datenbank der Wilhelm-Exner-Medaillen-Stiftung.
Kategorien:- Ingenieur, Erfinder, Konstrukteur
- Physiker (20. Jahrhundert)
- Kältetechniker
- Hochschullehrer (TU München)
- Industrieller
- Unternehmer (19. Jahrhundert)
- Unternehmer (20. Jahrhundert)
- Träger des Verdienstordens der Bayerischen Krone (Ausprägung unbekannt)
- Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
- Träger des Werner-von-Siemens-Rings
- Träger der Wilhelm-Exner-Medaille
- Ehrendoktor der TU Dresden
- Linde AG
- Unternehmer (Berchtesgadener Land)
- Ehrenbürger von Berchtesgaden
- Person (Kempten (Allgäu))
- Deutscher
- Geboren 1842
- Gestorben 1934
- Mann
Wikimedia Foundation.